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Störfälle

AKW Isar-1 – Kühlwasserpegel sank – Reaktorschnellabschaltung

IPPNW-Presseinformation vom 23. März 2011

Reaktorschnellabschaltung im Atomkraftwerk Isar-1
Kühlwasserpegel in Reaktordruckbehälter sank

Dass die deutsche Atomindustrie ihre Anlagen noch nicht einmal beim Abschalten im Griff hat, demonstrierte E.On beim Herunterfahren des bayerischen Atomkraftwerks Isar-1. Am vergangenen Donnerstag (17. März) kam es offenbar gegen 16 Uhr beim Abschalten des Atommeilers zu einem Absinken des Kühlwasserpegels im Reaktordruckbehälter. Das löste ein Reaktorschutzsignal aus, infolge dessen kam es zu einer Reaktorschnellabschaltung.
„Obwohl das Vorkommnis schon mehrere Tage zurückliegt, beschränkt sich E.On auf eine dürre Pressemitteilung. Die Ursache für den Füllstandsabfall im Kern wird bislang verschwiegen“, kritisiert Henrik Paulitz von der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW. „Dabei hat die Öffentlichkeit einen Anspruch darauf, umgehend zu erfahren, warum Atomkraftwerksbetreiber in Deutschland noch nicht einmal dazu in der Lage sind, ein Atomkraftwerk stillzulegen, ohne den Reaktorschutz auszulösen und ein Sicherheitssystem in Anspruch zu nehmen.“
Unabhängig davon, dass die Anlage auslegungsgemäß reagiert haben soll, ist dieses Vorkommnis für die IPPNW ein weiterer Beleg dafür, dass man diese Risikotechnologie nicht vollständig in den Griff bekommt. Isar-1 muss allein deswegen dauerhaft stillgelegt werden, weil sich das Brennelement-Lagerbecken außerhalb des Sicherheitsbehälters befindet.

Hintergrund:

Isar-1 gehört neben den Anlagen Philippsburg-1, Brunsbüttel und Krümmel zu den Siedewasserreaktoren der Baulinie 69. Die Kernnotkühlung im Hochdruckbereich besteht bei diesen Anlagen aus nur zwei einsträngigen Systemen. Bei Kühlmittelverluststörfällen (Leck-Störfällen) kann aufgrund der unterschiedlichen Förderleistung beider Systeme offenbar nur das eine der beiden Systeme den Reaktorkern ausreichend kühlen.
Der Reaktordruckbehälter dieser Atommeiler ist eine gefährliche Fehlkonstruktion. In Österreich wurde bei einem baugleichen Atomkraftwerk moniert, dass noch nicht einmal den Vorschriften der „Dampfkesselverordnung“ entsprochen wurde.(Anm.: Gemeint ist vermutlich das AKW Zwentendirf, das nach einer Volksabstimmung allerdings nie ans Netz gegangen ist.)

Ein „Schwachstellenbericht“ vom Oktober 2010 im Auftrag dreier österreichischer Landesregierungen vom Oktober 2010 bestätigt, dass an der kritischen Bodenschweißnaht des Reaktordruckbehälters Spannungen auftreten können, die mit 326 Newton/mm2 den genehmigten und zulässigen Wert von 177 N/mm2 weit überschreiten. Schon im Normalbetrieb können gefährliche Ermüdungsrisse entstehen, ohne dass dies durch Prüfungen vorhersehbar wäre.
Käme es in Isar-1, Philippsburg-1, Brunsbüttel oder Krümmel auf diese Weise zu einem Leck direkt am Reaktordruckbehälter, dann stünde die Kühlfähigkeit des Reaktorkerns grundsätzlich in Frage.
Eine Studie der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) von 2006 kam zum Ergebnis, dass die Kernschmelzfestigkeit von Isar-1, Philippsburg-1 und Brunsbüttel katastrophal schlecht ist. In mehr als 50 Prozent der Kernschmelz-Fälle ist mit einer sehr großen und frühzeitigen Freisetzung von Radioaktivität zu rechnen, weil es bei einem Versagen des Reaktordruckbehälters auch zum Versagen des Stahl-Containments im Bereich der Steuerstabantriebe kommt. Die Folgen eines schweren Atomunfalls in Deutschland wären wegen der größeren Bevölkerungsdichte weitaus schlimmer als nach Tschernobyl.
Kontakt: Henrik Paulitz (Atomexperte), Tel. 0032-485-866 129

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Hintergründe

Geheimer Prüfkatalog – Alle AKW vor dem Aus?

Kontraste-Geheimpapier:

Do 17.03.11 22:00

Geheimer Prüfkatalog – Alle AKW vor dem Aus?

Interne Unterlagen der Bundesregierung, die KONTRASTE exklusiv vorliegen, belegen: Allen deutschen Kernkraftwerken droht das AUS. Experten fordern neue Sicherheitsstandards, deren Umsetzung die Energiewirtschaft Milliarden kosten würde. Das Dokument kann unter https://tinyurl.com/6g55orp heruntergeladen werden.

Dokument der Bundesregierung

Arbeitsgruppe RS I 3 Bonn, 16. März 2011

Geheimer Prüfkatalog – Alle AKW vor dem Aus?

Erabeitet haben dieses Papier Fachleute aus den Atomaufsichtsbehörden der Ländern und des BMUs, durchaus größtenteils Kernkraft-Befürworter. Als weiteres Vorgehen wird empfohlen: Die Sicherheitsnormen massiv nach oben zu setzen. Das bedeutet einen Kurswechsel des BMUs: Bisher wurden die entsprechenden Forderungen gerade NICHT gestellt.

Erkannte Sicherheitsdefizite der deutschen Reaktoren:

̶     Erdbebenauslegung: Neckarwestheim 2 – liegt in Erdbebengebiet, steht auf zerklüfteten Kalkgestein, heute dürfte hier nicht einmal ein Industriegebiet gebaut werden.

̶     Hochwassergefahr: Unterweser, Brokdorf – z.B. Tsunamigefahr zur Hangrutschungen an Nordsee-Steilküsten.

̶     Terrorattacken: Philippsburg 1 – Wartungszentralen etc. sind nicht verbunkert.

Weitere Probleme: zusätzlich geforderte Rohrsysteme, besser geschützte Abklingbecken, … Zitat: „die geforderten Maßnahmen sind für alle Anlagen kurzfristig und als Voraussetzung für die Nutzung der zusätzlichen Strommengen aus der Laufzeitverlängerung umzusetzen.“ Bei konsequenter Abarbeitung des Katalogs würden laut Kontraste vermutlich kein AKW übrig bleiben!

Das AUS für Brunsbüttel, Krümmel, Isar 1 und Neckarwestheim 1 wurde bereits beschlossen.

| rbb Rundfunk Berlin…

https://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste_17_03_2011/geheimer_pruefkatalog.listall.on.printView.on.html