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Update 23.03.2011, 23:00

Update 23.03.2011, 23:00
Plutonium tritt vermutlich aus!

(Tagesthemen 23:00 Uhr) Der Brand am Reaktor 3 setzt offenbar auch Plutonium frei. Die Trinkwasserbelastung mit Iod und Cäsium in Tokio hat deutlich zugenommen. Angeblich sei das Wasser „nur“ für Säuglinge gefährlich.

 

Die Lage in Fukushima I

zeigt sich am Mittwoch, 23.3.2011, 21:00 Uhr wie folgt[1]:

Die Tabelle finden Sie hier

Tabelle wird bei Änderungen fortgeschrieben, die Informationen findet man
unter https://www.jaif.or.jp/english/.

Bewertung: Langsam wird zugegeben, wie schlimm es wirklich ist … Alle drei Reaktordruckbehälter (= Containments) sind beschädigt, es gibt keinerlei Information über sie bzgl. Wasserstand (vermutlich Null) und Druck (vermutlich hoch, immer noch steigend). Kernschmelzen laufen vermutlich in allen drei Reaktoren. Gelingt es nicht, die Reaktoren unter Kontrolle zu bekommen (m.E. besteht dazu keine Chance), so tritt in absehbarer Zeit (in den nächsten Tagen) eine Schmelze oder eine Explosion der Stahl-Druckbehälter ein. In beiden Fällen wird dann eine wesentlich größere Menge Radioaktivität freigesetzt werden, wobei eine Explosion verhängnisvoller wäre.


Vermutlich alle vier Abklingbecken sind beschädigt, in dem Block 4 hat es eine Wasserstoffexplosion gegeben. Dies legt nahe, dass auch hier eine zumindest teilweise Kernschmelze eingetreten ist. Die Kühlungen erfolgen nur durch Besprühen von außen.

Hohe Radioaktivität am AKW

Die selbe Quelle (https://www.jaif.or.jp/english/.) meldet Radioaktivitäts-Messwerte. Messwerte von 2 Millisievert pro Stunde am Atomkraftwerk sind mit Sicherheit nicht übertrieben.

Es handelt sich um Auskünfte des „Japan Atomic Industrial Forums“. Viele Zeitungen beziehen sich darauf, genauso wie das BMU. Spon meldete am 15.3. morgens 400 mSv/h in Fukushima I  (Zeitpunkt der Explosion und des Brandes an Block 4) und am 23. März 2011, 500 mSv Fukushima-Daiichi, an Reaktor 2 Kyodo News (zitiert nach: DER SPIEGEL)[3]

Das Japanische Gesundheitsministerium setzte die zulässige Gesamt-Äquivalentdosis für die im Kernkraftwerk tätigen Arbeiter von 100 auf 250 mSv/a herauf.[4] Bei zehn 12-Stunden-Schichten vor Ort treten erste Krankheitssymptome auf. Bei dieser Menge treten Veränderungen im Blutbild, eine Erkrankung an Leukämie droht.

Aus aktuellem Anlass soll nochmals auf den 16.03.2011 21:09 Uhr hingewiesen werden:

US-Regierung rät US-Bürgern im Umkreis von 80 KM um AKW Fukushima zur Evakuierung

Die US-Regierung rät US-Staatsbürgern, die sich im Umkreis von 80 Kilometern um das japanische Unglücks-Atomkraftwerk Fukushima befinden, das Gebiet zu verlassen. Zumindest sollten die Menschen in ihren Häusern bleiben. Die japanische Regierung hat dagegen zum Schutz vor radioaktiver Strahlung bisher nur Gebiete im Umkreis von 20 Kilometern evakuiert.[5]

Bewertung: Die Meldungen der letzten Tage zeigen, dass eine Evakuierung in dieser Zone sinnvoll wäre. Der einzige Grund, weshalb sie nicht durchgeführt liegt vermutlich in den wirtschaftlich verheerenden Folgen, es wäre ca. 1,9 Mio. Menschen – vermutlich dauerhaft oder zumindest für längere Zeit – zu evakuieren.

 

Zum Vergleich:

Die Anzahl der zu evakuierenden Personen bei einer schweren Störung im Kernkraftwerk Cattenom/Frankreich wie folgt:

Radius von 20 km:           9.386 Menschen in Deutschland,

Radius von 30 km:         58.881 Menschen in Deutschland,

Radius von 40 km:       173.182 Menschen in Deutschland,

Radius von 80 km:    1.363.169 Menschen in Deutschland.

(Dank an Stephanie Nabinger, LAG Ökologie Rheinland-Pfalz)


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AKW Isar-1 – Kühlwasserpegel sank – Reaktorschnellabschaltung

IPPNW-Presseinformation vom 23. März 2011

Reaktorschnellabschaltung im Atomkraftwerk Isar-1
Kühlwasserpegel in Reaktordruckbehälter sank

Dass die deutsche Atomindustrie ihre Anlagen noch nicht einmal beim Abschalten im Griff hat, demonstrierte E.On beim Herunterfahren des bayerischen Atomkraftwerks Isar-1. Am vergangenen Donnerstag (17. März) kam es offenbar gegen 16 Uhr beim Abschalten des Atommeilers zu einem Absinken des Kühlwasserpegels im Reaktordruckbehälter. Das löste ein Reaktorschutzsignal aus, infolge dessen kam es zu einer Reaktorschnellabschaltung.
„Obwohl das Vorkommnis schon mehrere Tage zurückliegt, beschränkt sich E.On auf eine dürre Pressemitteilung. Die Ursache für den Füllstandsabfall im Kern wird bislang verschwiegen“, kritisiert Henrik Paulitz von der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW. „Dabei hat die Öffentlichkeit einen Anspruch darauf, umgehend zu erfahren, warum Atomkraftwerksbetreiber in Deutschland noch nicht einmal dazu in der Lage sind, ein Atomkraftwerk stillzulegen, ohne den Reaktorschutz auszulösen und ein Sicherheitssystem in Anspruch zu nehmen.“
Unabhängig davon, dass die Anlage auslegungsgemäß reagiert haben soll, ist dieses Vorkommnis für die IPPNW ein weiterer Beleg dafür, dass man diese Risikotechnologie nicht vollständig in den Griff bekommt. Isar-1 muss allein deswegen dauerhaft stillgelegt werden, weil sich das Brennelement-Lagerbecken außerhalb des Sicherheitsbehälters befindet.

Hintergrund:

Isar-1 gehört neben den Anlagen Philippsburg-1, Brunsbüttel und Krümmel zu den Siedewasserreaktoren der Baulinie 69. Die Kernnotkühlung im Hochdruckbereich besteht bei diesen Anlagen aus nur zwei einsträngigen Systemen. Bei Kühlmittelverluststörfällen (Leck-Störfällen) kann aufgrund der unterschiedlichen Förderleistung beider Systeme offenbar nur das eine der beiden Systeme den Reaktorkern ausreichend kühlen.
Der Reaktordruckbehälter dieser Atommeiler ist eine gefährliche Fehlkonstruktion. In Österreich wurde bei einem baugleichen Atomkraftwerk moniert, dass noch nicht einmal den Vorschriften der „Dampfkesselverordnung“ entsprochen wurde.(Anm.: Gemeint ist vermutlich das AKW Zwentendirf, das nach einer Volksabstimmung allerdings nie ans Netz gegangen ist.)

Ein „Schwachstellenbericht“ vom Oktober 2010 im Auftrag dreier österreichischer Landesregierungen vom Oktober 2010 bestätigt, dass an der kritischen Bodenschweißnaht des Reaktordruckbehälters Spannungen auftreten können, die mit 326 Newton/mm2 den genehmigten und zulässigen Wert von 177 N/mm2 weit überschreiten. Schon im Normalbetrieb können gefährliche Ermüdungsrisse entstehen, ohne dass dies durch Prüfungen vorhersehbar wäre.
Käme es in Isar-1, Philippsburg-1, Brunsbüttel oder Krümmel auf diese Weise zu einem Leck direkt am Reaktordruckbehälter, dann stünde die Kühlfähigkeit des Reaktorkerns grundsätzlich in Frage.
Eine Studie der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) von 2006 kam zum Ergebnis, dass die Kernschmelzfestigkeit von Isar-1, Philippsburg-1 und Brunsbüttel katastrophal schlecht ist. In mehr als 50 Prozent der Kernschmelz-Fälle ist mit einer sehr großen und frühzeitigen Freisetzung von Radioaktivität zu rechnen, weil es bei einem Versagen des Reaktordruckbehälters auch zum Versagen des Stahl-Containments im Bereich der Steuerstabantriebe kommt. Die Folgen eines schweren Atomunfalls in Deutschland wären wegen der größeren Bevölkerungsdichte weitaus schlimmer als nach Tschernobyl.
Kontakt: Henrik Paulitz (Atomexperte), Tel. 0032-485-866 129

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Korrektur zu Update 18.3.2011 MIT Hintergründen

Die vorliegenden Meldungen von immerhin TAZ, NTV, SpON müssen vermutlich korrigiert werden und damit auch die Schlussfolgerung:

TEPCO verurteilt Arbeiter zum Tod!

Ich hatte das damals bereits mit Skepsis gesehen und formuliert (s. die vorgeschaltete Zeile). Gemeint war vermutlich 100 mSv/a als Grenzwert, nicht 100 mSv/h. Allerdings dürfte die Werte dann wiederum unrealistisch und kaum einzuhalten sein … Meine Wertung bzgl. der Todesfolge war ausdrücklich auf den gemeldeten Wert (100 mSv/h!)  bezogen. (Anm. – Stand 23.3.2011: Mittlerweile ist der Grenzwert auf 250 mSv/a erhöht worden, s.a. hier)

Ursprüngliche Meldung

„Tepco erhöht Grenzwerte“

(TAZ, NTV, SpON) Der AKW-Betreiber Tepco erhöht den Grenzwert der Strahlenbelastung für die Arbeiter auf 100 Millisievert pro Stunde.

(Anm.: Wenn diese Meldung stimmt, ist der Skandal perfekt: Falls die Arbeiter in 12 Stunden-Schichten im Einsatz sind, haben sie nach 3 Tagen eine Strahlung von 3,6 Sievert aufgenommen und erkranken an der Strahlenkrankheit! Etwa 50 % von ihnen wird dann in den nächsten Tagen sterben. Beruflich exponierte Personen dürfen in Deutschland in Einzelfällen mit bis zu 50 Millisievert pro Jahr belastet werden.)

Einige Grenzwerte im Vergleich:

allgemeine Bevölkerung:
Europa:  1mSv/Jahr

beruflich strahlenexponierte Personen:
Europa:  20mSv/Jahr
USA:     50mSv/Jahr

Bei Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für Personen (§59 StrlSchV)
Deutschland:  einmal im Jahr  > 100mSv
Deutschland:  einmal im Leben > 250mSv
Japan:        150-250mSv (je nach Quelle)

Insofern bewegt sich Japan mit diesem Grenzwert innerhalb des üblichen Rahmens.  Wenn die Grenzwerte eingehalten werden, ist nicht davon auszugehen, dass japanische Arbeiter in den nächsten Tagen sterben werden.  Aus einer Einzeldosis von 200mSv ergibt sich allerdings ein Risiko von etwa 2% für eine tödliche Krebserkrankung in der Zukunft.

Anbei noch die Quellen zu den Grenzwerten für die Arbeiter:

SF (Schweizer Fernsehen):
„03:10 – Höhere Strahlengrenzwerte für Arbeiter
Ein grosses Problem ist der Schutz der Arbeiter an den havarierten Reaktoren vor der radioaktiven Strahlung. Tepco erhöhte die Obergrenze auf 150 Millisievert für bestimmte Noteinsätze. Die neue Vorgabe gelte «für einige Arbeiter im Ausseneinsatz, weil die aktuellen Probleme beispiellos sind und sofortige Massnahmen erfordern», zitierte NHK die Begründung des Energieversorgers Tepco. 150 Millisievert sind so viel, wie in Deutschland verteilt über die Spanne von 150 Jahren als gerade noch verträglich gelten würde.
NHK zufolge kündigte Tepco an, keinen Arbeiter erneut in den Einsatz zu schicken, falls er zuvor mehr als 100 Millisievert ausgesetzt worden war. Die 50 Arbeiter, die bisher in dem AKW verblieben waren, hatten Verstärkung bekommen: Am Freitag waren dort etwa 120 Männer eingesetzt.“
Quelle: https://www.tagesschau.sf.tv/Nachrichten/Archiv/2011/03/19/International/Katastrophe-in-Japan/Japan-intensiviert-Kampf-gegen-drohenden-GAU

N-TV:
„+++ 17.21 Sechs Helfer bekommen hohe Strahlendosis ab +++
Bei den Rettungsarbeiten am Atomkraftwerk Fukushima bekommen sechs Arbeiter zu viel radioaktive Strahlung ab. Bei den Männern wurden mehr als 250 Millisievert gemessen, berichtet die Nachrichtenagentur Kyodo. Erst vor wenigen Stunden war der Grenzwert auf 150 Millisievert erhöht worden.“
Quelle: https://www.n-tv.de/Spezial/Japan-weitet-Evakuierungsradius-aus-article2810866.html

Hamburger Abendblatt
„14.42 Uhr: Die japanische Regierung hat die maximal zulässige Strahlenbelastung für Mitarbeiter in Atomanlagen mehr als verdoppelt. Das Ministerium für Arbeitsgesundheit begründete dies mit der Notwendigkeit, eine Verschlimmerung der Lage im Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi zu verhindern. Die Erhöhung des Grenzwerts von 100 auf 250 Millisievert sei „unter den Umständen unvermeidbar“. Dennoch mussten wegen der hohen Strahlung in den nicht mehr ausreichend gekühlten Reaktoren in Fukushima-Daiichi die Arbeitskräfte zeitweise zurückgezogen werden.“
https://www.abendblatt.de/vermischtes/article1819934/AKW-Fukushima-Maximale-Grenzwerte-fuer-Mitarbeiter-erhoeht.html

Besten Dank an Thiemo Nagel, BAG Energie für die Rückmeldung

 

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Update 21.03.2011, 16:00 Uhr

Nachtrag zur „Radioaktivität“:

Die Trinkwasserbelastungen rühren offenbar daher, dass z.B. Tokio sein Trinkwasser aus Talsperren gewinnt, nicht au dem Grundwasser. Daher verkürzt sich die Zeit der Eintragung von radioaktiven Teilchen deutlich. Auch die Belastung von Spinat etc. scheint aktuell durch zunächst Regen oder Bewässerung verursacht zu sein.

 

Aktueller Stand:

zumindest je eine teilweise Kernschmelze in den Reaktoren 1 bis 3 und vermutete teilweise Kernschmelzen in den Abklingbecken der Reaktoren 1 bis 4. Drohende Explosion der Reaktorcontainments 1 bis 3 mit aktuell der größten Wahrscheinlichkeit in Reaktor 3 wegen der anderen physikalischen Bedingungen durch die MOX-Brennstäbe.

 

Sprache und Wahrheit: (Quelle: SZ vom 21.3.2011)

Im Artikel „Wechselnde Winde bedrohen Städte in Japan“ wird die japanische Nachrichtenagentur Kyodo zitiert: „Die Temperatur in allen Abklingbecken erreichte … am Sonntag Werte von unter 100 °C, womit eine Kernschmelze ausgeschlossen wäre.“ Lässt man die euphorische und falsche Schlussfolgerung mal außer Acht, so wird damit bestätigt, dass IN ALLEN SECHS Abklingbecken zuvor Temperaturen von ÜBER 100 °C geherrscht haben. Da m.W. die Becken  nicht unter Druck stehen, muss das Wasser somit verdampft sein! ALLE BECKEN waren also trocken, ungekühlt und somit dürfte in allen Becken zumindest eine anfängliche Schmelze mit den entsprechenden Folgen eingetreten sein (s. auch unten: Hintergrund, Kurzbeschreibung möglicher Abläufe).

 

Erklärung der neuerlichen Rauchentwicklung:

„In pulverisierter Form ist Uran pyrophor, d.h. es entzündet sich an Luft von selbst. Oberhalb von 700°C verbrennt das Metall zu verschiedenen Uranoxiden. In heißem Wasser und in verdünnter Salz- oder Salpetersäure löst es sich unter Wasserstoffentwicklung auf.“[1] In Kernbrennstäben wird sowohl Uran als auch Uranoxid verwendet[2], wobei letzteres wesentlich ungefährlicher ist. Eine zu klärende Frage ist, welches Verhältnis Uran zu Uranxoid in den Reaktoren in Fukushima eingesetzt wurde. Der MOX-Reaktor 3 hat vermutlich nochmals andere Zusammensetzungen bei seinen Brennstäben.

Wenn also die Hüllen der Brennstäbe beschädigt sind und die Metalle mit der Luft, Luftfeuchtigkeit oder Wasser in Kontakt kommt, fangen sie an zu brennen und erzeugen Wasserstoff. Dies scheint in den Abklingbecken mehrfach wieder passiert zu sein. In den Reaktoren laufen vermutlich die selben Prozesse. Die entscheidende Frage ist hier, wie dicht diese noch sind. Wobei eine intakte Dichtigkeit eher das größere Problem darstellt, da es dann in absehbarer Zeit (Stunden bis wenige Tage) entweder zu einer Wasserstoff-/Knallgas-Explosion oder einer Druckexplosion kommt, beides mit dem Ergebnis, dass die Reaktorcontainments zerstört werden. Da die Knallgasexplosion mehr Energie produziert, wäre sie die gefährlichere. Wenn die Japaner rational handeln, haben sie den Druck (und den Wasserstoff) dadurch entfernt, dass sie die Containments angebohrt haben – wie zuvor offenbar die Reaktorgehäuse.

Aber auch in diesem Fall ist wenig gewonnen, im Gegenteil, eine vollständige Kernschmelze in den Reaktorcontainments wäre damit nicht mehr zu verhindern. Folge wäre die völlige Zerstörung des Stahlgefäßes (Schmelzpunkt ca. 1.500 °C)

Eine nicht zu unterschätzende Gefahr besteht, falls in einem der Containments eine weitgehende Schmelze stattgefunden hat (und die sog. „Atomsuppe“ mit ca. 2.000 °C entstanden ist): Wird hierauf wieder Wasser gegeben, kommt es explosionsartig gleich zu zwei Reaktion: das Wasser verdampft sofort, der Wasserdampf reagiert in dem Containment, wenn dieses nicht schon zerstört ist, mit der Metallschmelze unter Wasserstoff-Freisetzung ebenfalls explosionsartig.

 

Süddeutsche am 21.03.2011 (= SZ): Interessanterweise ist heute die SZ-Printausgabe an einigen Stellen hilfreicher als das Internet … daher einige Zitate von dort:

 

Aus für Fukushima I

Unter „Fortschritt in Fukushima“ meldet die SZ, dass „die japanische Regierung angedeutet hat, dass die Anlage Fukushima I nie wieder Strom produzieren wird.“

 

Wind bedroht Festland

(„Angst vor verstrahlter Milch“) Nachdem der Wind seit Mitte vergangener Woche fast ständig Richtung Meer blies, wehte er am Sonntag auflandig. Für Montag und Dienstag wird mit wechselnden Winden gerechnet. Diese könnten weitere radioaktive Wolken über die Hauptinsel Honshu treiben.

Im gleichen Artikel wird gemeldet, dass sechs Arbeiter „nach Angaben des Betreibers Tepco mehr als 250 mSv abbekommen (haben)“. Dies widerspricht eklatant der gemeldeten Hochsetzung der Grenzwerte für Arbeiter in dem Bereich auf 100 mSv/h. Letzterer Wert erscheint allerdings realistischer.

 

Die aktuellen Tickermeldungen:

US-Behörde: Stahlbetonhüllen bei drei Fukushima-Reaktoren intakt

(ARD) 21.03.2011, 15:41 Uhr: Die Stahlbetonhüllen der Reaktoren 1, 2 und 3 in Fukushima sind nach Aussage der US-Atomsicherheitsbehörde NRC intakt. Der verantwortliche NRC-Direktor Bill Borchardt erklärte, zwar gebe es in den drei Anlagen Schäden an den Reaktorkernen, die sogenannten Containments seien aber nicht gebrochen. Die Situation stehe offenbar kurz vor der Stabilisierung. Die NRC steht in Tokio in engem Austausch mit der japanischen Regierung und Vertretern der Industrie.

Kommentar: Selbst wenn diese Meldung stimmt, ist damit wenig gewonnen, da die Kernschmelze in allen drei Containments läuft aufgrund des Ausfalls der Kühlung (s.o.).

 

Arbeiter müssen Schutzräume des AKW Fukushima aufsuchen

(Focus) 21.03.2011, 13.55 Uhr:Aus dem Reaktor 3 des AKW Fukushima steigt gräulicher Rauch aus. Die Arbeiter wurden abgezogen und mussten Schutzräume aufsuchen.

Beim weißen Qualm über Block 2 handelt es sich wahrscheinlich um Dampf und nicht um Rauch. Das meldet die japanische Nachrichtenagentur Kyodo. Der Dampf komme vermutlich auch nicht aus dem Abklingbecken. Die genaue Ursache war weiter unklar. Zuvor war über Block 3 grauer Rauch aufgestiegen, der mittlerweile aber wieder verschwunden ist.

 

(Focus) 21.03.2011, 11.37 Uhr: Kaum hat sich die Rauchwolke aus Block 3 verzogen, steigt nach Angaben der Nachrichtenagentur Kyodo nun über dem havarierten Reaktor Nummer 2 Rauch auf. Dieser ist seit Sonntag wieder an das Stromnetz angeschlossen. Ob die Wasserpumpen funktionieren, ist aber unklar.

(Focus) 21.03.2011, 11.08 Uhr: Die Strahlungsbelastung im direkten Umkreis von Reaktorblock 3 ist nach Angaben der japanischen Atomaufsichtsbehörde nicht gestiegen. Zur Ursache des gräulichen Rauchs, der seit etwa drei Stunden aus Block 3 aufsteigt, machte die Behörde auf einer Pressekonferenz keine Angaben. Bisher sei es auch noch nicht gelungen, die Stromversorgung in Block 3 wiederherzustellen.

 

(Focus) 21.03.2011, 5.58 Uhr: Die Entsorgung der Reaktoren des havarierten AKW Fukushima 1 könnte nach Einschätzung eines Experten bis zu zehn Jahre dauern. Das berichtet die Zeitung „Asahi Shimbun“ in ihrem Facebook-Profil. Sie beruft sich auf einen Informanten des AKW-Betreibers Tepco. Wegen radioaktiver Strahlung sei es sehr wahrscheinlich, dass die beschädigten Brennelemente in den Reaktordruckbehältern der Blöcke 1, 2 und 3 nicht abmontiert werden könnten, sagte jener der Zeitung. Die Blöcke 5 und 6 hätten dagegen keinen großen Schaden davongetragen. Theoretisch könnten sie wieder in Betrieb genommen werden. „Mit Blick auf die Gefühle der Anwohner wäre es allerdings schwierig, den Betrieb wieder aufzunehmen. Die Entsorgung aller sechs Reaktoren ist daher unvermeidlich“, wird der Mitarbeiter zitiert.

 

Die Kombination dieser beiden „Tagesschau-Ticker“-Meldungen spricht für sich …

Lebensmittel außerhalb der Sicherheitszone sicher

(ARD) 21.03.2011, 12:54 Uhr: Lebensmittel, die außerhalb der Sicherheitszone um das Atomkraftwerk Fukushima 1 produziert werden, sind sicher, sagte ein Regierungssprecher.

 

WHO „stark besorgt“ über Belastung von Lebensmitteln

(ARD) 21.03.2011, 11:05 Uhr: Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat sich „stark besorgt“ über die Belastung von Lebensmitteln durch austretende Radioaktivität geäußert. Wie ernst die Lage sei, müsse weiter untersucht werden, erklärte ein Sprecher in Genf.

 

Hintergrund, Kurzbeschreibung möglicher Abläufe:

Sind die Brennstäbe jedoch nicht mehr vollständig von Wasser bedeckt, passieren drei Dinge. Bei etwa 800 °C platzen die Brennstabhüllen aus der Legierung Zircaloy auf. Dabei gelangen Spaltprodukte direkt in das Wasser-Dampf-Gemisch im Reaktorkern.

Bei etwa 1200 °C reagiert das Zirkonium im Zircaloy (Anteil: ca. 90 %) dann mit dem umgebenden Wasserdampf: Es entsteht freier Wasserstoff, während das Zirkonium allmählich oxidiert – dabei wird zudem weitere Wärme frei. Der Druck im Reaktordruckbehälter steigt also weiter. Die Spaltprodukte gelangen bereits in den Wasserdampf, der sie, wenn er zur Druckentlastung abgelassen wird, aus dem Containment, dem Sicherheitsbehälter um den Reaktordruckbehälter, heraus transportiert. So offenbar auch der Ablauf der ersten Explosionen unter dem Dach der Reaktorgebäude.

Der Reaktortyp Mark 1 wurde schon in den 1970er Jahren von Fachleuten wegen Konstruktionsmängeln des Containments heftig kritisiert. Eine Analyse der Nuclear Regulatory Commission kam 1985 zu dem Schluss, dass es im Falle einer Kernschmelze „ziemlich wahrscheinlich“ sei, dass das Containment binnen weniger Stunden wegen des enormen Überdrucks berste. Die Sicherheitsbehälter der Mark 1-Reaktoren mussten in der Folge – jedenfalls in den USA – mit einem Notfallventil nachgerüstet werden, um zu hohen Innendruck ablassen zu können. Weil die Oxidation von Zirkonium die Stäbe rasant weiter aufheizt, kann die Temperatur binnen weniger Minuten auf 1.900 °C steigen, den Schmelzpunkt von Zirkonium. Dies ist der Beginn der Kernschmelze.
Der Begriff „Kernschmelze“ ist ein unscharf und wird in verschiedenen Zusammenhängen unterschiedlich verwendet. Wissenschaftler der Abteilung Nukleartechnik am MIT haben in einem inzwischen viel zitierten Blog Posting darauf hingewiesen, dass der eigentliche Kernbrennstoff – das Uranoxid – in Form von keramischen Pellets vorliegt, die erst bei etwa 2800 Grad Celsius schmelzen. Verlässliche Angaben über die Temperatur in den Reaktorkernen liegen jedoch nicht vor. [3]

 

Quellen:

https://www.focus.de/panorama/welt/tsunami-in-japan/tid-21642/-live-ticker-japan-arbeiter-muessen-schutzraeume-des-akw-fukushima-aufsuchen_aid_607447.html

https://www.tagesschau.de/nachrichtenticker/

https://www.ftd.de/politik/international/:live-ticker-zur-katastrophe-in-japan-iaea-kritisiert-umgang-mit-reaktorunglueck/60028676.html#gmap-0-Fukushima%20Daiichi%20%28Reaktor%201%29

https://www.greenpeace.de/themen/atomkraft/nachrichten/artikel/erdbeben_in_japan_regierung_ruft_atomaren_notstand_aus/

https://www.heise.de/tr/artikel/Der-Alptraum-von-Fukushima-1207205.html

Süddeutsche am 21.03.2011


[1] https://www.seilnacht.com/Lexikon/92Uran.html

[2] https://www.seilnacht.com/Lexikon/92Uran.html#verw

[3] https://www.heise.de/tr/artikel/Der-Alptraum-von-Fukushima-1207205.html?artikelseite=2

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Update 17.3.2011, 21:00 Uhr

Zeitweise arbeiten noch 50 Menschen in den Anlagen von Fukushima I:  „Todeskandidaten“ wie die Liquidatoren in Tschernobyl. Die gewaltige radioaktive Strahlung, der sie dauerhaft ausgesetzt sind, ist trotz der Schutzanzüge so hoch, dass sie den Einsatz wohl alle nicht lange überleben werden.
Der hilflose Versuch mit „Wasserbomben“ die Reaktor-Containments und das Abklingbecken in Reaktor 4 kühlen zu wollen, ist zum Scheitern verurteilt und zeigt nur die Ausweglosigkeit. Die Hubschrauber können nach Angaben des Fernsehsenders NHK 7,5 Tonnen Wasser fassen. „Am wichtigsten ist jetzt, große Wassermengen auf die Reaktorblöcke 3 und 4 zu schütten, vor allem um die Kühlbecken zu füllen“, sagte Atombehörden-Sprecher Hidehiko Nishiyama. Zum Einen ist die Trefferquote sehr gering, das meiste Wasser zerstäubt in der Luft, zum andern ist die Temperatur so hoch, dass selbst das auftreffende Wasser sofort wieder erdampft, ohne wesentliche Kühlung zu bringen. Es ist m.E. nur eine Frage der Zeit, bis der Komplex aufgegeben wird und die Kernschmelzen vollständig außer Kontrolle geraten. Dann bleibt zu hoffen, dass der Wind dauerhaft in Richtung Pazifik weht, sonder wird die Katastrophe endgültig Tschernobyl in den Schatten stellen.
Nachgedacht über / gefordert wird mittlerweile die Evakuierung der Millionen-Stadt Sendai (ca. 40 km nördlich) und eine Ausweitung der Sperrzone auf 80 km Radius (derzeit 30 km). Damit wären 1.900.000 statt bisher ca. 300.000 Menschen betroffen. Die Evakuierung von Ausländern aus Sendai läuft bereits.

Neun AKWs könnten sofort abgeschaltet werden

(SZ) Die Bundesrepublik kann nach Berechnungen des Umweltbundesamtes problemlos auf neun Kernkraftwerke verzichten. „Dies ist ohne Einschränkungen der Versorgungssicherheit und ohne zusätzliche Stromimporte möglich“, sagte der Präsident des Umweltbundesamtes, Jochen Flasbarth, der Süddeutschen Zeitung. Neben den sieben ältesten Kernkraftwerken könne so auch jetzt schon das Kernkraftwerk Krümmel stillgelegt werde. [1]

 

USA misstrauen Japans Informationspolitik

(ZDF) US-Atombehörde entsendet eignen Spezialisten zur Beobachten und empfiehlt Evakuierung in einem 80-km Radius. Dies beträfe knapp 2 Millionen Menschen.[2] Die USA misstrauen offenbar zutiefst der japanischen Berichterstattung und halten dies für stark verharmlosend.

Bei der ARD liest sich das etwas harmloser dargestellt so:

17.03.2011 18:10 Uhr

US-Verteidigungsministerium schickt Spezialisten nach Japan

(ARD, TAZ) Das US-Verteidigungsministerium hat ein Spezialistenteam für den Kampf gegen die Atomkatastrophe nach Japan geschickt. Dem japanischen Militär würden neun Experten für biologische und nukleare Gefahren zur Seite gestellt, sagte Pentagon-Sprecher Lapan. Das US-Militär stellt bereits Tausende Soldaten und zahlreiche Schiffe sowie Fluggeräte für Hilfsmissionen zur Verfügung.

 

17.03.2011 18:44 Uhr

Hohe Strahlenwerte 30 Kilometer von Fukushima entfernt

(ARD) 30 Kilometer nordwestlich vom havarierten Kraftwerk Fukushima I entfernt ist offenbar eine hohe Strahlendosis gemessen worden. Der japanische öffentlich-rechtliche Fernsehsender NHK berichtet unter Berufung auf das japanische Wissenschaftsministerium, die Strahlenwerte betrügen 0,17 Millisievert pro Stunde. Personen, die dieser Strahlendosis sechs Stunden lang ausgesetzt sind, haben damit bereits die Jahresdosis aufgenommen.

 

17.03.2011 16:40 Uhr

Videos im Netz zeigen enorme Zerstörung in Fukushima I

(ARD) Mehrere Videos vom Überflug über das Atomkraftwerk Fukushima I zeigen das erschreckende Ausmaß der Zerstörung. Die Aufnahmen wurden von Bord eines Hubschraubers gemacht und von der Zeitung „Asahi Shinbun“ ins Netz gestellt. Zu sehen sind die völlig zerstörten Reaktoren der Atomanlage. Von den einst hellblauen Gebäuden sind nur noch Trümmer, verbogene Stahlträger und Steine zu sehen. An mehreren Stellen steigen Rauch und Dampf aus den Trümmern auf. Der Hubschrauber fliegt offenbar von Norden die Reihe der Kraftwerksblöcke entlang. Zuerst sind die unversehrten Meiler 5 und 6 zu sehen. Danach überfliegt der Hubschrauber die größtenteils völlig zerstörten Blöcke 1 bis 4. Die Aufnahmen stammen nach Angaben der Zeitung vom Mittwoch. Anbei die Homepage mit den Videos.[3] [mehr]

 

17.03.2011 15:24 Uhr

WikiLeaks: USA kritisierten japanischen Sicherheitschef der IAEA

(ARD) Eineinhalb Jahre vor der Atomkatastrophe ist der damalige japanische Sicherheitschef der IAEA laut der Enthüllungsplattform WikiLeaks wegen Führungsschwäche ins Visier der USA geraten. Dies berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Tomihiro Taniuchi sei vor allem mit Blick auf die Sicherheitsbestimmungen für japanische AKW ein schlechter Manager, hieß es in einer diplomatischen Depesche der USA von Juli 2009. Die IAEA äußerte sich nicht zu den Vorwürfen. Aus anderen Depeschen geht hervor, dass japanische Politiker im Gespräch mit US-Vertretern über die Vertuschung in Atomkraftwerken des Landes klagten.

 

17.03.2011 08:33 Uhr

Grafik: Wie könnte sich die Wolke ausbreiten?

(ARD) Wie könnte sich die Wolke mit radioaktiver Strahlung in den kommenden Tagen ausbreiten? Die US-Zeitung „New York Times“ zeigt dazu eine interaktive Grafik. Es handelt sich um eine Prognose, die von einer kontinuierlichen Strahlung in Fukushima ausgeht. [mehr]

 

17.03.2011 04:46 Uhr

Strahlung über AKW Fukushima: 4,13 Millisievert pro Stunde

(ARD) Die jüngst gemessene radioaktive Strahlung am havarierten Atomkraftwerk Fukushima beträgt nach Angaben des japanischen Verteidigungsministers Kitazawa 4,13 Millisievert pro Stunde. In Deutschland liegt der Grenzwert für zusätzliche radioaktive Strahlung bei 1 Millisievert pro Jahr.

 

16.03.2011 16:12 Uhr

China legt Atomprojekte nun doch auf Eis

(ARD) Die chinesische Regierung hat nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua alle geplanten Atomprojekte auf Eis gelegt. Noch am Montag hatte der Volkskongress den Bau von mehreren Kernkraftwerken beschlossen. Nun sollen zunächst die Sicherheitsbestimmungen überarbeitet werden.

(SZ) Noch am Montag hatte China beschlossen, bis 2015 neue Atomkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 40 Gigawatt zu bauen. Am Mittwoch warf Peking das Ruder herum: Die Regierung legte alle Atomprojekte auf Eis. … In China sind derzeit 13 Reaktoren mit 10,8 Gigawatt Leistung im Betrieb und 25 im Bau. (Anm.: In China waren – Stand 2008 – 11 Reaktoren in Betrieb, 16 in Bau und 35 weitere geplant)

 

AKW-Akzeptanz in den USA schwindet

(TAZ) Angesichts der nuklearen Katastrophe in Japan schwindet in der US-Bevölkerung einer Umfrage zufolge die Unterstützung für die Atomkraft. Rund 70 Prozent der Befragten der am Donnerstag veröffentlichten Erhebung für die Zeitung USA Today gaben an, sie sehen die Nutzung der Atomenergie mit Sorge. Vor zwei Wochen waren es noch 57 Prozent. Der Umfrage zufolge sind die US-Bürger mit 47 Prozent mehrheitlich gegen den Bau neuer Atomkraftwerke, 44 Prozent sprechen sich für den Ausbau der Atomenergie aus.[4]

 

Quellen (außer den genannten Referenzen):

ARD https://www.tagesschau.de/nachrichtenticker/

GP          https://www.greenpeace.de/themen/atomkraft/nachrichten/artikel/erdbeben_in_japan_regierung_ruft_atomaren_notstand_aus/

ZDF   https://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/17/0,3672,8223089,00.html?dr=1

TAZ   https://www.taz.de/1/zukunft/umwelt/artikel/1/liveticker-japan/

SZ     https://www.sueddeutsche.de/

Störfall Atomkraft, VAS Verlag


[1] https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/moratorium-widerstand-gegen-abschaltungen-atomkonzerne-auf-konfrontationskurs-zu-merkel-1.1073024

[2] ZDF Spezial, 17.3.2011, 19:25

[3] tagesschau.de/nachrichtenticker, 16:40 Uhr

[4] https://www.taz.de/1/zukunft/umwelt/artikel/1/liveticker-japan/

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Störfalle

Update 16.3.2011, 1:00 Uhr

Greenpeace meldet um 00.55 Uhr: „Die Brennstäbe in zwei Reaktoren des AKW Fukushima sind nach Angaben des Betreibers Tepco bereits erheblich beschädigt. In Reaktor 1 seien bereits rund 70 Prozent der Brennstäbe beschädigt, meldete die Nachrichtenagentur Kyodo am Mittwoch. In Reaktor 2 seien es etwa 33 Prozent.

Zweimal gab es am 15.3. einen Brand in Reaktor 4: Zudem ist es beim ersten Brand am Nachmittag MEZ offenkundig auch zu einer schweren Explosion gekommen. Dieser Reaktor war zum Zeitpunkt des Bebens NICHT IN BETRIEB! Die ARD berichtet, in diesem Block würden die alten Brennstäbe des gesamten Komplexes gelagert.

Offenkundig hat auch hier die Kühlung versagt, da die abklingenden Brennstäbe aber noch viel Hitze freisetzen, müssen sie dauerhaft gekühlt werden. Wenn es zu einem Brand gekommen ist, muss zuvor das gesamte Wasser verdampft und ein Teil der Stäbe geschmolzen sein, sonst ist da NICHTS ZUM BRENNEN!

Greenpeace: „Der brennende Reaktor sei derzeit nicht zu betreten, berichtete der der Fernsehsender NHK. Weiter hieß es, dass um 6 Uhr Ortszeit (22 Uhr deutscher Zeit) 60 Kilometer entfernt von dem Krisen-AKW eine radioaktive Strahlung gemessen worden sei, die 500 Mal über den normalen Werten liege. Ob diese Gefahr in direktem Zusammenhang mit dem neuen Feuer steht, war zunächst nicht bekannt.“

U.a. SWR3 meldet, dass auch in den ebenfalls beim Beben abgeschalteten Blöcken 5 und 6 jetzt Explosionen und eine mögliche Kernschmelze droht. Das bedeutet, dass auch hier die Kühlung vollkommen versagt hat.

Um 00:24 Uhr gibt die Japanische Regierung laut Nachrichtenagentur AFP bekannt, dass das Feuer in Reaktor 4 (zum 2. Mal??) unter Kontrolle sei …

Erwähnenswert ist der Kommentar des EU-Energiekommisars und Atom-Befürworters Oettinger: Laut ARD (18:30 Uhr) sieht er mit Blick auf die Ereignisse in Japan eine „Apokalypse“ … Praktisch alles sei außer Kontrolle geraten.

https://www.greenpeace.de/themen/atomkraft/nachrichten/artikel/erdbeben_in_japan_regierung_ruft_atomaren_notstand_aus/

https://www.tagesschau.de/nachrichtenticker/

SRW3 Rundfunk Nachrichten um 24:00 Uhr

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Störfälle

Update 15.3.2011, 0:45 Uhr

Kommt jetzt die MEGA-Katastrophe?

ZDF: Wieder Explosion in Akw Fukushima

Drohende Kernschmelze in drei Reaktoren

Am Reaktor 2 der japanischen Atomanlage Fukushima I hat sich eine Explosion ereignet. Zuvor hatte ein Regierungssprecher bekannt gegeben, dass ein Teil des Schutzmantels des Reaktors beschädigt worden sei. Es ist die dritte Explosion in einem Akw.
Nach Informationen von ZDF-Korrespondent Johannes Hano soll es sich nicht um eine weitere Wasserstoffexplosion handeln, sondern um eine Explosion, die möglicherweise zu einer größeren radioaktiven Verseuchung führen könnte. Im Unterschied zu den ersten beiden Explosionen am Samstag und Montag sei diesmal nicht nur das äußere Reaktorgebäude, sondern auch der innere Druckbehälter beschädigt worden.

NTV 00.05 Uhr+++ Explosion an Atomreaktor in Fukushima +++

Nach dem schweren Erdbeben und weiteren heftigen Nachbeben wächst die Angst vor einer atomaren Katastrophe in Japan. Das Kernkraftwerk Fukushima 1 ist stark beschädigt, einige Kühlsysteme sind ausgefallen. Die Behelfskühlung mit Meereswasser kann das nicht ausgleichen. Der Schutzmantel von Reaktor 2 ist offenbar brüchig, im Innern ist eine Explosion zu hören. In drei Reaktoren droht eine Kernschmelze. Die Zahl der Opfer steigt immer weiter. Hunderttausende sind obdachlos.

Dazu muss gesagt werden, dass der Reaktor 2 derjenige war, der im Moment als am kritischsten eingestuft wurde, die Brennstäbe waren mehrfach trocken, zuletzt war es nicht mehr gelungen Meerwasser zur Kühlung des Reaktors in das Containment zu pressen. Nach den ersten Meldung (ZDF u.a.) steht zu befürchten dass der Reaktor selbst bereits schwer beschädigt ist und das Containment ebenfalls zumindest teilweise zerstört wurde. Die Explosion wurde als „schwerer“ und „keine Wasserstoffexplosion wie bisher“ eingestuft.

Gleichzeitig hat der Wind gedreht und weht jetzt nach Süden Richtung Tokio. Falls sich die Aussagen bewahrheiten und Radioaktivität in großem Maß freigesetzt wurde, ist das die befürchtete MEGA-Katastrophe … Hoffen und beten wir …

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Hintergründe Störfälle

Japan: Klarstellungen und Hintergründe

1. „radioaktive Gefährdung“ Europas

Nachdem mehrfach in Erklärungen von einer „radioaktive Gefährdung“ Europas oder Deutschland durch die  Ereignisse in Japan berichtet oder davor gewarnt wurde, sei noch einmal deutlich klargestellt, dass DERZEIT dazu keinerlei Anlass besteht. Selbst die zu befürchtende Explosion eines oder mehrere Reaktor-Containements, die definitiv zu einer gewaltigen Freisetzung von Radioaktivität führen würde, hätte lediglich Auswirkung auf Japan selbst und je nach Windrichtung auf Ostasien, Ostrussland oder den nordpazifischen Raum bis ggf. zur US-Westküste.

Anders als in Tschernobyl ist mit hoher Wahrscheinlichkeit mit keinem langandauernden Brand mit extrem hohen Temperaturen zu rechnen, DIESER war die Ursache für die Eintragung der Radioaktivität in die Jetstreams in 10 – 15 km Höhe und erst DADURCH kam es zur großflächigen Verteilung über fast ganz Europa und halb Asien.

 

2. Sprachregelung „GAU“ bzw. Auslegungsstörfall:

Def. Wikipedia: Ein Auslegungsstörfall (engl. Design Basis Accident) eines Kernkraftwerks (AKW, KKW), nach der Definition des Bundesamts für Strahlenschutz auch als größter anzunehmender Unfall (GAU) bezeichnet, ist der größte Unfall, „für den die Sicherheitssysteme noch ausgelegt sein müssen. Die Sicherheitssysteme müssen in einem solchen Fall gewährleisten, dass die Strahlenbelastung außerhalb der Anlage die nach der Strahlenschutzverordnung geltenden Störfallgrenzwerte nicht überschreitet.“[1]

Es ist somit der größte Unfall, der bei der Planung einer kerntechnischen Anlage anzunehmen ist und dessen Beherrschbarkeit im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nachzuweisen ist. Grundlage sind technisch-physikalische Modelle für einen technisch beherrschbaren Störfall. Darüber hinaus gibt es Störfälle, die von solchen Modellen nicht erfasst werden und zum technisch nicht mehr beherrschbaren Super-GAU führen.

Der Begriff Auslegungsstörfall wird von staatlichen Stellen und Kraftwerksbetreibern der bekannteren Bezeichnung GAU vorgezogen. Er weist darauf hin, dass es sich um Störfälle handelt, die bereits durch Analysen in der Planungsphase berücksichtigt wurden und gegen die Kraftwerke redundant ausgelegt sind.

Nach dieser allgemein gültigen Definition ist sowohl in Fukushima in sieben Reaktoren (drei waren abgeschaltet!) als auch in Tokai in einem Reaktor und in Onagawa in einer unbekannten Anzahl der Reaktoren der GAU eingetreten. In Fukushima wurde der Auslegungsstörfall in bisher mindestens zwei (wahrscheinlich in drei) Reaktoren überschritten. Der allgemeine Sprachgebrauch dafür sieht die Bezeichnung „Super-Gau“ vor, genauer, es liegt ein nicht mehr beherrschbarer Auslegungsstörfall vor!

 

3. Kernschmelzen

Die Wasserstoffexplosionen (s. 5.) in bisher zwei Reaktorgebäuden sowie die mehrfach gemeldete Freisetzung von Cäsium zeigt eindeutig und unabstreitbar, dass Kernschmelzen zumindest in den beiden Reaktorblöcken 1 und 3 in Fukushima I eingesetzt haben. Das mehrfache Abstreiten durch Betreiber und japanische Regierungsstellen zeigt die Unzuverlässigkeit dieser Stellen, denen nicht zu glauben ist. Darüber, wie weit die Kernschmelzen fortgeschritten sind und ob in weiteren Reaktoren Kernschmelzen eingetreten sind, kann bei der derzeitigen Informationslage nur spekuliert werden.

 

4. Radioaktivitäts-Freisetzung

Da es bei den Reaktoren in Fukushima sich ausschließlich um Siedewasserreaktoren handelt, die NUR über einen einzigen Primärkreislauf verfügen, ist bereits allein durch Explosion der beiden Reaktorgebäude in großem Umfang Radioaktivität freigesetzt wurden.

 

5. Weitere Gefahren

In allen Reaktoren mit Kühlungsproblemen bzw. -ausfällen muss mit Explosionen des Reaktor-Containments gerechnet werden. Man muss sich vorstellen, dass im (hoffentlich noch intakten) Reaktorgefäß die Kühlung nicht mehr ausreichend – oder gar nicht – funktioniert, sich die Brennstäbe damit überhitzen und zu schmelzen beginnen. Sobald das Uran aus den Stahl-ummantelten Brennstäben austritt (Stahl schmilzt bei ca. 1.500 °C), fängt es an durch Reaktion mit Wasser oder Luftfeuchtigkeit/Dampf zu brennen/oxidieren. DABEI entsteht der Wasserstoff, der bisher 2 x zu den Explosionen geführt hat (s. Punkt 3.). Damit ist belegt, dass zumindest eine einsetzende Kernschmelze in diesen Fällen vorliegt.

Auch der Stahl selbst brennt bei hohen Temperaturen und produziert Wasserstoff. Entweder tritt durch die bei der ersten Explosion zerstörten Leitungen Radioaktivität aus, oder es baut sich hoher Druck auf. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: 1. Es gibt eine weitere Wasserstoff- (Knallgas-) Explosion, die das Reaktorcontainment zerstört oder 2. es gibt aufgrund des hohen Druckes (mehrere Hundert bar) eine Druckexplosion des Containments. Zudem droht ein Durchschmelzen der Beton-Bodenwanne des Containments (China-Syndrom).

 

Quellen:

https://www.tagesschau.de/nachrichtenticker/

https://de.wikipedia.org/wiki/Kerntechnische_Anlage

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Störfälle

Update 14.03.2011, 15:00 Uhr

(Kommentare Karl-W. Koch)

Die nachfolgende Liste wurde aus den genannten Quellen erstellt und auf Unstimmigkeiten abgeglichen, weitgehend überschneiden sich jedoch die Meldungen.

 

Stand ist der, dass die größten Probleme nach wie vor in Fukushima I auftreten, dort sind offenbar alle drei Reaktoren, die zum Zeitpunkt des Bebens in Betrieb warenl, „kritisch“, das heißt eine Kernschmelze läuft in allen drei! Eines Explosion eines oder mehrere Reaktor-Containments kann jederzeit eintreten. Näheres dazu in „Klarstellungen“

 

 

Quelle: (hauptsächlich Tagesschau, da diese am ausführlichsten sind und als erstes abgearbeitet wurden)

Tagesschau Nachrichtenticker = ts

Spiegel = Sp

 

ts 14.03.2011 14:20 Uhr

Behörden: Kernschmelze in drei Reaktoren droht

Im AKW Fukushima I droht nach Angaben japanischer Behörden eine Kernschmelze in insgesamt drei Reaktoren. Das sagte Regierungssprecher Edano laut Nachrichtenagentur Kyodo. Im Reaktorblock 2 könnte die Kernschmelze bereits begonnen haben, erklärte die Betreibergesellschaft Tepco. Die Radioaktivität um den Reaktor sei erhöht.

Die übliche Verharmlosung: Die Kernschmelzen laufen bereits seit längerem, s.a. „Klarstellungen“

 

ts 14.03.2011 14:12 Uhr

Japanische Experten: Geringere Belastung als bei Tschernobyl

Japanische Wissenschaftler gehen offenbar von einer weitaus geringeren radioaktiven Belastung aus als beim Unglück von Tschernobyl. Allenfalls sei mit einem Tausendstel der damals gemessenen Werte zu rechnen, berichtete ARD-Korrespondent Hetkämper in der Tagesschau unter Berufung auf japanische Experten.

 

ts 14.03.2011 13:29 Uhr

Offenbar teilweise Kernschmelze in Fukushima I

Eine teilweise Kernschmelze hat möglicherweise im Reaktor 2 des japanischen Kernkraftwerkes Fukushima I stattgefunden. Dies teilte die Betreiberfirma Tepco mit. Ein erster Versuch, den Reaktor mit Meerwasser zu kühlen, ist fehlgeschlagen.

ts 14.03.2011 12:57 Uhr

Techniker leiten Meerwasser in gefährdeten Reaktor ein

Neuer Versuch zur Kühlung des Reaktorblocks 2 im AKW Fukushima I: Techniker haben offenbar bereits 30 Zentimeter Meerwasser eingeleitet. Die Brennstäbe in dem Reaktor lagen zuvor nach Angaben der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo komplett trocken.

 

ts 14.03.2011 12:34 Uhr

Brennstäbe in Block 2 von Fukushima I komplett ohne Wasser

Die Brennstäbe im Block 2 des Kernkraftwerks Fukushima I sind nach Angaben von ARD-Korrespondent Hetkämper nicht mehr von Kühlwasser umgeben. Eine weitere Explosion sei wahrscheinlich.

 

sp +++ Schweiz verabschiedet sich von AKW-Plänen +++

[12.30 Uhr] Nach der verheerenden Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe in Japan hat die Schweizer Regierung am Montag alle Pläne für den Bau neuer Atomkraftwerke auf Eis gelegt. Die Leiterin des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation, Doris Leuthard, sagte am Montag, man werde zunächst sämtliche Sicherheitsstandards prüfen und gegebenenfalls anpassen.

 

ts 14.03.2011 12:07 Uhr

Probleme mit Brennstäben in Fukushima I

Beim Kühlversuch mit Meerwasser im Reaktor 2 des AKWs Fukushima I scheint es einen Rückschlag gegeben zu haben. Japanische Medien meldeten, der Wasserstand des Kühlwassers sei unter das Niveau der Brennstäbe gesunken. Zuvor war versucht worden, den Reaktor mit Meerwasser zu kühlen, um eine Kernschmelze zu verhindern.

 

ts 14.03.2011 11:57 Uhr

Reaktoren in Tokai II und Fukushima II heruntergekühlt

Der Betreiber des Atomkraftwerkes Tokai II, Japan Atomic Power, hat mitgeteilt, der Reaktor werde bis Morgen sicher heruntergekühlt werden können. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Jiji sind auch die Reaktoren Eins und Zwei des Atomkraftwerkes Fukushima II erfolgreich abgekühlt worden.

 

ts 14.03.2011 11:50 Uhr

Indien überprüft AKWs

Angesichts der Probleme in Japan überprüft Indien alle eigenen Reaktoren. Es solle geklärt werden, ob die Reaktoren Ereignissen wie einem Erdbeben oder einem Tsunami standhalten könnten. Indien verfügt über 20 Atomkraftwerke, die meisten davon stehen an der Küste.

 

sp +++ Putin hält an Russlands Atompolitik fest +++

[11.32 Uhr] Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin erklärte am Montag, sein Land werde auch nach der nuklearen Katastrophe in Japan an seine Atompolitik festhalten. Er sehe die Gefahr eines globalen Desasters nicht gegeben, sagte der Premier in der sibirischen Stadt Tomsk. Demnach sollen alle für die kommenden Dekaden geplanten Atomkraftwerke gebaut werden.

 

ts 14.03.2011 07:29 Uhr

Medien: Kühlfunktion in weiterem Fukushima-Reaktor ausgefallen

Im Reaktor 2 des AKW Fukushima I fällt nach Informationen der japanischen Nachrichtenagentur Jiji das Wasserniveau. Die Kühlfunktionen seien ausgefallen.

 

ts 14.03.2011 03:46 Uhr

Unklarheit über Schwere der Explosion in Fukushima 1

Trotz der erneuten Explosion im Atomkraftwerk Fukushima I ist nach Angaben der Regierung die Hülle um den betroffenen Reaktor offenbar intakt.

Das ist insofern Unsinn, da das Reaktorgebäude zerstört ist, also nur das Containment explodiert sein kann …

 

Quellen:

https://www.tagesschau.de/nachrichtenticker/

https://www.greenpeace.de/themen/atomkraft/nachrichten/artikel/erdbeben_in_japan_regierung_ruft_atomaren_notstand_aus/

https://www.spiegel.de/panorama/0,1518,750629,00.html

https://www.ftd.de/politik/international/:chronik-katastrophe-in-japan-die-ereignisse-des-wochenendes/60025051.html#gmap-0-AKW%20Fukushima%20Daiichi%20%28I%29

https://www.n-tv.de/Spezial/Kuehlsystem-in-AKW-Tokai-faellt-aus-article2810866.html

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Störfälle Störfalle

Hintergründe zu den Atomkatastrophen in Japan

1. Problem Siedewasserreaktoren

Die Tatsache, dass die betroffenen Reaktoren, zumindest in Fukushima, Siedewasserreaktoren sind, legt den Schluss nahe, dass bereits die Explosion des Reaktorgebäudes soviel Zerstörungen bewirkt hat, dass große Mengen an Radioaktivität freigesetzt wurden. Anders als bei einem Druckwasserreaktor muss das Reaktor-Containment selbst NICHT zerstört sein, um Radioaktivität freizusetzen:

Erl.: Siedewasserreaktoren

Man unterscheidet zwei unterschiedliche Bauarten der gebräuchlichen Atomreaktoren:

–       Siedewasserreaktoren

–       Druckwasserreaktoren.

Bei Druckwasserreaktoren wird das durch die atomare Kettenreaktion erhitzte Kühlwasser über einen Dampferzeuger geleitet. Der Dampferzeuger funktioniert im Prinzip wie ein Wärmetauscher: Das radioaktiv belastete Kühlwasser aus dem Reaktorkern gibt im Dampferzeuger seine Wärme über Wärmetauscherplatten an einen zweiten Wasserkreislauf ab. Der dort im zweiten Kreislauf erzeugte Dampf wird dann zur Turbine geleitet. So gelangt radioaktiv verseuchter Dampf nicht in die Turbine. Dieser Bautyp ist wegen der notwendigen zwei Wasser-Dampf-Kreisläufe aufwändiger beim Bau, aber weniger aufwändig beim Betrieb, da im Turbinenhaus keine Strahlung auftreten kann.

Bei Siedewasserreaktoren gibt es nur einen einzigen Wasser-Dampf-Kreislauf. Das durch die atomare Kettenreaktion erhitzte Kühlwasser verlässt als radioaktiv kontaminierter Dampf das Reaktordruckgefäß und treibt direkt die Turbine an. Die Dampfleitungen führen direkt durch den nicht-atomaren Teil. Das Turbinenhaus gehört durch die vom Dampf ausgehende Strahlung zum Kontrollbereich. Kontaminationen durch Undichtigkeiten erfordern in den nicht-atomaren Bereichen ständige Reinigungsarbeiten.[1]

 

2. Kernschmelze

Erl.:  Kernschmelze

Druckwasserreaktoren und Siedewasserreaktoren werden bei fehlendem Kühlwasser unterkritisch, das heißt, die Kettenreaktion/Energiegewinnung hört grundsätzlich auf. Allerdings findet eine Nachreaktion in den Stäben statt, dadurch wird weiter Wärme produziert. Dabei können die Brennstäbe so weit erhitzen, dass ihre Hüllrohre und auch der darin eingeschlossene Kernbrennstoff schmelzen und am Boden des Reaktorbehälters zusammenlaufen.

Sobald der Kernbrennstoff (z.B. Uran) freigesetzt ist, wird es besonders kritisch: Mit jeglichem Wasser, z.B. Luftfeuchtigkeit, Dampf etc. finden jetzt Rektionen statt, wie sie von der Schulchemie mit Kalium bekannt sind: Das hoch-reaktionsfähige Metall oxidiert (bindet den Sauerstoff)  und (der somit freigesetzte) Wasserstoff entsteht. DAS war z.B. der Wasserstoff, der in Fukushima 1 zur Explosion geführt hatte, also lief dort bereits eine Kernschmelze!

Das Not-Kühlen mit Meerwasser ist eine denkbar schlechte Lösung: Zum einen wird der Reaktor damit faktisch aufgegeben, da er soweit beschädigt wird (Korrosion), dass er nicht mehr verwendet werden kann. Andererseits wird dadurch der Spaltprozess (s.o.,) wieder in Gang gesetzt. Deshalb macht das nur Sinn, wenn dem Meerwasser Bor oder  ein anderes Material beigesetzt wird, mit dem Neutronen abgefangen werden können.

 

Falls das Reaktorcontainment bei einer Explosion zerstört wird oder die Auffangwanne unter dem Reaktorcontainment versagt, gelangen riesige Mengen Radioaktivität (und ggf. auch Plutonium) in die Luft oder ins Grundwasser.

 

3. Problem Plutonium

Mindestens ein Reaktor in Fukushima (Block 3) wird mit MOX-Brennelement betrieben, die Plutonium enthalten.

Aber auch im normalen Betrieb fällt Plutonium in großem Mengen an. Nach zwei Jahren Betriebszeit und zwei Jahren Lagerdauer enthalten die Uranbrennstäbe pro Tonne bis zu 10 kg Plutonium-Isotope, die sich abtrennen lassen. Die so gewonnenen Plutonium-Isotope sind durch Neutronenbeschuss wieder spaltbar, so dass eine Kettenreaktion ausgelöst wird. Wie bei der Kernspaltung beim Uran entsteht Energie.[2] Nach mehreren Meldungen sind die Brennstäbe in Fukushima Block 1 schon lange in betrieb und werden daher relativ hohe Anreicherung an Plutonium enthalten.  (s.a. Update 13.3.2011, 16:00 Uhr)

 

4. Einschätzung der freigesetzten Strahlungsmengen:

In Fukushima wurden lt. verschiedenen Meldungen von sog „Ortsdosisleistungsmessungen“ mit Werten über 1,2 mSv/h gesprochen. Über eine Woche wäre das bereits ca. 200 mSv.

Tabelle 9[3]:    Krankheitsbilder (akute Strahlenschäden) bei
Belastungen durch Strahlung

Schwellendosis 250 mSv u. a. Veränderungen im Blutbild
Subletale[4] Dosis 1.000 mSv Haarausfall, Appetitlosigkeit, Brechdurchfall
Mitteletale Dosis 4.000 mSv Bei Nichtbehandlung 50 Prozent Todesfälle
Letale Dosis 7.000 mSv Bei Nichtbehandlung 100 Prozent Todesfälle

(Quelle: Bayrisches Ministerium für Umweltfragen: Strahlenschutz, Radioaktivität und Gesundheit, München, 1986 / mSv = Millisievert)

Die mittlere Jahresdosis für “Jedermann“ beträgt rund zwei Millisievert.[5]

Schon geringste Strahlungsmengen können fruchtschädigend wirken, deshalb sind Schwangere besonders gefährdet.

Bei Menschen, die während ihres Arbeitslebens 20 mSv aufnahmen (im gesamten Arbeitsleben wären das 1.000 mSv) liegt die Krebsrate zwischen vier und fünf Prozent. Eine neuere Studie der WHO (= Weltgesundheitsorganisation) schätzt die Rate sogar auf zehn bis zwölf Prozent.[6]

„Bei den Körperspätschäden (Krebs und Leukämie) lässt sich eine kritische Dosisschwelle nicht so klar definieren wie bei den Frühschäden“, gesteht selbst das Bayrische Umweltministerium in einer Broschüre zu, die 1986 nach Tschernobyl – offenbar zum Zweck der „Entwarnung“ – herausgegeben wurde.[7]

Für Anlieger von AKW gibt zwei Möglichkeiten, Strahlung aufzunehmen: Durch Abluft und Abwasser sowohl im Störfall als auch im geringen Maßen im Normalbetrieb über die Haut oder durch die Aufnahme mit Nahrung, Trinkwasser oder Atemluft.[8]

 

5. Folgen für Deutschland:

Die Radioaktivität, wenn es zu größeren Freisetzungen kommen sollte, wird Deutschland nur sehr stark eingeschränkt erreichen. Grund ist, dass anderes als in Tschernobyl, KEIN langandauernder Brand mit extrem hohen Temperaturen zu befürchten ist. Nur durch diesen sind die radioaktiven Partikel in Tschernobyl so weit in die Atmosphäre aufgestiegen, dass sie über die Jetstreams transportiert werden konnten.  Zu erwarten ist eher ein Ereignis wie in Majak, wo die Radioaktivität lokal (was durchaus auch Tokio usw. einschließen kann, d.h. bis zu mehreren Hundert km je nach Windrichtung) runterkommt. Einzig eine Explosion eines Reaktorcontainments und ein lang anhaltender Metallbrand des Reaktors (z.B. der Stahl des Containments, Stahl ist bei sehr hohen Temperaturen brennbar!) könnte das ändern, unwahrscheinlich, aber auszuschließen ist überhaupt nichts!


[1] Störfall Atomkraft, S. 102 f

[2] https://www.seilnacht.com/Lexikon/94Pluton.html

[3] Störfall Atomkraft, S. 224

[4] „Letal“ bedeutet: tödlich, klingt aber sympathischer

[5] https://www.bfs.de/bfs/druck/broschueren/str_u_strschutz.pdf

[6] Phönix, 6.1.2010, 23:48: „Schwedens heile Atomwelt“

[7] Bayrisches Ministerium für Umweltfragen: Strahlenschutz, Radioaktivität und Gesundheit, München, 1986

[8] zitiert nach „Störfall Atomkraft“, S. 227