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Forschungsreaktor in Mainz

Forschunsgreaktor TRIGA in Mainz
Forschunsgreaktor TRIGA in Mainz
==== endgültige Version ==== (Ergänzungen/Änderungen fett kursiv)

Dipl. Ing. (chem., FH) Karl-W. Koch

Bewertung des Betriebs-Risikos des Mainzer Forschungsreaktor TRIGA Mark II

Durch die Ereignisse in Fukushima und eine negative Sicherheitsbewertung des Berliner Forschungsreaktors in Wannsee[1] wurde der Blick auf die insgesamt drei Forschungsreaktoren in Deutschland gelenkt. Einer davon steht in Mainz: TRIGA Mark II auf dem Universitätsgelände und dient der Forschung, Weiterbildung und Lehre. Allerdings ist dieser Reaktor ca. 100 x kleiner als der  Reaktor in Berlin-Wannsee. Ziel ist die Neutronenproduktion für die Forschung. Der Reaktor hat einen “Lebenszeitkern”, d.h. niemand musste bisher oder muss künftig in den Reaktor, um Brennstäbe auszutauschen. Auch wird kein “Brennwechsel” im klassischen Sinn (bei dem es ggf. zu einer schlagartigen Freisetzung von radioaktiven Stoffen geben kann) durchgeführt.

Die Veröffentlichungen veranlassten den Autoren zur Zusammenstellungen eines Fragenkatalogs, welcher am 8. Mai 2012 vom zuständigen Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung beantwortet wurde. Im Auftrag der Landesregierung und im Rahmen der Überprüfung aller Kerntechnischen Anlagen in der Folge der Fukushima-Katastrophe wurde der Reaktor überprüft. Die Ergebnisse und Schlussfolgerungen stellt das Ministerium hier dar.

Der gesamten Bericht der Reaktorsicherheitskommission ist im Internet unter https://www.rskonline.de/downloads/epanlage1rsk447hp.pdf oder hier zu finden. Am 24.8.2012 fand auf Initiative des Autoren (und zeitgleich angefragt durch das Aktionsbündnis: „MONTAGSSPAZIERGANG MAINZ“) eine ausführliche Besichtigung mit Fragemöglichkeiten an die Abteilungsleiterin, den Präsidenten der Universität in Main und dem zuständigen Vertreter des Ministeriums statt (hier die Reaktion der Uni zum Besichtigungstermin).

Aus den Antworten des Ministeriums und den Ergebnissen der Fragerunde vor Ort ergibt sich für mich derzeit folgendes Bild:

  1. Die (geringe) Größe des TRIGA lässt das Ausschließen einer Katastrophe wie in Fukushima oder Tschernobyl begründet zu. Selbst bei einem GAU (im Sinne von größter anzunehmender – nicht mehr beherrschbarer – Unfall kann es weder zu einer radioaktiven Kettenreaktion noch zur Freisetzung Tschernobyl oder Fukushima vergleichbaren Radioaktivitätsmengen kommen. Der Reaktor ist (anders als wir leider in Fukushima sehen müssten) in der Tat selbststabilisierend.
  2. Dem im Rheingraben, also auch in Mainz, vorhandenen großen Erdbebenrisiko wird die Anlage nicht gerecht, sie ist def. NICHT erdbebensicher, eine Zerstörung ist im Fall eines Erdbebens oberhalb der Stärke 6 zu erwarten. Aufgrund der Bauart dürfte dabei allerdings nur wenig Radioaktivität freigesetzt werden.
  3. Die Anlage ist def. NICHT gegen Flugzeugabstürze gesichert, m.E. nicht einmal gegen Abstürze kleiner Maschinen. Das ist in sofern erwähnenswert, als allein in der Zeit der Besichtigung in zwei Stunden fünf (!!) Überflüge in niedrigster Höhe stattfanden.
  4. Im Fall eines Absturzes eines vollgetankten Großflugzeuges (Jumbo, eine der Hauptan-/abflugroute zu Frankfurt) ist durch den Treibstoffbrand m.E. mit Temperaturen von deutlich über 1.000 °C und damit mit einer Freisetzung des gesamten Urans (3,2 kg, davon ca. 10 % hochangereichert) und Plutoniums (12 g) zu rechnen. Dieser Fall hätte die Wirkung einer „schmutzigen Bombe“ und würde zumindest in der direkten Umgebung (Stadtteile von Mainz) eine, wahrscheinlich auch langfristige Evakuierung erforderlich machen.

Mittlerweile liegen dem Ministerium Erkenntnisse zur Erdbebensicherheit vor. Erdbebengefährdung sind Teil des Sicherheitsberichts, der zuletzt 1989 ergänzt wurde. Dieser Abschnitt muss daher dringend den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst werden. Bedenklich ist, dass die Aussagen zur Erdbebengefährdung bereits 1989 nicht dem damaligen Stand der Wissenschaft genügten und zu optimistisch ausgefallen waren. Die Folge davon ist, das es bis heute kein sogenanntes ingenieurseismologisches Gutachten und keine Erdbebenstation vor Ort am TRIGA-Standort gibt. Unweit des Universitätsgeländes verläuft eine kleinere, seismisch aktive Bruchzone, an der zuletzt am 23.12.2010 ein Erdbeben der Magnitude 3,4 stattfand.

Trotz der geringe Leistung gelten auch für diesen Reaktor die gleichen Stresstest-Regeln wie für alle anderen AKWs und Forschungsreaktoren, d.h. die Betreiber müssen entsprechende Unterlagen vorlegen wie die Sicherheitsberichte. Hier treten  behördlichen Defizite in RLP zutage (fachfremde Behördenmitarbeiter nahmen hier Stellung zur Erdbebensicherheit).

Die endgültigen Bewertungen bzgl. Sicherheit gegen Flugzeugabstürze stehen allerdings derzeit noch aus, sie sind für „Oktober“ angekündigt, erst dann wird eine endgültige Beurteilung möglich sein.

Die m.E. dringend erforderlichen Reaktionen sind daher:

  • Überprüfung der Anlage hinsichtlich Erdbebensicherheiten und ggf. deutliche Nachbesserungen;
  • Erlass eines sofortigen Überflugverbotes in niedriger Höhe (was m.E. ohnehin für das gesamte Unigelände sinnvoll wäre …)
  • Änderung der Flugrouten ab/nach Frankfurt International Airport
    – oder Ertüchtigung der Anlage gegen einen möglichen Absturz (m.E. nicht finanzierbar, da käme einem Neubau gleich)
    – oder endgültige Stilllegung.

Bis die Erdbebensicherheit geprüft und als gegeben bestätigt wurde, muss m.E. der Reaktor vorübergehend stillgelegt werden.

Mehren, den 21.9.2012, Karl-W. Koch

P.S.: Natürlich wurde der beeindruckende “Knalleffekt” (im wahrsten Sinn des Wortes), die blau-sichtbar werdende Tschernenkow-Strahlung der Neutronenfreisetzung auch vorgeführt, durchaus beeindruckend … das kurze Video dazu finden Sie hier.

P.S. 2: das Gutachten des TÜV Rheinland liegt mittlerweile hier vor.

 

 

 

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Erdbebensicherheit deutscher AKWs

aktualisiert am 27.4.2011, ein pdf des Artikels mit Grafiken finden Sie hier

Japans Atomkatastrophen haben eindrücklich gezeigt, dass die Erdbebengefahr bei der Kernkraftnutzung bisher sträflich vernachlässigt wurde. Die nachfolgende Arbeit soll darlegen, dass auch in Deutschland eine immense Gefahr einer Katastrophe jenseits des sog. „Auslegungsstörfalls“ besteht, die bisher schlicht ignoriert oder verleugnet wurde. Zwar sind Beben wie das Jahrhundertbeben in Japan nicht zu erwarten, dafür sind die Schutz-Auslegungen gegen Beben in deutschen AKWs auch auf wesentlich geringere Beben berechnet. Selbst ein Tsunami an der Nordseeküste ist nicht auszuschließen, Ursache könnte ein Hangrutsch wie vor 8.000 Jahren sein oder ein gewaltiger, plötzlicher unterseeischer Vulkanausbruch bei Island.[1]

Eine kurze Erläuterung zum Verständnis vorab: Es gibt verschiedene Mess-Skalen zur Feststellung der Erdbebenstärken. Gebräuchlich ist die Richterskala[2] (ML = lokale Magnitude). Diese Skala misst die Wirkung des Bebens an der Oberfläche, eigentlich die sog. die Intensität. Intensität und dadurch die Bodeneffekte hängen nicht nur von der Magnitude (s.u.) ab, sondern auch von der Distanz zum Epizentrum, der Tiefe des Erdbebenherdes unter dem Epizentrum und den geologischen Bedingungen. Die Intensität ist zu unterscheiden von der Magnitude (ein Maß für die Stärke von Erdbeben. Magnituden werden überwiegend aus den Amplituden, seltener auch aus anderen Parametern von Seismogrammen bestimmt.)

Eine weitere Intensitätsskala, die so genannten MSK-Skala[3] (Medvedev-Sponheuer-Karnik-Skala), gibt die Stärke eines Bebens beispielsweise in zwölf Stärkegraden an. Die Abstufung orientiert sich sowohl an subjektiven als auch an objektiven Kriterien. Sehr grob ist eine Umrechnung von der Richter-Skala auf die MSK-Skala durch Addieren von „+2  bis +2,5“ möglich.


[1] https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,441648,00.html

bzw. https://www.sueddeutsche.de/wissen/unterwasserhaenge-im-nordmeer-rutschender-schlick-1.400429

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Richterskala

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Medwedew-Sponheuer-K%C3%A1rn%C3%ADk-Skala

Richter Magnituden, Stärkegrad Beobachtung

1,0     Mikro Mikro-Erdbeben
2,0     extrem leicht: nicht spürbar, jedoch messbar
3,0     sehr leicht: Oft spürbar, Schäden sehr selten
4,0     leicht: sichtbares Bewegen von Gegenständen
5,0     mittel: Bei anfälligen Gebäuden ernste Schäden
6,0     stark: Zerstörung im Umkreis bis zu 70 km
7,0     groß: Zerstörung über weite Gebiete
8,0     sehr groß: Zerstörung in einigen 100 km
9,0     extrem groß: Zerstörung in Bereichen von 1000 km
10,0    Globale Katastrophe: Noch nie registriert

MSK-Skala, Stärkegrad Beobachtung
I            nur von Erdbebenmessgeräten registriert
II           nur von ruhenden Pers. zu spüren
III          nur von wenigen Personen gespürt
IV          Geschirr und Fenster klirren
V           hängende Gegenstände pendeln
VI          leichte Verputzschäden an Gebäuden
VII         Risse in Wänden + an Schornsteinen
VIII        große Risse in Giebelteile, Dachsimse stürzen ein
IX          Wände und Dächer stürzen ein; Erdrutsche
X           Einsturz vieler Gebäude; Spalten im Boden
XI          zahlreiche Spalten im Boden; Erdrutsche
XII         starke Veränderungen an der Erdoberfläche

 

Weitere Skalen sind eher unüblich.

Siehe auch


Am 13. Apr. 1992 bebte nahe Roermond (Niederlande) die Erde. Beim Erdbeben von Roermond 1992 wackelten die Häuser, Schornsteine und Dachziegel fielen herab, Bäume stürzten um. Mehr als 30 Personen wurden verletzt, die Sachschäden wurden auf deutscher Seite auf etwa 150 Millionen D-Mark beziffert. Die Magnitude wurde nach Richter (RS) auf  5,9 eingestuft, die Intensität betrug VII. Das Beben war in dieser Stärke unerwartet, das letzte ähnlich starke Beben lag 200 Jahre zurück.

In Deutschland gibt es Erdbeben vor allem entlang des Rheingrabens und auf der Schwäbischen Alb. Am 5.12.2004 gab es in Waldkirch im Breisgau ein Beben der Stärke 5,2 (RS), ebenso am 14.3.1951 in Euskirchen. Bei den beiden schweren Beben in Christchurch in Neuseeland 2010 und 2011 war in dieser Region in den 150 Jahren vorher kein einziges vergleichbares Beben gewesen. Dies zeigt, dass Erdbebenvorhersagen nicht nur bezüglich des Zeitpunktes, sondern auch bezüglich Stärke und Ort unmöglich sind. Ein Urvertrauen darauf, dass sich Erdbeben „an die bisherigen Stärken halten und diese nicht zu überschreiten gedenken“ ist also durch nicht zu rechtfertigten!

Prof. Wolfgang Jacoby, Uni Mainz, hält am 14.4.2011 in einem Vortrag in Speyer Beben in Deutschland bis ML 5 auf RS für jederzeit denkbar. Gefährdet sind der Hohenzollerngraben, das Maintal, das Niederrheinbecken. Die größte denkbare Magnitude wäre dabei ML 7,0, voraussichtlich im Rheingraben. Es lassen sich nur Aussagen zur „Wahrscheinlichkeit“ etwa in den nächsten 100 oder 1000 Jahren machen. WANN und WO in diesem Zeitraum das Beben eintritt, lässt sich nicht vorhersagen.

Zu beachten ist, dass es jederzeit auch Beben an „unerwarteten Stellen“ geben kann. Die Aussagen zu Risikoabschätzungen basieren auf bekannten Erdbebenaktivität: Davon abgeleitet wird die Wahrscheinlichkeit, dass ein Beben einer bestimmten Magnitude in bestimmter Entfernung in bestimmter Zeit  stattfindet. Wo noch nichts in den letzten Jahrhunderten stattgefunden hat, kann nichts hochgerechnet werden … Prof. Jacoby würde nach eigner Aussage „nie wagen zu sagen, hier ist eine absolute Sicherheit, ich kann meine Hand dafür nicht ins Feuer liegen“.

Die beiden Beben von Christchurch 2010/2011 kosteten ca. 200 Menschen das Leben und richteten zwischen 10 und 20 Mrd. US-$ Schaden an. das zweite war zwar verheerender, hatte aber mit etwa 6,3 (RS) die geringere Stärke (das 1.: 7,0 RS) Ein entsprechend verheerendes Beben im Rheingraben der Stärke 7,0 ist nicht auszuschließen und würde die AKWs Biblis oder Philippsburg in Einzelteile zerlegen.

Fazit: Bei Erdbeben wären nach bisherigen Erfahrungen zumindest die AKWs Biblis A und B und Philippsburg 1 und 2 stark gefährdet. Einem Tsunami ausgeliefert wären Brunsbüttel, Brokdorf und Unterweser. Die Auslegung deutscher AKWs liegt maximal bei 5 bis 6 laut Richterskala! Zu rechnen ist durchaus mit einem Erdbeben mit Stärken über 6,0 (RS)

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Richterskala

 

Biblis B

Henrik Paulitz kommt bei einer Untersuchung zu Biblis 2008 zu dem Ergebnis, dass Biblis B (das war Gegenstand der Untersuchung) schon ein vormals in der Nähe stattgefundenes Erdbeben (Worms) NICHT unbeschadet überstehen hätte. Für die Erdbeben-Auslegungen Biblis B wurden nur Intensitäten bis VIII und maximale Bodenbeschleunigungen bis etwa 1,5 m/s2 berücksichtigt. Tatsächlich aber sind am Standort Erdbeben mit weitaus größeren Intensitäten bzw. Bodenbeschleunigungen (bis 3,0 m/s2 und mehr) möglich. Die RSK-Arbeitsgruppe Seismologie hält es für „sachgerecht“, mit Magnituden bis (Richterskala) ML = 6,1 zu rechnen, das wäre eine Intensität bis etwa IX. 1952 kam es – weniger als 20 km vom Standort Biblis entfernt – bei Ludwigshafen/Worms zu einem mittelschweren Erdbeben: Magnitude ML = 5,1. Das stärkste bisher beobachtete tektonische Erdbeben im Bereich des mitteleuropäischen Schollenlandes war das berühmte Erdbeben von Basel im Jahre 1356. Diesem Erdbeben wird heute im allgemeinen eine Intensität von ca. 7 bis 8 laut Richterskala zugeordnet.

 

Erdbebensicherheit technischer Anlagen in Baden-Württemberg

In der Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Kleine Anfrage des Abg. Dr. Walter Witzel GRÜNE vom 06. 03. 2003; „Risiken bei Erdbeben am Oberrhein“ wird massiv rumgeeiert. Zum Beispiel, Frage:

„Deckt der reguläre Katastrophenplan auch gekoppelte potenzielle Szenarien ab (wenn also z.B. als Folge eines schweren Erdbebens sowohl der Rheinseitenkanal birst als auch ein schwerer Atomunfall in Fessenheim ausgelöst wird“

Antwort: „Die Landesregierung kann keine konkreten Aussagen zu den Auswirkungen von Erdbeben, sondern nur zu der Koordinierung eines solchen Ereignisses machen.“

 

Konkret wird es immerhin an zwei Stellen:

„… Die Erdbebenauslegung des Kernkraftwerks Fessenheim geht von dem stärksten, historisch wahrscheinlichen Erdbeben an dem Standort aus. Für dieses Auslegungserdbeben wurde ein Beben der Stärke von 5,9 auf der Richter-Skala mit einer Tiefe von 20 km direkt unter den Kraftwerk bzw. ein Beben der Stärke 6,5 mit einer Tiefe von 10 bis 20 km in einer Entfernung von 30 km festgelegt. Als Sicherheitserdbeben wird ein Erdbeben der doppelten Stärke angenommen.“

und

„Die Landesregierung anerkennt den Bedarf weiterer Forschungs- und Untersuchungsprojekte zur Einschätzung der Erdbebengefährdung in Baden-Württemberg.

 

 

Greenpeace kommt in einem Gutachten (hier) 2005 zu folgenden Ergebnissen:

Gefährdung durch Erdbeben Biblis A + B

Biblis A weist viele Mängel auf. Die schlimmste Schwachstelle könnte die Gefährdung durch Erdbeben sein. Bis Ende der 90er Jahre wurde davon ausgegangen, dass maximal ein Beben der Stärke 7,75 auf der MSK-Skala (ca. 5 Richterskala) zu befürchten ist. Schon einem solchen könnten unzählige Rohrleitungen, Kabel und Ventile im Block A nicht standhalten. Nach dem neuesten Erkenntnisstand reicht diese Annahme jedoch nicht aus. Ein im Dezember 1999 abgeschlossenes, bis heute nicht veröffentlichtes Expertengutachten belegt, dass mit stärkeren Belastungen gerechnet werden muss. Bei einem konsequent konservativen, d.h. auf der sicheren Seite liegenden Vorgehen, müssen die bei einem Beben maximal wirkenden Kräfte etwa doppelt so groß angesetzt werden wie bisher.

Sämtliche technischen Mängel von Block A werden damit noch viel problematischer. Auch Block B ist gegen die höheren Lasten nicht ausgelegt. Eine Nachrüstung, die es gestatten würde, einem den neuen Erkenntnissen entsprechenden Beben standzuhalten, ist praktisch nicht machbar. Man müsste das AKW quasi neu und stabiler errichten.

 

Geowissenschaftlich Vortrag zu:

Erdbebensicherheit deutscher AKWs

Eckhard Grimmel kommt in seinem Vortrag „Wie sicher sind Atomkraftwerke in Deutschland bei Erdbeben?“ zu folgenden Ergebnissen:

Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass die in Deutschland betriebenen Atomkraftwerke zum Teil überhaupt nicht, zum Teil nur gegen schwache und vielleicht mittlere, aber nicht gegen starke Erdbeben gesichert sind. Da aber eine sichere Auslegung auch gegen starke Erdbeben aus geowissenschaftlicher und bautechnischer Sicht erforderlich ist, sollten alle Atomkraftwerke stillgelegt werden, um die permanente Gefahr eines katastrophalen Strahlungsunfalls zu vermeiden.

(Grafiken/Tabellen bitte auf der Originalseite nachsehen)

Zu beachten, die angegebene Skala ist NICHT die übliche Richter-Skala, sondern die weniger gebräuchliche Medvedev-Sponheuer-Karnik-Skala (MSK), die Umrechnung ist etwa: Richter + 2 = MSK

Die Auslegung deutscher AKWs liegt demnach maximal bei 5 bis 6 laut Richterskala!

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Dipl. Ing. Christoph Heil, EnBW, äußert sich in einer Veranstaltung in Speyer zur Erdbebensicherheit von Neckarwestheim wie folgt: „Die Magnitude spielt keine Rolle: entscheidend ist die Beschleunigung: Die Auslegung von Neckarwestheim hält bis zu einer Beschleunigung von 150 – 200 cm/s2 (= 1,50 – 2,00 m/s2)“. Laut Herrn Heil entspräche dies „in etwa dem Beben in Fukushima …

 

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Offener Brief an Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel vom 1. April 2011

Zur Kenntnis an:

– Siemens-Chef Peter Löscher
– E.On-Chef Johannes Teyssen
– RWE-Chef Jürgen Großmann
– EnBW-Chef Hans-Peter Villis
– Vattenfall Europe-Chef Tuomo Hatakka
– Bundesumweltminister Norbert Röttgen
– RSK-Chef Rudolf Wieland

Erhebliche Gefährdung von Atomkraftwerken schon bei relativ schwachen Erdbeben

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

wir möchten Sie auf eine ganz erhebliche Gefährdung der deutschen Atomkraftwerke aufmerksam machen und Sie als Physikerin nachdrücklich darum bitten, die folgenden Sachverhalte persönlich zur Kenntnis zu nehmen.

Der ehemalige Siemens/KWU-Chef Klaus Barthelt wollte Anfang der 1980er Jahre die deutschen Atomkraftwerke mit einer verbesserten, „momentfreien, auslenkenden“ Stütztechnik für Rohrleitungen, Kühlpumpen etc. vor Erdbeben und Flugzeugabsturz schützen. Er konnte sich damit aber im Siemens-Konzern nicht durchsetzen.

Atomkraftwerke sind daher schon durch relativ schwache Erdbeben wie auch durch vergleichsweise kleine Flugzeuge erheblich gefährdet, zumal wenn beispielsweise schon thermische Vorbelastungen an Komponenten bestehen und zusätzlich von der Modelltheorie abweichende dynamische Einwirkungen den getroffenen Lastannahmen entgegen wirken. Unter solch ungünstigen Bedingungen könnte bereits die Schnellabschaltung eines Atomkraftwerks zu gefährlichen Schäden führen.

Diese Aussagen macht der Spezialist für erdbebensichere Stützsysteme Erich Görgens, der an der Planung und Errichtung der meisten westdeutschen Atomkraftwerke beteiligt war.

Herr Görgens widerspricht der Auffassung, dass die Kühlsysteme im japanischen Katastrophenmeiler Fukushima durch die „Stärke“ des Erdbebens zerstört wurden. Er vermutet vielmehr, dass es die besondere Charakteristik des Erdbebens war, die abweichend von der Modelltheorie, relative Verschiebungen zwischen den Abstützungen und so unzulässige Lasten verursachend, zu den großen Schäden in Japan führte.

Die herkömmlichen Befestigungskonzepte etwa für Rohrleitungen und Kühlwasserpumpen in Atomkraftwerken ständen sich bezüglich den Anforderungen zum Schutz vor Erdbeben und vor Flugzeugabstürzen diametral entgegen. Zum Schutz der durch Erdbeben ausgelösten mittelfrequenten Schwingungen setze man auf starre Stützsysteme, die aber eine Gefahr bei Flugzeugabstürzen darstellen. Hochfrequente Schwingungen, wie sie schon beim Aufprall kleiner Flugzeuge auf ein Reaktorgebäude entstünden, erforderten hingegen eine sehr weiche, flexible Aufhängung.

Nach Auffassung von Herrn Görgens, der mit den Verantwortlichen etlicher Atomkraftwerkshersteller über die Thematik diskutierte und mit diversen Universitäten zusammengearbeitet hat, sind diese Konzepte völlig untauglich. Sich gegenseitig ausschließende Sicherungsmaßnahmen, nicht vorher bestimmbare Belastungen und nicht ausweichend stützende Abstützungen, bestimmen das Restrisiko in Atomkraftwerken.

Die in der Atomtechnik und von Gutachterorganisationen eingesetzten „Rechenprogramme“ sind nach Ansicht von Herrn Görgens untauglich, weil denen stark vereinfachte Modellannahmen zugrunde lägen, die nicht durch geeignete mechanische Lastfallabsicherungen ausgeglichen würden.

„Absolute Momentfreiheit und/oder ausweichende Widerlager“ sind für Maschinenbauer Görgens die Lösung des Problems. Die Lösung liege in einem stressfreien, frequenzunabhängigen Stützkonzept für mechanische Systeme. Relative Verschiebungen zwischen Stützpunkten, müsse man momentfrei auslenken und dadurch sichern können. Eine Technik, wie sie prinzipiell in den Hinterachsen von Autos Verwendung findet. In den USA habe man in Atomkraftwerken immerhin so genannte „Struts“ eingesetzt, offenbar aber nicht optimal genutzt.

Herr Görgens ist der Auffassung, dass alle Atomkraftwerke weltweit derzeit eine erhebliche Gefahr darstellen und so nicht weiterbetrieben werden dürfen. Er sieht weltweiten Nachrüstungsbedarf.

Wir fordern Sie vor diesem Hintergrund auf, die deutschen Atomkraftwerke wegen erheblicher Gefährdung im Sinne von § 17 Abs. 5 Atomgesetz vom Netz zu nehmen und endgültig stillzulegen.

Wir erinnern in diesem Zusammenhang daran, dass es zuletzt am 23. Dezember 2010 im Rheingraben bei Mainz zu einem Erdbeben der Stärke 3,4 auf der Richterskala kam. Bei ungünstigen Beschleunigungen könnte selbst ein solches Erdbeben mit Epizentrum in der Nähe eines Atomkraftwerks ausreichen, einen katastrophalen Unfall auszulösen, so Herr Görgens. Vor der Errichtung des Atomkraftwerks Biblis gab es in der Umgebung des Standortes zwei Erdbeben der Stärke 5,1 bzw. 5,2 auf der Richterskala.

Das zeigt, wie akut die Gefahr ist und dass dringender Handlungsbedarf besteht.

Mit freundlichen Grüßen

Reinhold Thiel, Vorstand der IPPNW

Kontakt: Henrik Paulitz (Atomexperte), Tel. 0032-485-866 129. Angelika Wilmen (Presse), Tel. 030-69 80 47-15.

Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW), Körtestr. 10, 10967 Berlin, www.ippnw.de, Email: ippnw@ippnw.de

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Quellen:

https://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Atomenergie/Anlage_B_-_Biblis_B_ist_unzureichend_gegen_Erdbeben_ausgel….pdf

https://www.landtag-bw.de/wp13/drucksachen/1000/13_1858_d.pdf

https://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/atomkraft/greenpeace_studie_restrisiko_biblisa.pdf

https://www.geowiss.uni-hamburg.de/i-geogr/staff/grimmel/atomweb/atomkr.htm#anchor1158463