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Störfalle Termine

ABSAGE: atompolitisches Symposium

 

 

 

Liebe FreundInnen eines schnelleren Atomausstieges und atomkritische Grüne
leider müssen wir das am Sonntag geplante Treffen atomkritischer Grünen in Stuttgart absagen. Die Ursache dafür sind gleich zwei Gründe:
Zum Einen überschlagen sich im Moment Ereignisse und Termine bei uns allen. Daher gab es im Vorfeld schon einige Absagen von Interessierten und auch bei den VeranstalterInnen zieht sich die Termindruck-Schnur um den Hals immer enger
Zum zweiten liegen wohl auch deshalb relativ wenige konkrete Anmeldungen vor (wobei wir ja nicht um Anmeldung gebeten hatten, aber die geringe Zahl der konkreten Anmeldungen zeigt u.E. dass auch andere derzeit Terminprobleme haben …)
Wir schlagen einen erneuten Anlauf im Frühjahr (wahrscheinlich wiederum in Stuttgart) vor und werden bis dahin versuchen, die Arbeit über einen Mailverteiler anzuschieben und zu koordinieren. Wenn Ihr in diesen Verteiler aufgenommen werden und mitarbeiten wollt, bitte eine kurze Mail mit dem Betreff „Atom-Verteiler“ an kwkoch@gmx.de.

im Namen der VeranstalterInnen

Karl-W. Koch

 

 

Wer:    Grüne für einen schnelleren Atomausstieg

Wo:     Stuttgart Kulturzentrum MERLIN e.V.

Augustenstraße 72
70178 Stuttgart (West)
Tel: 0711/ 61 85 49
Fax: 0711/ 615 76 76
Mail: info(at)merlin-kultur.de
Internet: www.merlinstuttgart.de
[https://www.merlinstuttgart.de/]

 

Wann: Sonntag, 13. November 2011, 11:00 bis 17:00 Uhr

Wir kämpfen weiter für einen schnellen Atomausstieg!

Liebe ParteifreundInnen, liebe AtomkraftgegnerInnen bei den Grünen,

am 25.6.2011 haben die Delegierten auf der Sonder-Bundesdelegiertenkonferenz mehrheitlich den Leitantrag des Bundesvorstands angenommen, der die Grüne Bundestagsfraktion dazu legitimierte, der Merkelschen Atomgesetz-Novelle zuzustimmen.

Mit dieser, ohne jegliche Not aus der Opposition heraus erteilten, Zustimmung zur Atomgesetznovelle von Merkel und Co, wurde zum zweiten Mal nach 2001 den Bruch mit der Anti-Atom-Bewegung vollzogen.

Wir kämpfen weiter gegen ein geplantes Atommüll-Endlager Gorleben!
Die faktische Zustimmung, dass Gorleben „im ‚ergebnisoffenen’ Endlager-Suchverfahren verbleibt“, schadet dabei dem Wendland sogar mehr als 2001.

Daran ändert auch die Aussage nichts: „BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden daher alles daran setzen, innerhalb einer Legislaturperiode die Aufgabe des Endlagerstandortes zu erreichen. Die Bundesregierung muss jetzt einen Baustopp in Gorleben aussprechen. Und sie muss ein ergebnisoffenes, bundesweit vergleichendes Endlagersuchverfahren auf den Weg bringen. Im AtG muss die im letzten Herbst eingefügte Enteignungsklausel, die auf einen schnellen Ausbau in Gorleben abzielt, wieder gestrichen werden.“ (Zitat aus dem BDK-Beschluss).

Durch die in Gorleben rechtswidrig verbauten Milliarden ist wohl klar, dass hier nichts mehr „ergebnisoffen“ ist. Nach der vorauseilenden Zusage zu Merkels AtG Novelle kann nun hier parlamentarisch nichts mehr bewegt werden! Damit ist die Tür zu grünen Verhandlungen über Gorleben erst einmal zugeschlagen.

Wir kämpfen weiter für einen schnelleren Ausstieg!
Die AtG-Novelle garantiert den Weiterbetrieb der deutschen Atomkraftwerke bis zum Jahr 2022 und stärkt die zentralistische Struktur der deutschen Energiewirtschaft. Selbst ein Siedewasserreaktor vom Typ Fukushima in Gundremmingen läuft hiernach weitere acht Jahre.

Gegen Terrorangriffe und Flugzeugabstürze, die bei allen deutschen AKW zu größten Katastrophen inkl. Kernschmelzen und Freisetzungen größter Mengen an Radioaktivität führen, werden weiterhin unter der Schwarzgelben Regierung keine wirkungsvollen Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Der einfache Grund: Es gibt keine bezahl- und machbaren Schutzmaßnahmen.

 

Trotz des zeitgleich verabschiedeten BDK-Beschlusses zur Sicherheit, ist es absolut fraglich, ob sich unter einer grünen Regierungsbeteiligung nach der jetzigen Bestätigung des Status Quo durch die Zustimmung zur AtG-Novelle etwas ändern wird.

Im schlimmsten Fall ist die AtG-Novelle zum Scheitern verurteilt und könnte einen Rückfall in die alte „Merkel/Westerwelle“-Laufzeitverlängerung bedeuten. Ein rechtliches Scheitern der Novelle vor Gericht würde dann auch den Grünen angelastet werden können. Dies Alles ist „kein Wert an sich“, wie es doch tatsächlich im beschlossenen Antrag des Bundesvorstands A-01 heißt, dies ist eine unverantwortliche Gefährdung von Gesundheit, Menschenleben und Eigentum der BürgerInnen Deutschlands und der angrenzenden Nachbarländer! Auch berauben wir uns damit der großen Chance, durch „Vormachen“ den Atomausstieg in den Nachbarländern wie Belgien, Tschechien und Frankreich zu beschleunigen.

Als Teil der Anti-AKW-Bewegung sind wir Mitglied bei den Grünen geworden, mit dem klaren Ziel, den Atomausstieg parlamentarisch durchzusetzen.

Wir führen 2013 den „Atom-Ausstiegswahlkampf“
Wir werden für einen deutlich schnelleren Ausstieg kämpfen und sehen der BDK zum Bundestagswahlprogramm zuversichtlich entgegen. Im BDK-Beschluss vom 25.6.2011 steht „Im Falle einer GRÜNEN Regierungsbeteiligung werden wir die Rahmenbedingungen so ändern, dass das letzte AKW noch deutlich vor 2022 abgeschaltet wird.“ DAMIT werden wir in den nächsten Bundestagswahlkampf gehen und die große Mehrheit der Bevölkerung auf unsere Seite bringen, die sich einen deutlichen schnelleren Ausstieg wünschen.

Als fester Bestandteil  der Anti-AKW-Bewegung  werden wir gegen Merkel, gegen den Ausstieg 2022, gegen Gorlebens „Ergebnisoffenheit“ kämpfen.

Wir werden antreten in Gorleben, in Neckarwestheim, in Gundremmingen und bei allen anderen Demos, Castorprotesten und Blockaden fest an der Seite der Anti-AKW-Bewegung stehen, mit grünen Inhalten, grünen Fahnen, grünen T-Shirts und mit der Aussage:

Jeder weitere Tag Atomkraft ist ein Tag zuviel!

Dafür brauchen wir EUCH, und gerade alle die, die jetzt bei dieser BDK gegen den BuVo-Antrag gestimmt haben! Bei der Wahlprogrammerstellung – für einen schnelleren Ausstieg möchten wir – MIT EURER Hilfe – die Mehrheit stellen. Dafür kämpfen wir!

Daher laden wir euch aufs herzlichste zu dieser Veranstaltung ein, um mit uns gemeinsam auf wissenschaftlich fundierter Grundlage, mehr als deutlich zu machen, dass der Atomausstieg deutlich vor 2022 zur Realität werden kann.

UnterzeichnerInnen:

Karl-W. Koch, Hillesheim

Elmar Diez, Hanau

Anna Seliger, München

Wolfgang Wettach, Tübingen

Claudia Laux, Bad Breisig

Simon Lissner, Steeden

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Entsorgung

Gorleben: Strahlungswerte sinken

Gorleben: „Abenteuerliche“ Messungen machen den Weg frei für den nächsten Castortransport – https://www.contratom.de/2011/09/26/gorleben-neue-messungen-zeigen-keine-erhohte-strahlung-castor-kann-kommen/

www.contratom.de

Die Strahlenwerte am Atommüllzwischenlager in Gorleben liegen nach jüngsten Messungen nicht in einem kritischen Bereich. Das haben Messungen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) ergeben. Das Zwischenlager strahlt “nur” mit einer Gesamtstrahlungswert von 0,212 Millisievert (mSv) pro Jahr …
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Hintergründe

„Operation Atomausstieg“

Michael Wilk (AKU Wiesbaden):

Weder zufrieden noch befriedet!

Gingen nach der Aufkündigung des faulen „Rot/Grünen Atomprogramms“ durch die CDU/FDP-Regierung zehntausende auf die Straße, so potenzierte sich die Menge derjenigen, die nicht mehr Willens waren, sich klaglos den Gefahren der Atomtechnologie auszusetzen, nach Fukushima um ein Vielfaches. Die Stilllegung von acht Reaktoren und die Wende der Bundesregierung in Sachen Atompolitik waren zweifellos eine Reaktion auf die breiten Proteste.

 

Der „Eingriff …“

Der „Ausstiegsbeschluss“ der  Bundesregierung, gestützt von SPD und versehen mit dem politischen Ökosiegel der Grünen, wurde der Öffentlichkeit als radikaler Eingriff in Sachen atomarer Stromerzeugung verkauft – als Operation am „offenen Herzen der deutschen Energiepolitik“, bei der selbst mächtige Energiekonzerne „massive Einschnitte“ erdulden müssten.

Der Eingriff war vorerst erfolgreich im Sinne der Operateure: Einige der sklerotischsten und anfälligsten Anteile der atomaren Zirkulation wurden entfernt, Bypässe verlängerten dagegen Laufzeiten der verbliebenen Struktur, systemverjüngende Anteile wurden implantiert, der „Patient Energieversorgung“ würde nach dem Eingriff „biogaspalmölökobeschleunigt“ ins kapitalistische Leben entlassen. Ganz nebenbei erfolgte eine der wichtigsten Maßnahmen: Die Narkose der unruhigen Öffentlichkeit …

 

Waren Hunderttausende nach Fukushima auf die Straße gegangen, so blieben hunderttausende nach dem „Ausstiegsbeschluss“ der Politik zu Hause …

Zweifellos ist die Abschaltung von acht AKWs ein Teilerfolg. Es ist davon auszugehen, dass ohne den erzeugten Druck, (wie z. B. in Frankreich) nichts passiert wäre. Die Stilllegung der BRD-Reaktoren wird nicht von ungefähr im Ausland je nach Standpunkt als erhebliche Irritation oder als Ansporn wahrgenommen. Auch im Inland beginnen einzelne Großkonzerne (Siemens) sich aus dem nach Fukushima in Misskredit geratenen Atomgeschäft zu lösen. Aber hier ist auch schon Schluss mit lustig.

Die Ergebnisse des „Pseudo-Ausstiegs“ müssen in ihrer Wirkung als hochambivalent gewertet werden.

Gemessen am Gesamtvolumen des deutschen (geschweige denn des internationalen) Anteils am Gefährdungspotenzial durch atomare Anlagen ist die Stilllegung von acht Alt-/Pannenmeilern zwar ein Risiko reduzierender Schritt, aber angesichts der verbliebenen Größen an weiterbetriebenen Anlagen und der unlösbaren „End“-Lagerproblematik alles andere als ein zufriedenstellendes Konzept. Neun weiterbetriebene Reaktoren, die sechs leistungsstärksten (8600 Megawatt) bis 2021, bieten nicht nur ein weiterbestehendes strahlendes Hochrisiko, sondern unter dem Aspekt dreier Bundestagswahlen auch die Möglichkeit einer weiteren politischen Kehrtwende. Abgesehen von der Tatsache, dass auch abgeschaltete Reaktoren über Jahrzehnte gefährliche und sensible Anlagen bleiben, fallen mindestens 11 weitere Jahre Unmengen an Atommüll an. Der ungeeignete Salzstock in Gorleben soll weiter „Endlager“-geeignet erkundet werden. Natürlich ist beabsichtigt die Urananreicherungsanlage Gronau weiter zu betreiben, ebenso wie die geplante Erweiterung von Kernforschung und Atomtechnologieexport, inklusive der polit-ökonomischen Absicherung durch Hermesbürgschaften der Regierung (AKW Angra III Brasilien).

Die mit der Abschaltung der 8 AKWs einhergehende, vorübergehende Reduzierung des „Cashflows“ wurde auf Seiten der Energiekonzerne weitgehend widerstandslos in Kauf genommen (bis auf die Androhung von Massenentlassungen durch E.ON), wurde doch ihre deutliche Vormachtstellung in Sachen Energieerzeugung grundsätzlich nicht angetastet. Im Gegenteil, die Förderungserhöhung für milliardenteuere Offshore-Windparks stärkt die Position der großen Vier (E.ON, RWE, EnBeW, Vattenfall) gegenüber dezentraler und kommunaler Stromproduktion. Die an das „Ausstiegsgesetz“ gekoppelte Weichenstellung in Richtung erneuerbare Energie verschafft nicht nur energiepolitisch, sondern gesamtökonomisch strukturelle Vorteile gegenüber der Konkurrenz.

Das erklärte Ziel aller politischen Entscheidungsträger, ökologische Prämissen zu integrieren und damit das Wirtschaftsystem aufzupeppen ohne alte ökonomische Machtstrukturen anzutasten, konnte in beispielhafter Weise forciert werden.

Der „Pseudo“-Ausstieg entpuppt sich so nicht nur als verantwortungslos und unzureichend bezüglich des Weiterbetriebs atomarer Anlagen, sondern als Modernisierungs- und Beschleunigungsinstrument im Sinne einer gewollten Ökologisierung kapitalistischer Energiepolitik. Vorerst gelang es der Mehrheit des deutschen Bundestags, die nunmehr unter ökologischeren Gesichtspunkten erzeugten Profitmargen der Zukunft sicherzustellen, trotzdem für Jahrzehnte alte Dreckschleudern konventioneller Kraftwerke profitabel zu halten und gleichzeitig die Option auf Atomstrom zu prolongieren.

Die Beschlüsse der CDU/FDP-Regierung erfolgten mit aktiver Unterstützung durch die SPD und erhielten durch die Zustimmung der Grünen das ökologische Gütesiegel, das ganz wesentlich dazu beiträgt, den Konflikt um die Atomenergie gegenüber der breiten Öffentlichkeit als „nunmehr gelöst“ darzustellen.

Die wesentliche Absicht, den breiten und sich (zumindest partiell) radikalisierenden Protest zu befrieden, ist vorerst gelungen.

Die herrschaftssichernde Strategie gegenüber der sich verbreitenden und vielfältig agierenden Bewegung erfolgte nach erprobtem und bewährtem Muster: Neben der im Hintergrund weiter betriebenen Kriminalisierung des aktiven militanten Teils der Anti-AKW Bewegung griff nach Fukushima vor allem eine Befriedungskonzeption, die sich durch medial vermittelte und inszenierte Betroffenheit der politischen Kaste, einer folgenden grandiosen politischen Kehrtwende und eben letztlich durch Teilstilllegungen und Entgegenkommen auszeichnete. Das Ziel der Restabilisierung einer durch Vertrauensschwund partiell angekratzten Staatsführung wurde zum Preis eines Moratoriums und der bekannten Abschaltungen erreicht. Im gleichen Zug wurde „Erneuerbare Energie“ gegenüber der Öffentlichkeit fast zur Staatsräson erklärt. Die Umsetzung dieser vertrauensbildenden Maßnahme knüpfte an einen schon vor nunmehr Jahrzehnten erfolgreich begonnen und forcierten Prozess an, der eine partiell gesellschaftskritische „alternative“ ökologische Bewegung integrierte und zu dem wesentlichen Bestandteil eines „verbesserten-moralisch-ökologischen“ kapitalistischen Funktionierens werden ließ.

Das kapitalistische System erweist sich einmal mehr als geschmeidig und flexibel: Die Reintegration und Aufwertung abweichender und politisch oppositioneller Teile ist altbewährt und allemal konfliktärmer als Kriminalisierung und polizeiliche Zerschlagung Unbeugsamer. Was nicht heißt, dass diese Elemente nicht zum Einsatz kämen – Gorleben steht vor der Tür.

 

Wem es denn reicht, der ist zufrieden…

Wem es denn reicht, der ist befriedet…

Die Stilllegung von acht AKWs ist positiv, denn jedes stillgelegte AKW ist zwar weit entfernt davon harmlos zu sein, aber dennoch besser als ein weiterlaufendes. So simpel, so gut.

Dennoch greift diese einfache Betrachtungsweise zu kurz. Wer meint, einfach so weiter machen zu können, täuscht sich.

Unter emanzipativen Aspekten bewertet, wurde die Anti-AKW Bewegung durch die Ausstiegsbeschlüsse erneut zurückgeworfen.

Oder besser: Sie hat sich zurückwerfen lassen.

Bekanntermaßen gehören zu Macht und Herrschaft immer zwei – derjenige, der sie ausübt, und derjenige, der sie sich gefallen lässt.

Die Öffentlichkeit, in ihrer Trägheit durch Fukushima irritiert und beunruhigt, war zu einem kleinen Teil bereit gewesen auf die Straße zu gehen und diejenigen zu unterstützen, die zuvor schon gegen den radikalen, atomfreundlichen Kurs der Regierung mobilisiert hatten. Hunderttausende wurden aktiv. Unterschiedliche Aktionsformen, Einzelaktionen und Massenproteste bestimmten über Monate das Straßenbild als auch mediale Präsenz.

Der „Ausstiegsbeschluss im nationalen Konsens“ (ak563) zeitigte trotzdem sofortige Wirkung.

Die mediale Verarbeitung der Ereignisse etablierte trotz havariertem und weiter strahlendem Fukushima nach der Ausstiegsverkündigung sofort die Illusion einer „nationalen Lösung zu aller Zufriedenheit“. Ungeachtet des Weiterbetriebs deutscher und weltweit vorhandener atomarer Anlagen, der täglichen Verseuchung vom Uranbergbau bis zur unklärbaren Lagerungsfrage, sowie der militärischen Verzahnung, setzte die Befriedung ein.

Binnen kürzester Zeit reduzierte sich die Menge der Teilnehmenden. Schon am 28. Mai nahmen weitaus weniger Menschen an den bundesweiten Demonstrationen teil, „grüne“ Fahnen waren schlagartig, wenn nicht ganz verschwunden, so doch fast nicht mehr zu sehen. Die Blockade-Aktion Brockdorf wurde mehr schlecht als recht durchgeführt, die Blockade von Neckarwestheim II wurde abgesagt.

Die Anti-AKW-Bewegung hat erheblich an Mobilisierungsfähigkeit eingebüßt. Und ihre Mobilisierungsfähigkeit in künftigen Kampagnen wird aller Voraussicht nach in der öffentlichen Wahrnehmung an den Massenmobilisierungen direkt nach Fukushima gemessen werden.

Ökologische Fragen, selbst substantiell lebensbedrohliche wie die Atomenergie, sind für die Masse der Bevölkerung gesellschaftliche Einzelphänomene, die nicht zwingend an der Richtigkeit des Gesamtsystems zweifeln lassen. Bestenfalls – im emanzipativen Sinne – entstehen Sprünge an der Oberfläche eines weitgehend ungebrochen empfundenen Bürger/Staat-Verhältnisses. Der Staat wird weitaus eher als Versorgungsinstitution und Garant von Sicherheit und Ordnung mehrheitlich positiv wahrgenommen, auch wenn die „Sicherheit“ in Sachen AKW nur auf Profitabilität bezogen werden kann und „Ordnung“ in Sachen Atommüll als blanker Hohn empfunden werden muss.

Mediale Desinformation, die allzu bereitwillige Einnahme politischer Beruhigungsmittel und der ausgeprägte Drang zur Normalität ungestörten Konsums zurückkehren zu wollen, sind bekannte Phänomene gesellschaftlicher Regulation. Die bekannte Bräsigkeit in den Herzen und Hirnen unserer MitbürgerInnen (und auch von uns) ist bestimmendes (a)soziales Element und wesentlicher Bremsklotz einer jeden sozialen Bewegung.

Ein weiterer hochwirksamer Faktor in der Entsorgung politisch unliebsamer Strömungen stellt das Verhältnis zwischen sozialer Bewegung und Parteien dar. Einmal mehr brillierten die Grünen in der aktuellen Auseinandersetzung in ihrer Paraderolle der „Spaltung und Reabsorbtion“ gegenüber der Anti-Atom Bewegung. Obwohl spätestens seit dem faulen Ausstiegskompromiss unter Rot/Grün von 2001 dem/der naivsten und gutgläubigsten AKW-GegnerIn klar sein müsste, mit welcher Skrupellosigkeit grüne Spitzenpolitiker bereit sind, im entscheidenden Augenblick mit Atombetreibern und ihren Lobbyisten zu kooperieren, gelang es der Partei, sich nach außen erneut den Nimbus astreiner Atomkraftgegnerschaft zu verleihen. Entstanden aus der außerparlamentarischen Öko-Bewegung, ist die Geschichte der Grünen nicht nur das mustergültige Beispiel des parlamentarisch-politischen Opportunismus. Sie erfüllen zudem eine für das Gesamtsystem wichtige Filter- und Schleusenfunktion in Bezug auf soziale Bewegungen. Im Prozess der Partizipierung an der Macht werden verwertbare systemkritische Ansätze aufgegriffen und integriert. Herrschaftsstrukturen dauerhaft in Frage stellende, emanzipativ „zu weit gehende“ Anteile werden diskriminiert und abgespalten. Auf „diesen“ Rest der Bewegung können die Grünen dann im Zweifel „gut verzichten“. Entsprechend klar beantwortete Claudia Roth die Frage nach dem Verhältnis zum kritischen Anteil der Anti-Atom Bewegung nach der Zustimmung zum „Ausstiegsgesetz“.

Auch wenn für Aktive aus sozialen Bewegungen die grünen Chef-Politiker dauerhaft zum politischen Brechmittel avancieren, so gelingt es diesen doch, sich medial gepuscht zum öffentlichen Lordsiegelbewahrer der ökologischen Idee aufzuspielen, um dann, im Moment parlamentarischer Verwurstung außerparlamentarischen Drucks, Inhalte zu verbiegen, zu kastrieren oder ins Gegenteil zu verkehren. Wie bei der Forcierung von und Zustimmung zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr durch die, als parlamentarischen Arm der Friedensbewegung wahrgenommenen, Bündnisgrünen.

 

Nur der Druck der Straße ändert die gesellschaftlichen Verhältnisse ….

Die Kollaboration der Grünen im Moment der parlamentarischen Zustimmung ist jedoch nur Detail im Dilemma. Weit davon entfernt, auch nur an Einzelpunkten die echte Machtfrage stellen zu können, ist jede soziale Bewegung bis auf Weiteres davon abhängig, wieweit es ihr gelingt, die politischen Entscheidungsträger zu Entscheidungen zu bewegen, zu nötigen und im Einzelfall zwingen zu können.

Hier stellt sich die Frage, worum es in der Anti-AKW Bewegung geht. Wieweit werden von der in sich völlig uneinheitlichen Bewegung die Ziele gesteckt? Ist die Strategie in wenigstens groben Zügen auf einander abzustimmen?

 

Wir erinnern uns: Die vor und auch nach Fukushima zum Teil erbittert geführten Diskussion über die Notwendigkeit der Parole „Sofortige Stilllegung aller Atomanlagen“ gewinnt nach dem „Ausstiegsbeschluss“ eine besondere Bedeutung. Beileibe keine Phrase, stellt sie in aller Einfachheit und Klarheit den Kern unserer Anliegen dar.

Alle, die nach der parlamentarischen Abstimmung verwundert über das „Energiekonzern-adaptierte“ Ergebnis erstaunt waren, dürfen sich fragen, ob nicht die wachsweiche Forderung nach „Ausstieg aus dem Atomprogramm“ in ihrer Unklarheit genau diesem Ergebnis Vorschub leistete. Das Setzen auf Breite der Bündnispartner ist ein sinnvolles Unterfangen – nicht jedoch zum Preis der Aufgabe inhaltlicher Klarheit. Das vorläufige Ergebnis der gesellschaftlichen Auseinandersetzung wird, je nach Standpunkt des Betrachters, unterschiedlich interpretiert. Diejenigen, die meinen, die gefährlichsten Altmeiler abzuschalten sei genug, können unter Ausblendung aller Realität zufrieden sein. Andere, die meinen, nicht auf Bündnispartner in Parteien, Gewerkschaften usw. verzichten zu können, müssen zur Kenntnis nehmen, dass mangelnde Abgrenzung und inhaltliche Unklarheit die Garantie dafür sind, als Spielball parteilicher Machtinteressen funktionalisiert zu werden.

Es war in diesem Sinne völlig richtig, Parteien die Bühnen zu verweigern, die Kontrolle der Kampagnen nicht aus der Hand zu geben und soweit als irgend möglich gegenüber den Medien unsere Forderungen so klar zu formulieren, dass die Möglichkeit politischer Verdrehung und Funktionalisierung zumindest erschwert wurde. Es war zudem wichtig, auch auf der Ebene der Aktionsformen die Normen staatlicher Legalität zu überschreiten. Die Umsetzung selbstbewussten, menschlich-verantwortlichen Denkens findet nicht nur inhaltlich ihren Ausdruck, sondern ebenso ihre Entsprechung im Handeln.

 

Die Anti-AKW Bewegung ist uneinheitlich, aber auch vielfältig im besten Sinne.

Bei aller Unterschiedlichkeit sollte die Forderung nach „Endgültiger, sofortiger Stilllegung aller atomaren Anlagen“ der gemeinsame Nenner sein und bleiben. Wesentliche gemeinsame Prämissen bestanden zumindest im Bemühen um gegenseitige Toleranz der unterschiedlichen Strategien, soweit sich diese nicht klar kontraproduktiv niederschlugen.

Die Auseinandersetzung, worum es geht, wird weiter geführt werden.

Geht es „nur“ um die schnellstmögliche Beendigung einer hochgefährlichen Technologie oder geht es ebenso um die Infragestellung gesellschaftlicher Machtstrukturen? Stellt sich schon Zufriedenheit ein auf dem Weg der Umweltverträglichkeit ein kleines Stück weiter gekommen zu sein? Oder geht es um mehr? Ist es wirklich besser, wenn der deutsche Panzer am Hindukusch oder sonst wo die Macht- und Kapitalinteressen verteidigt und dabei Biosprit benutzt? Ist es egal, ob die Energiesparlampe in Fernost durch Billigarbeiter unter übelsten Bedingungen produziert wird? Wohl kaum. Es geht eben nicht um die ökologische Befriedigung einer reinen eurozentristische Fettaugen-auf-derSuppe-Mentalität. Es geht um die Verfügungsgewalt, um Produktionsbedingungen und um menschenverachtende Herrschaftsbedingungen. In diesem Sinne geht es nicht nur um Öko-Kosmetik, sondern um eine politische Ökologie im besten emanzipativen Sinne.

Michael Wilk  18.9.2011        www.aku-wiesbaden.de (Kontakt: dr.m.wilk@gmx.de)

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Störfälle

Update 11.08.2011, 01:00 (und zurückliegende Tage ….)

Evakuierungszone 30 km um Fukushima soll aufgehoben werden

+ 07.08.2011 + GLOBAL 2000 warnt: Aus wirtschaftlichen Überlegungen werden Strahlungsrisiken verharmlost und Kinder zu Versuchskaninchen.

Vor fast genau fünf Monaten kam es im japanischen Atomkraftwerk Fukushima nach einem zerstörerischen Tsunami zu drei Kernschmelzen, es traten massive Mengen an radioaktiven Stoffen in die Umgebung aus. Letzte Woche veröffentlichte der Betreiber TEPCO Dosiswerte von 10 000 mSv pro Stunde zwischen Reaktor 1 und 2, was der Jahresdosis für einen Menschen in Westeuropa pro Sekunde entspricht

Die Bevölkerung im Umkreis von 20 km um die Atom-Wracks wurde evakuiert, die Bevölkerung im 30-km-Radius gewarnt, sich auf eine Evakuierung vorzubereiten, insbesondere Schwangere und Kleinkinder sollten sich in geschlossenen Räumen aufhalten – seit fünf Monaten.

Nun will die japanische Regierung die Evakuierungsvorgabe per Ende August aufheben: „Die betroffene Zone soll als bewohnbar erklärt werden. Diese Ankündigung kommt nur drei Tage nach Veröffentlichung der gemessenen Rekordwerte. Hier stehen eindeutig wirtschaftliche Interessen über dem öffentlichen Auftrag des Schutzes von Menschenleben“, zeigt sich Dr. Reinhard Uhrig, Atomexperte von GLOBAL 2000, entsetzt: „Besonders die Kinder der Gegend macht dies zu Versuchskaninchen – und alles nur, weil TEPCO schlicht kein Geld für Entschädigungszahlungen hat.“

In der Ortschaft Namie 24 km entfernt von den Atom-Wracks liegen die Strahlenwerte bei 30 Mikrosievert pro Stunde – nach 3,5 Stunden entspricht dies in etwa einem Lungenröntgen für alle Personen, die sich in der Stadt aufhalten, oder 7 Lungenröntgen pro Tag. Dennoch wurde die Stadt erst verspätet evakuiert.

„Bei medizinischen Röntgen werden alle Schutzmaßnahmen getroffen, um die Strahlenbelastung für den Körper möglichst gering zu halten . Bei Verstrahlung ganzer Landstriche geht es plötzlich viel pragmatischer zu“, betont Uhrig. Obendrein kam es nicht nur innerhalb von 30 km rund um das Atomkraftwerk zu massiven Verstrahlungen: In Iitate 34 km entfernt von den Fukushima-Reaktoren liegt der Wert z. B. noch bei 12 Mikrosievert – alle acht Stunden ein Lungenröntgen oder drei pro Tag.

 

45 Prozent der Kinder mit radioaktivem Jod belastet

Es gibt erschreckende Parallelen zu Tschernobyl, auch dort wurde die Bevölkerung unnötig kontaminiert. Die Grenzwerte für die Gabe von Jodtabletten in Japan wurden auf 100 mSv Strahlendosis angesetzt (die WHO empfiehlt 50 mSv für Erwachsene, 10 mSv für Kinder) – nur die Evakuierten in der 20 km-Zone haben Jodtabletten erhalten, eine Jod-Gabe in einem viel größeren Radius von mindestens 150 km wäre jedoch nötig gewesen: 45 Prozent von über 1000 untersuchten Kindern außerhalb des Fukushima-Sperrgebiets haben laut einer im Juli veröffentlichten Studie radioaktives Jod in der Schilddrüse eingelagert, ein einjähriges Kind eine so hohe Dosis, dass es allein von dieser Jod-Dosis auf eine Jahresdosis von 50 mSv kommt – mehr als die doppelte Dosis eines deutschen AKW-Arbeiters.

Die japanische Regierung hat – auch aufgrund des massiven Drucks von NGOs wie der GLOBAL 2000-Partnerorganisation Friends of the Earth Japan – angekündigt, den Grenzwert für Kinder durch Strahlenbelastung aus dem Boden von jährlich 20 mSv per Ende August senken zu wollen.

„Die nun geplante Aufhebung der Evakuierungszone bewirkt jedoch das Gegenteil“, zeigt sich Uhrig alarmiert. Im Laufe der Explosionen wurden nicht nur kurzlebige Radionuklide wie Jod in die Umgebung ausgeworfen, sondern neben Plutonium und Strontium auch große Mengen Cäsium mit einer Halbwertszeit von 30 Jahren – die betroffenen Landstriche wären erst nach 300 Jahren wieder bewohnbar.

„Das ist vergleichbar mit dem historischen Zeitraum seit der Geburt von Maria Theresia – wenn bei ihrer Geburt am 13. Mai 1717 ein AKW explodiert wäre, wäre die Gegend erst heute wieder bewohnbar. Wieder zeigt sich, wie unverantwortlich der Weiterbetrieb von AKWs ist. Fukushima zeigt: Hochrisikoreaktoren jetzt abschalten, alle anderen so schnell wie möglich.“

Quelle:

GLOBAL 2000 2011

https://www.sonnenseite.com/Aktuelle+News,Evakuierungszone+30+km+um+Fukushima+soll+aufgehoben+werden,6,a19880.html

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Auch US-Atomreaktoren sind gefährlich

+ 01.08.2011 + Es ist Zeit zu handeln und die Sicherheitsstandards nicht aufzuweichen.

Demnächst wird die „US-Nuclear Regulatory Commission“ die Endergebnisse ihrer 90-tägigen Sicherheitsüberprüfung bekannt geben- das Ergebnis scheint schon jetzt klar: alles im sicheren Bereich. Kritische Informationen, die diese Behauptungen als Mythos enttarnen könnten, werden weglassen, so US-amerikanische Atomgegner.

Extreme Wetterbedingungen werden durch den Klimawandel häufiger, auch das beeinflusst die Sicherheit von Atomreaktoren. Hochwasser hat beispielsweise die Energieversorgung des AKW Fort Calhoun in Nebraska unterbrochen.

Am 27.6. brach die Staumauer, die das Wasser davon abhalten sollte, das Reaktorgelände zu erreichen. Das AKW läuft derzeit angeblich mit Strom aus den Notstromgeneratoren, um das Kühlsystem weiterhin aufrecht zu erhalten. Aber Hochwasser allein ist es nicht.

Extreme Hitze und Dürre erzwingen auch ein Abstellen von Reaktoren. AKWs brauchen mehr Wasser, als jede andere Energieform. In den vergangenen Sommern machten Hitzewellen im Südosten der USA durch den Wassermangel ein Herunterfahren von AKWs in Tennessee und Florida notwendig

Bei den derzeitigen Überprüfungen werden Wetterereignisse oder einer Naturkatastrophen, die zu einem Stromausfall und zu einem Versagen der Notstromgeneratoren führen könnten, nicht berücksichtigt.

Die Generatoren werden über ihre ursprünglich geplante Kapazität hinaus beansprucht, ein damit resultierender Qualitätsverlust unterminiert ihre Sicherheit. Die US-AKW wurden für 40 Jahre geplant und genehmigt.

Aber 66 der 104 laufenden Atomreaktoren bekamen eine Betriebsverlängerung und können nun 20 Jahre länger am Netz bleiben. Die NRC-Behörde hat bisher eine Verlängerung der Genehmigungen nie abgelehnt – nicht einmal für die Anlage Vermont Yankee, wo es Probleme gab, wie beispielsweise eine Verseuchung von Grundwasser durch ausfließendes Tritium.

Der Senat des Bundesstaates hat gegen eine Verlängerung der Betriebslizenz gestimmt. Korrosion in den unterirdischen verlegten Rohrleitungen sind für Lecks verantwortlich, von denen radioaktivem Tritium auslaufen kann. Nicht nur in Vermont Yankee. Wird hier die Illusion aufrecht erhalten, dass die älter werdenden Anlagen immer sicher und problemlos laufen?

„Associated Press“ berichtet von einer Untersuchung die ergeben hat, dass NCR-Beamte immer wieder, und zwar auf Drängen der Industrie – entschieden haben, dass die ursprünglichen Regulatorien zu streng seien. Es wird argumentiert, dass die Sicherheitsgrenzwerte deswegen aufgeweicht werden sollten.

Es können und müssen sofort Schritte gemacht werden, um die Überprüfung der US-Atomreaktoren nicht vollkommen zu verharmlosen. „Die Zeit scheint reif, um sich von der Atomkraft zu verabschieden, hin zu den erneuerbaren, sichereren und effizienteren Energieformen, hin zu Sonne, Wind, Wasser, Biomasse.“ meinte einer unserer US-Ansprechpartner.

Quelle:

oekonews.at | holler 2011

https://www.sonnenseite.com/Aktuelle+News,Auch+US-Atomreaktoren+sind+gefaehrlich,6,a19823.html

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Greenpeace deckt massive Mängel bei AKW-Neubauten auf

+ 27.07.2011 + Bau der finnischen und französischen Atommeiler neuerlich um Jahre verzögert.

Wie die Umweltschutzorganisation Greenpeace aufzeigt, gibt es bei den derzeit in Finnland im Bau befindliche Atommeiler (EPR-Reaktor) massive Mängel und neuerliche Verzögerungen. Greenpeace konnte zahlreiche Unzulänglichkeiten feststellen, sowohl im Design als auch bei der Konstruktion des EPR-Reaktors.

Diese Informationen basieren auf Dokumenten der finnischen Atom-Aufsichtsbehörde (STUK).  Areva musste eingestehen, dass sich die Gesamtkosten von ursprünglich drei Milliarden Euro nahezu verdoppelt haben. Wie bekannt wurde, ist auch der zweite im Bau befindliche EPR–Reaktor im französischen Flamanville von ähnlichen Problemen betroffen.

„Diese so genannte ‚dritte Generation‘ von Kernreaktoren erweist sich als kompletter Fehlschlag.  Mit endlosen Verzögerungen um mehrere Jahre und Milliarden von Zusatzkosten werden die  Staaten, die in ihrer Energiepolitik weiterhin auf diese Technologie setzen, Schiffbruch erleiden.  Der EPR-Reaktor verkommt zu einem Fass ohne Boden“, erklärt Niklas Schinerl von Greenpeace. Hauptursachen dafür: Ein kompliziertes, unvollendetes Reaktordesign und Verträge mit Zulieferfirmen, die nicht zögern, den billigsten und einfachsten Weg zu gehen.

Die aktuellen Jahres-und Quartalsberichte der  finnischen Atom-Aufsichtsbehörde (STUK) zeichnen ein düsteres Bild und offenbaren eine lange Liste von alarmierenden Problemen beim Bau des EPR. Neue, ungelöste Design-Fragen, vor allem bei der computergestützten Steuerung des Reaktors, fehlende Unfall-und Risikoanalysen sowie erhebliche Mängel in der Bauqualität. Betroffene Systeme sind Backup-Diesel, Notkühlsysteme, elektrische Verkabelung, Becken für radioaktives Material, der die Kernbrennstäbe transportierende Kran und Trägerstrukturen des Reaktorgebäudes.

Greenpeace ruft die  sowohl die finnische als auch die französische Regierung dazu auf, die gescheiterten EPR-Reaktorprojekte endlich abzubrechen und auf nachhaltige und erneuerbare Energiequellen zu setzen. „Die EPR Atomreaktoren verkommen zu einem Milliardengrab. Es ist an der Zeit die Handbremse zu ziehen“, schließt Schinerl.

Quelle:

Greenpeace Austria 2011

https://www.sonnenseite.com/Aktuelle+News,Greenpeace+deckt+massive+Maengel+bei+AKW-Neubauten+auf,6,a19765.html

 

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Entsorgung Störfälle

Erhöhte Strahlung in Gorleben

Hohe Strahlenbelastung in Gorleben – Castor-Transport fraglich

Das Zwischenlager Gorleben muss nach Informationen des Umweltministeriums in Hannover vor Einlagerung weiterer Castor-Behälter für besseren Strahlenschutz sorgen. An einer Messstelle am Zwischenlager sei der zulässige Grenzwert für die Strahlenbelastung der Umgebung fast erreicht worden, erklärte eine Ministeriumssprecherin am Donnerstag und bestätigte damit einen Bericht des NDR-Fernsehens. „Vor der Annahme weiterer Behälter muss der Betreiber Maßnahmen zur Senkung der Strahlenbelastung ergreifen“, so die Sprecherin weiter.

Nach Angaben der Sprecherin ermittelte eine Messstelle am Zaun des Zwischenlagergeländes im ersten Halbjahr eine Strahlenbelastung, die einem Jahresmittelwert von 0,27 Millisievert entspricht. „Der Jahresgrenzwert liegt bei 0,3 Millisievert“, sagte Sprecherin Jutta Kremer-Heye. „Um ein Überschreiten des Grenzwertes zu verhindern, muss der Betreiber schon jetzt Maßnahmen ergreifen“, sagte sie.

 

Grenzwertüberschreitung nicht ausgeschlossen

Möglich sei etwa, die Castor-Behälter, von denen die Strahlung ausgehe, im Zwischenlager anders zu verteilen. Der Betreiber könne etwa auch für eine zusätzliche Abschirmung sorgen, sagte die Sprecherin zudem. Nach ihren Angaben stehen die Behälter bislang alle an dem Ende der Zwischenlagerhalle, die der Messstelle mit den hohen Strahlenwerten benachbart ist. Die Halle in Gorleben hat an den Seiten Lüftungsschlitze, um die in den Behältern durch radioaktiven Zerfall entstehende Hitze abzuführen. Für die Abschirmung der Strahlen sorgen allein die Castor-Behälter selbst.

 

Grüne verlangen Absage von Transport

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Stefan Wenzel, bezeichnete die Meldungen über die Messung der radioaktiven Strahlung am Zaun des Castor-Lagers als „Alarmsignal“. Die zulässigen Jahreswerte würden bereits ohne neuen Transport überschritten, sagte er. Insofern gebe es nur eine mögliche Konsequenz, „nämlich die Absage des für diesen Herbst anstehenden Atommülltransportes“. Wenzel warnte Landesregierung und Atomindustrie davor, weitere Einlagerungen durch „Tricks und Manipulationen“ ermöglichen zu wollen. Die Umstellung der Behälter an die Hallenrückwand oder gar die Abschirmung mit Leerbehältern seien „abenteuerliche Überlegungen“.

Der im November geplante Castortransport nach Gorleben ist der letzte mit hochradioaktiven Abfällen aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague. Von dort soll 2014 voraussichtlich noch ein Transport mit mittelradioaktivem Atommüll in das Zwischenlager rollen. Ab 2015 sollen noch 21 Castorbehälter mit hochradioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung in Großbritannien in das Lager gebracht werden.

https://www.verivox.de/nachrichten/hohe-strahlenbelastung-in-gorleben-castor-transport-fraglich-78400.aspx


Hintergrund Gorleben

Das Lager war für 420 Castoren genehmigt. Jetzt befinden erst 102 Castoren dort. Trotzdem werden die Grenzwerte überschritten. Mitte des Jahres 2011 wurde am Zaun eine Neutronenstrahlung von 0,141 mSv

für das erste halbe Jahr gemessen. Die Messung erfolgte vom 30.11.10 bis 6.6.11 (Halbjahr plus 6 Tage) Hochgerechnet auf das ganze Jahr betrüge die Belastung demnach 0,282 mSv. Von diesem Wert wird eine so genannte natürliche Neutronenstrahlung in Höhe von 0,05 mSv in Abzug gebracht. Außerdem muss die voraussichtliche Gammastrahlung für das Jahr addiert werden. Für 2010 wurden 0,120 mSv gemessen. In der Summe ergäbe sich ohne neue Castoren für 2011 bereits ein Wert von 0,352 mSv/Jahr. Das ist eindeutig höher als zulässig.

Schon in den zurückliegenden Jahren soll es Differenzen zwischen den Messwerten der Betreibergesellschaft des Atommülllagers und den Messwerten des NLWKN gegeben haben. Unabhängige Messungen beim Transport wurden nie zugelassen. Das Gewerbeaufsichtsamt hat in Frankreich und Deutschland zudem immer mit Messgeräten gearbeitet, die von der Atomindustrie bereitgestellt und kalibriert wurden. Über eigene Geräte verfügt das Gewerbeaufsichtsamt nicht. Das Neutronenspektrum und die Nuklidvektoren der Castoren sind trotz vielfacher Forderungen, Anfragen, Akteneinsichten u.a. nie veröffentlicht worden. (MdL Niedersachsen Stefan Wenzel)

weitere Quellen:

https://bewegung.taz.de/organisationen/contratom/blogeintrag/gorleben-castor-wegen-zu-hoher-strahlung-im-zwischenlager-absagen

https://www.focus.de/panorama/vermischtes/gorleben-neuer-strahlenschutz-im-castor-zwischenlager_aid_659037.html

https://www.sueddeutsche.de/politik/atommuell-im-zwischenlager-gorleben-strahlenwerte-gefaehrden-castor-transport-1.1135103

https://www.castor.de/technik/transport/castor/strahlung.htm


Hintergrund Strahlung: (siehe auch hier)

Strahlung aus dem CASTOR

Zwei verschiedene Strahlenarten durchdringen die Wände des CASTOR: Gammastrahlen und Neutronenstrahlen.

Die Gamma-Strahlung stammt aus den radioaktiven (= zerfallenden) Atomen. Innerhalb von sieben bis zehn Jahren nimmt die Intensität dieser Strahlung relativ stark ab. Währenddessen verwandelt sich der größte Anteil der radioaktiven Atome in nicht strahlende, stabile Atome. Gammastrahlung ist eine elektromagnetische Wellenstrahlung ähnlich der Röntgenstrahlung, im Gegensatz zu den Teilchenstrahlungen (a-, b-, und Neutronen-Strahlungen). Sie ist aber sehr energiereich und kann deshalb den menschlichen Körper durchdringen.

Neutronenstrahlung entsteht z.B. durch Spaltung von sehr schweren Atomen wie Uran und Plutonium. Die Dauer der Neutronenstrahlung ist abhängig von der Halbwertzeit der betroffenen Atome. Es kann bis zu Millionen Jahren dauern, bis abgebrannte Brennelemente ihre Radioaktivität soweit verloren haben, dass sie keine wesentliche Gefahr mehr darstellen.

Neutronenstrahlung kann wie die Gamma­strahlung die Haut durchdringen. Für beides hat der Mensch kein Sinnesorgan. Nur mit geeigneten Messgeräten kann die Strahlung festgestellt und ihre Intensität bestimmt werden.

Beide Strahlungen addieren sich zur natürlichen Strahlung durch Gesteine und Höhenstrahlung (u.a. von der Sonne). Hauptsächlich schädigen sie die getroffenen Zellen. Geschädigte Zellen können verschiedene Krankheiten auslösen wie z.B. Leukämie, Krebs, Schädigung des Erbgutes, Missbildungen entstehenden Lebens, usw. Alle Krankheiten treten auch ohne künstliche Strahlenbelastung auf. Die künstliche Strahlung erhöht allerdings das Risiko. Wer z.B. durch die Strahlung des CASTOR geschädigt wird, kann deshalb den direkten Beweis niemals führen, dass die Schädigung vom CASTOR­-Transport verursacht wurde. Zwischen dem Zeitpunkt der Schädigung und dem Ausbruch einer Krankheit können Jahre oder Jahrzehnte liegen. Schädigungen des Erbgutes werden erst in folgenden Generationen sichtbar.

 

Grenzwerte

Die derzeit in der BRD geltenden Grenzwerte stützen sich noch auf den (überholten!) Wissensstand von 1977. Die Einschätzung der Schadwirkung von Neutronenstrahlung geht gar auf den Kenntnisstand von 1973 zurück. Gemessen wird heute in SIEVERT (Sv), welche die biologische Wirkung der Strahlung beurteilt. Grundlage für eine Einschätzung des Gesundheitsrisikos von Gammastrahlung bilden die Krebssterblichkeitsregister der Städte Hiroshima und Nagasaki, die seit 1950 geführt werden. In ihrem offiziellen Dokument „ICRP­26“ ging noch 1977 die internationale Strahlenschutzkommission von 1,25% Todesfällen pro Sievert aus. Aufgrund neuerer Forschungsergebnisse musste dieser Wert 1990 im Dokument „ICRP­60“ auf 10% korrigiert werden, ist also achtmal größer als ursprünglich angenommen. Die Grenzwerte in Deutschland blieben aber bis heute unverändert.

Für die Bewertung der Neutronenstrahlung stehen keine Daten über große Bevölkerungsteile zur Verfügung. Deshalb ist die Wissenschaft bei der Untersuchung von Ursache und Wirkung auf Tierversuche und Bestrahlungen von Zellkulturen angewiesen, um die Schadwirkung von Neutronen- im Vergleich zur Gammastrahlung zu ermitteln.

Der Faktor, um den sich die Energiedosen von Gamma- und Neutronenstrahlung unterscheiden, die die gleiche biologische Schädigung hervorrufen, wird relative biologische Wirksamkeit (RBW) genannt. Diese ist von mehreren Dingen abhängig: von der Energie der Neutronen, der Dosis, der Dosisleistung und dem untersuchten biologischen Effekt. So schwanken die Werte für die Schadwirkung zwischen 20 und mehr als 200. Die ICRU legt für Spaltneutronen, – diese entsprechen in etwa der Neutronenstrahlung aus dem Castor – , eine 50fach größere Schadwirkung im Vergleich zur Gammastrahlung zugrunde. Die deutsche Gesetzgebung verwendet jedoch noch immer (seit 1959 unverändert) den Faktor 10. (x 5). Prof. Kuni postuliert aufgrund der Faktoren sogar eine Schadwirkung der Neutronenstrahlung, die 30 mal höher ist (Qualitätsfaktor Q = 300), als sie das geltende Recht bewertet. Wenn sich die neuesten Erkenntnisse amerikanischer Wissenschaftler über die Dosis der Strahleneinwirkung in Hiroshima und Nagasaki bestätigen, würde sich der Qualitätsfaktor für Neutronen nochmals verdoppeln (Q = 600)

Für den Transport von abgebrannten Brennelementen gelten derzeit zwei Grenzwerte: Auf der Oberfläche darf die Dosisleistung der Strahlung 2 Millisievert pro Stunde (2 mSv/h) und in zwei Meter Entfernung von der Quelle 0,1 mSv/h nicht überschreiten. Zum Vergleich beträgt die Dosisleistung der natürlichen Strahlung im Gebiet um Gorleben 0,8 mSv pro Jahr. Somit ist der Grenzwert von 0,1 mSv/h ca. 1.100 mal größer als die natürlichen Strahlung. Die international als unerheblich betrachtete Strahlenbelastung von 0,01 mSv pro Jahr wird auch bei Einhaltung des genannten Grenzwertes bereits nach 6 Minuten Aufenthalt überschritten.

1995 wurden die Grenzwerte differenziert für Neutronen- und Gammastrahlung. Dabei wurden sie einzeln im Vergleich zum alten Grenzwert fast verdoppelt. Für das Transportbehälter-Lager, darf die mittlere Dosisleistung der zukünftigen CASTOR-Behälter an der Oberfläche 0,198 mSv/h für Neutronen und 0,130 mSv/h für Gammastrahlung erreichen. Entsprechend erhöht ist dann auch die Dosisleistung in 2 Meter Entfernung.

Der genehmigte Wert für Gorleben an Radioaktivität entspricht der ca. 100-fachen freigesetzten Menge der Tschernobylkatastrophe. Er entspricht ca. dem hochradioaktiven-Abfall deutscher Reaktoren von 8 Jahren.

Wesentlich ausführliche Info hier: https://www.castor.de/technik/transport/castor/strahlung.htm

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Gesetzestexte Hintergründe Laufzeitverlängerung

AtG-Novelle 2011 § 7

juris – Fachportal Steuerrecht Einzelnorm

recherchiert von: … am 08.08.2011

juris-Abkürzung: AtG Quelle: Fassung vom: 31.07.2011 Gültig ab: zukünftig Dokumenttyp: Gesetz FNA: FNA 751-1

Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren Atomgesetz § 7 Genehmigung von Anlagen

(1) Wer eine ortsfeste Anlage zur Erzeugung oder zur Bearbeitung oder Verarbeitung oder zur Spaltung von Kernbrennstoffen oder zur Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe errichtet, betreibt oder sonst innehat oder die Anlage oder ihren Betrieb wesentlich verändert, bedarf der Genehmigung. Für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität und von Anlagen zur Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe werden keine Genehmigungen erteilt. Dies gilt nicht für wesentliche Veränderungen von Anlagen oder ihres Betriebs

(1a) Die Berechtigung zum Leistungsbetrieb einer Anlage zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität erlischt, wenn die in Anlage 3 Spalte 2 für die Anlage aufgeführte Elektrizitätsmenge oder die sich auf Grund von Übertragungen nach Absatz 1b ergebende Elektrizitätsmenge erzeugt ist, jedoch spätestens

1. mit Ablauf des 6. August 2011 für die Kernkraftwerke Biblis A, Neckarwestheim 1, Biblis B, Brunsbüttel, Isar 1, Unterweser, Philippsburg 1 und Krümmel,

2. mit Ablauf des 31. Dezember 2015 für das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld,

3. mit Ablauf des 31. Dezember 2017 für das Kernkraftwerk Gundremmingen B,

4. mit Ablauf des 31. Dezember 2019 für das Kernkraftwerk Philippsburg 2,

5. mit Ablauf des 31. Dezember 2021 für die Kernkraftwerke Grohnde, Gundremmingen C und Brokdorf,

6. mit Ablauf des 31. Dezember 2022 für die Kernkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2.

Die Erzeugung der in Anlage 3 Spalte 2 aufgeführten Elektrizitätsmengen ist durch ein Messgerät zu messen. Das Messgerät nach Satz 2 muss zugelassen und geeicht sein. Ein Messgerät, das nicht zugelassen und geeicht ist, darf nicht verwendet werden. Wer ein Messgerät nach Satz 2 verwendet, muss das Messgerät unverzüglich so aufstellen und anschließen sowie so handhaben und warten, dass die Richtigkeit der Messung und die zuverlässige Ablesung der Anzeige gewährleistet sind. Die Vorschriften des Eichgesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Eichordnung finden Anwendung. Der Genehmigungsinhaber hat den bestimmungsgemäßen Zustand des geeichten Messgerätes in jedem Kalenderjahr durch eine Sachverständigenorganisation und die in jedem Kalenderjahr erzeugte Elektrizitätsmenge binnen eines Monats durch einen Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft überprüfen und bescheinigen zu lassen.

(1b) Elektrizitätsmengen nach Anlage 3 Spalte 2 können ganz oder teilweise von einer Anlage auf eine andere Anlage übertragen werden, wenn die empfangende Anlage den kommerziellen Leistungsbetrieb später als die abgebende Anlage begonnen hat. Elektrizitätsmengen können abweichend von Satz 1 auch von einer Anlage übertragen werden, die den kommerziellen Leistungsbetrieb später begonnen hat, wenn das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie der Übertragung zugestimmt hat. Die Zustimmung nach Satz 2 ist nicht erforderlich, wenn die abgebende Anlage den Leistungsbetrieb dauerhaft einstellt und ein Antrag nach Absatz 3 Satz 1 zur Stilllegung der Anlage gestellt worden ist. Elektrizitätsmengen nach Anlage 3 Spalte 2 können von Anlagen nach Absatz 1a Satz 1 Nummer 1 bis 6 auch nach Erlöschen der Berechtigung zum Leistungsbetrieb nach den Sätzen 1 bis 3 übertragen werden.

(1c) Der Genehmigungsinhaber hat der zuständigen Behörde

1. monatlich die im Sinne des Absatzes 1a in Verbindung mit der Anlage 3 Spalte 2 im Vormonat erzeugten Elektrizitätsmengen mitzuteilen,

2. die Ergebnisse der Überprüfungen und die Bescheinigungen nach Absatz 1a Satz 7 binnen eines Monats nach deren Vorliegen vorzulegen,

3. die zwischen Anlagen vorgenommenen Übertragungen nach Absatz 1b binnen einer Woche nach Festlegung der Übertragung mitzuteilen.

Der Genehmigungsinhaber hat in der ersten monatlichen Mitteilung über die erzeugte Elektrizitätsmenge nach Satz 1 Nr. 1 eine Mitteilung über die seit dem 1. Januar 2000 bis zum letzten Tag des April 2002 erzeugte Elektrizitätsmenge zu übermitteln, die von einem Wirtschaftsprüfer oder einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft überprüft und bescheinigt worden ist. Der Zeitraum der ersten monatlichen Mitteilung beginnt ab dem 1. Mai 2002. Die übermittelten Informationen nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 sowie die Angabe der jeweils noch verbleibenden Elektrizitätsmenge werden durch die zuständige Behörde im Bundesanzeiger bekannt gemacht; hierbei werden die erzeugten Elektrizitätsmengen im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 jährlich zusammengerechnet für ein Kalenderjahr im Bundesanzeiger bekannt gemacht, jedoch bei einer voraussichtlichen Restlaufzeit von weniger als sechs Monaten monatlich.

(1d) Für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich gelten Absatz 1a Satz 1, Absatz 1b Satz 1 bis 3 und Absatz 1c Satz 1 Nr. 3 mit der Maßgabe, dass die in Anlage 3 Spalte 2 aufgeführte Elektrizitätsmenge nur nach Übertragung auf die dort aufgeführten Kernkraftwerke in diesen produziert werden darf.

(1e) Die zuständige Behörde kann zur Verhinderung von Gefahren oder Störungen der Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssytems im Sinne des § 13 des Energiewirtschaftsgesetzes vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970, 3621), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 7. März 2011 (BGBl. I S. 338) geändert worden ist oder zur Verhinderung einer Gefährdung oder Störung der Energieversorgung für den lebenswichtigen Bedarf im Sinne des § 1 des Energiesicherungsgesetzes vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3681), das zuletzt durch Artikel 164 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, bis zum 1. September 2011 bestimmen, dass eine der in Absatz 1a Satz 1 Nummer 1 genannten Anlagen, die im Hinblick auf Standort und elektrische Anbindung geeignet ist, bis zum Ablauf des 31. März 2013 in einem betriebsfähigen Zustand zur Erzeugung von Elektrizität zu halten ist (Reservebetrieb). Wird der Reservebetrieb nach Satz 1 angeordnet, lebt die Berechtigung zum Leistungsbetrieb als Berechtigung zum Reservebetrieb für diese Anlage wieder auf. Absatz 1a Satz 2 bis 7, Absätze 1b bis 1d und Anlage 3 finden auf den Reservebetrieb keine Anwendung.

(2) Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn

1. keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Antragstellers und der für die Errichtung, Leitung und Beaufsichtigung des Betriebs der Anlage verantwortlichen Personen ergeben, und die für die Errichtung, Leitung und Beaufsichtigung des Betriebs der Anlage verantwortlichen Personen die hierfür erforderliche Fachkunde besitzen,

2. gewährleistet ist, dass die bei dem Betrieb der Anlage sonst tätigen Personen die notwendigen Kenntnisse über einen sicheren Betrieb der Anlage, die möglichen Gefahren und die anzuwendenden Schutzmaßnahmen besitzen,

3. die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage getroffen ist,

4. die erforderliche Vorsorge für die Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzverpflichtungen getroffen ist,

5. der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gewährleistet ist,

6. überwiegende öffentliche Interessen, insbesondere im Hinblick auf die Umweltauswirkungen, der Wahl des Standorts der Anlage nicht entgegenstehen.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Stilllegung einer Anlage nach Absatz 1 Satz 1 sowie der sichere Einschluß der endgültig stillgelegten Anlage oder der Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen bedürfen der Genehmigung. Absatz 2 gilt sinngemäß. Eine Genehmigung nach Satz 1 ist nicht erforderlich, soweit die geplanten Maßnahmen bereits Gegenstand einer Genehmigung nach Absatz 1 Satz 1 oder Anordnung nach § 19 Abs. 3 gewesen sind.

(4) Im Genehmigungsverfahren sind alle Behörden des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der sonstigen Gebietskörperschaften zu beteiligen, deren Zuständigkeitsbereich berührt wird. Bestehen zwischen der Genehmigungsbehörde und einer beteiligten Bundesbehörde Meinungsverschiedenheiten, so hat die Genehmigungsbehörde die Weisung des für die kerntechnische Sicherheit und den Strahlenschutz zuständigen Bundesministeriums einzuholen. Im übrigen wird das Genehmigungsverfahren nach den Grundsätzen der §§ 8, 10 Abs. 1 bis 4, 6 bis 8, 10 Satz 2 und des § 18 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes durch Rechtsverordnung geregelt; dabei kann vorgesehen werden, dass bei der Prüfung der Umweltverträglichkeit der insgesamt zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen oder von Anlagenteilen geplanten Maßnahmen von einem Erörterungstermin abgesehen werden kann.

(5) Für ortsveränderliche Anlagen gelten die Absätze 1, 2 und 4 entsprechend. Jedoch kann die in Absatz 4 Satz 3 genannte Rechtsverordnung vorsehen, dass von einer Bekanntmachung des Vorhabens und einer Auslegung der Unterlagen abgesehen werden kann und dass insoweit eine Erörterung von Einwendungen unterbleibt.

(6) § 14 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes gilt sinngemäß für Einwirkungen, die von einer genehmigten Anlage auf ein anderes Grundstück ausgehen.

 

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Hintergründe Störfälle

Update 27.07.2011, 01:00 (und zurückliegende Tage ….)

Heute:

  1. Atomfirmen vor Finanz-Super-GAU
  2. Japan: Fukushima und die Atomlobby Schmieren, lügen, tricksen
  3. Verstrahlte Dörfer
  4. Lecks, Brände, Überflutungen: Atomunfälle seit Fukushima
  5. Riesige Uranvorkommen in Indien entdeckt
  6. Atommüll-Ausfuhr in Drittstaaten Brisante Exportware
  7. Osteuropäer setzten auf Atomkraft
  8. … gelöscht
  9. Aus für Japans Schnellen Brüter
  10. Neuer Tschernobyl-Sarkophag kann gebaut werden
  11. Millionen-Zuschuss soll Schäden aus Wismut-Frühzeit beseitigen
  12. AKW-Leiharbeiter – Die Strahlennomaden
  13. GB plant acht neue AKWs
  14. Auch Franzosen wollen keine Atomkraft mehr
  15. Leck im Kühlsystem – Stellungnahme von Dr. Thilo Scholz

 

 

(Wiener Zeitung,  Peter Muzik, 26.07.2011)

Nach der Jahrhundert-Katastrophe in Fukushima steuert die gesamte Branche in eine ungewisse Zukunft

Atomfirmen vor Finanz-Super-GAU

… Das verheerende Erdbeben samt Tsunami in Japan hat den Energiegiganten Tepco massiv erschüttert: Die Tokyo Electric Power Corp., die das Unglück in Fukushima noch immer nicht im Griff hat, schlitterte in das erwartete Finanz-Debakel. Kürzlich musste sie einen Rekordverlust von umgerechnet 8,6 Milliarden Euro eingestehen. Die Entschädigungszahlungen für die radioaktiven Emissionen werden auf bis zu 90 Milliarden Euro geschätzt.

vollständig auf: https://www.wienerzeitung.at/themen_channel/wzglobalisierung/konjunktur/45070_Atomfirmen-vor-Finanz-Super-GAU.html

 

Kommentar: 90 Milliarden € Schaden nach dem Dreifach-Super-GAU in Japan? Waren die 4.000 Milliarden € von Greenpeace und aus der Schweiz nur Horror-Szenarien? Oder Fukushima doch nicht so schlimm wie getan wird?

NEIN! Die Erklärung ist einfach:

1. setzte die japanische Regierung die Grenzwerte in einer unverantwortbaren Art hoch. Erinnert sei an die 20 mSv/a für Kinder, dem Grenzwert für AKW-Arbeitnehmer in Deutschland. Dieser Grenzwert ist Körpergewicht-abhängig, die Kinder in der Wachstumsphase sind extrem höher gefährdet.

2.  weigert sich zudem die Regierung, die Evakuierungen in dem Maß durchzuführen, wie dies selbst US-Wissenschaftler vorschlagen (s.u.: „Verstrahlte Dörfer“). Vielmehr wird „empfohlen“, Häuser und Wohnungen zu verlassen, was den Vorteil hat, dass die Menschen, die diesen „Empfehlungen“ folgen, dies auf eigne Kosten OHNE Entschädigungen machen.

3. sind die zu zahlenden Entschädigungen so lachhaft gering, dass allein hier die Zahlenverhältnisse offenkundig werden. In einem Land, in einer Region, in der Mieten und Grundstücks-/Haus-Preise durchaus mitteleuropäischen Verhältnissen entsprechen, gab es gerade mal 8.500,- € Entschädigung PRO Haushalt! (mittlerweile wurde um weitere ca. 2.500,- € aufgestockt)

(SZ 26.07.2011, 15:35, Christoph Neidhart)

Japan: Fukushima und die Atomlobby Schmieren, lügen, tricksen

… Von der Tageszeitung Mainichi Shimbun, die ursprünglich gegen die Atomkraft eintrat, ist dokumentiert, wie sie sich für ihren Seitenwechsel mit Anzeigen-Großaufträgen belohnen ließ. Willfährige Redakteure der großen japanischen Zeitungen erhielten Einladungen, zum Beispiel bei Tepco, dem Betreiber der havarierten Meiler, großzügig honorierte Vorträge zu halten. Vollständiger Text auf:

https://www.sueddeutsche.de/politik/japan-fukushima-und-die-atomlobby-schmieren-luegen-tricksen-1.1124577

 

 

(Süddeutsche Zeitung, Printausgabe, 22.07.2011, S. 8, Christoph Neidhart)

Verstrahlte Dörfer

Japan erklärt weitere Gebiete um Fukushima für radioaktiv.

Tokio – Japans Regierung hat am Donnerstag weitere Landstriche jenseits der 20-Kilometer-Sperrzone um Fukushima I für radioaktiv erklärt. Betroffen sind diesmal 59 Haushalte in Minamisoma 40 Kilometer nördlich der AKW-Ruine.  …

(Da die SZ laut ihren Copyrightbedingungen nur das Zitieren von 3 Sätzen erlaubt und der Artikel leider nicht frei erreichbar verlinkt ist, hier ein Link auf einen vergleichbaren Spiegel-Onlineartikel: /Karl-W. Koch)

https://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/atomkatastrophe-fukushima-japan-muss-gewaltige-bodenmengen-entsorgen-a-788831.html

 

Passend dazu die Filme auf Youtube:

Japanese government killing its own people in Fukushima und https://www.youtube.com/watch?v=KSvfro1Hwco sowie der wiederum dazu passende Bericht im „Freitag

 

(Contratom, 22. Juli 2011)

Lecks, Brände, Überflutungen: Atomunfälle seit Fukushima

Gut drei Monate ist die Katastrophe in Fukushima erst her, und schon ist die Liste der danach vermeldeten Störfälle in anderen Atommeilern lang. Die Agentur dapd hat die INES-Meldungen (Internationale Bewertungsskala für nukleare Ereignisse) sowie Zeitungsberichte und die Webseite des Bundesamtes für Strahlenschutz durchforstet.

Auch nach dem Super-GAU in Fukushima am 11. März 2011 sind weltweit zahlreiche – meldepflichtige und nicht meldepflichtige – Atomunfälle registriert worden. Hier ein Auszug:

  • 16.3.2011, Ontario, Kanada: Aus dem Atomkraftwerk entweichen Medienberichten zufolge Zehntausende Liter schwach radioaktives Wasser in den Ontario-See. Ursache sei der Defekt einer Pumpe. Die Betreiberfirma Ontario Power Generation sagt, es handele sich um “normales Wasser mit ein bisschen Radioaktivität”.
  • 18.3.2011, Doel, Belgien: Eine Pumpe für die Wasserzufuhr zur Kühlung des Reaktors 4 der Anlage funktioniert nicht. Die Internationale Atomenergie-Agentur IAEA stuft dies als “Störfall” ein (Stufe 2 auf der INES-Skala).
  • 31.3.2011, Brunsbüttel, Deutschland: Im Antriebssystem einer Kühlpumpe war ein Leck, teilen Betreiber Vattenfall und das für die Atomaufsicht zuständige Justizministerium Schleswig-Holstein mit.
  • 8.4.2011, Fessenheim, Frankreich: Block 1 der Anlage wird nach einem Bedienungsfehler heruntergefahren.
  • 15.4.2011, Dukovany, Tschechien: Reaktorblock 4 wird wegen einer Panne abgeschaltet. Der Grund war eine undichte Stelle im primären Kühlkreislauf.
  • 18.4.2011, Surry, USA: Nach einem Tornado fällt die externe Stromversorgung aus. Zwei Reaktorblöcke fahren automatisch herunter. Die Stromaggregate laufen im Notbetrieb.
  • 28.4.2011, Ascó, Spanien: 25.000 Liter radioaktives Kühlwasser entweichen aus dem primären Kühlsystem und laufen in die Sicherheitshülle um den Reaktor. 14 Mitarbeiter kommen dabei laut Betreiber Anav mit dem Wasser in Berührung. Ursache ist angeblich ein defektes Ventil.
  • 7.6.2011, Fort Calhoun, USA: Im Schaltraum bricht ein Feuer aus, die Kühlung des Abklingbeckens für gebrauchte Brennstäbe ist 90 Minuten lang unterbrochen.
  • 14.6.2011, Stamboliysky, Bulgarien: In einer Fabrik zur Bestrahlung mit Gamma-Wellen werden vier Arbeiter radioaktiv verstrahlt. Provisorisch als Ernster Störfall (INES 3) eingestuft.
  • 27.6.2011, Los Alamos, USA: Das Atomforschungszentrum, in dem während des Zweiten Weltkriegs die erste Atombombe entwickelt wurde, wird wegen schwerer Buschbrände evakuiert. Auf dem Gelände lagern radioaktive Stoffe und Atommüll. Erst am 4.7. wird Entwarnung gegeben: Das Labor sei “offenbar den schweren Schäden entkommen, die das Feuer hätte anrichten können”, sagte der Chef des Nationallabors Charles McMillan in einer Nachricht an die Mitarbeiter.
  • 26.6.2011, Fort Calhoun, USA: Das Hochwasser des Missouri lässt die Dämme rund um das AKW brechen. Wasser dringt ins Turbinenhaus ein. Nach Angaben der Behörden stellt das jedoch “kein Sicherheitsrisiko” dar. Das Kraftwerk war seit April heruntergefahren. Auch das AKW in Brownville ist von der Flut bedroht.
  • 28.6.2011, Torness, Schottland: Quallen aus dem Meerwasser verstopfen das Kühlsystem zweier Reaktoren. Diese werden vorsorglich abgeschaltet. Jedoch sei “zu keinem Zeitpunkt” eine Gefahr für die Öffentlichkeit ausgegangen, sagt der Betreiber EdF später.
  • 2.7.2011, Tricastin, Frankreich: In einem Transformatorgebäude von Reaktorblock 1 bricht ein Feuer aus. Laut Betreiber EdF dient der Transformator dazu, den produzierten Strom in die Stromnetze weiterzuleiten. Radioaktivität sei nicht ausgetreten. Das AKW gilt wegen diverser Störfälle als Pannenreaktor.
  • 19.7.2011, Isar II, Deutschland: Im niederbayerischen Atomkraftwerk Isar II ist im Rahmen der jährlichen Wartung eine Kühlpumpe ausgefallen. Sicherheitsrelevante Auswirkungen habe dies nicht gehabt, teile der Betreiber E.ON mit.

https://www.contratom.de/2011/07/22/lecks-brande-uberflutungen-atomunfalle-seit-fukushima/

 

 

(Focus,  19.07.2011, 11:20)

Riesige Uranvorkommen in Indien entdeckt

… Indien betreibt 20 Atomkraftwerke mit einen Kapazität von 4780 Megawatt.

Indische Geologen haben möglicherweise die weltweit größten Vorkommen an Uranerz entdeckt.

Vollständig auf: https://www.focus.de/finanzen/news/energie-riesige-uranvorkommen-in-indien-entdeckt_aid_647175.html

 

 

 

(SZ, 18.07.2011, 18:18, Cerstin Gammelin, Brüssel)

Atommüll-Ausfuhr in Drittstaaten Brisante Exportware

Fukushima hin oder her: Atommüll aus Europa darf weiter in andere Länder entsorgt werden – egal wie deren Sicherheitsstandards sind. Dass das Ausfuhrverbot scheitert, ist eine weitere große Niederlage für EU-Kommissar Günther Oettinger.

vollständig: https://www.sueddeutsche.de/politik/atommuell-ausfuhr-in-drittstaaten-brisante-exportware-1.1121851

 

 

(Quelle: Süddeutsche Zeitung, 19.07.2011, „Bündnis gegen Atomausstieg“)

Osteuropäer setzten auf Atomkraft

Polen, Tschechien, Ungarn und die Slowakei wollen trotz Fukushima am Ausbau der Atomenergie festhalten. Polen und Tschechien einigten sich sogar auf Regierungsebene auf eine diesbezügliche Zusammenarbeit. So soll Temelin (Tschechien) von zwei auf vier Blöcke ausgebaut werden, Polen plant den Neubau von zwei AKWs.

 

 

 

Aus für Japans Schnellen Brüter

Der japanische Wissenschaftsminister Takaki äußerte sich am 15.07.2011 zum Ende des „Schnellen Brüters“ Monju. Das Projekt hat bisher 8 Milliarden € gekostet. Mittlerweile wird eine technische Nutzung frühestens, wenn überhaupt, für 2050 erwartet. (Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 16.07.2011: „Schneller Brüter vor Aus“), s.a.: https://www.japanmarkt.de/index.php/wirtschaft/schneller-bruter-vor-dem-aus/

 

 

(Tagesschau, 13.07.2011)

25 Jahre nach dem Super-GAU

Neuer Tschernobyl-Sarkophag kann gebaut werden

25 Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl will die Ukraine mit dem seit langem geplanten Bau eines neuen Sarkophags um den explodierten Reaktor Tschernobyl beginnen.

Nach Angaben von Präsident Wiktor Janukowitsch sind inzwischen genügend Spendenzusagen eingegangen. Die Arbeit an dem 740 Millionen Euro teuren Projekt könne noch in diesem Jahr starten und bis 2015 abgeschlossen sein, teilte das Außenministerium in Kiew mit. Ein Sprecher der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung erklärte, internationale Geldgeber hätten bislang 670 Millionen Euro zugesagt. Veranschlagt sind Kosten von 740 Millionen Euro. Der Rest soll in den kommenden Jahren zusammenkommen.

Zwar gebe es weltweit keine Erfahrung mit dem Bau einer solchen Stahlbetonkonstruktion. „Aber wir sind optimistisch, dass die Arbeiten bis 2015 abgeschlossen sein werden“, sagte Oleg Woloschin, der Sprecher des Außenministeriums.

 

Provisorium aus Stahl und Beton bröckelt

Die momentane Schutzhülle aus Beton und Stahl war ursprünglich nur als Provisorium geplant und hat bereits zahlreiche Risse. Experten gehen davon aus, dass nur fünf Prozent des Kernbrennstoffs bei der Explosion vor 25 Jahren freigesetzt wurden. 95 Prozent seien noch im Reaktor. Sollte der alte Betonmantel, der in nur sechs Monaten errichtet wurde, zusammenbrechen, wäre dies eine Gefahr – nicht nur für die Ukraine. … Der letzte Tschernobyl-Meiler ging erst im Jahr 2000 vom Netz.

https://www.tagesschau.de/ausland/tschernobyl184.html

 

 

(Freie Presse, 16.07.2011)

Millionen-Zuschuss soll Schäden aus Wismut-Frühzeit beseitigen

Bis zum Jahre 2022 können weitere Bergbau-Altlasten saniert werden: Die Sanierung von Bergbau-Altlasten aus den Anfangsjahren der Wismut wird auch nach 2012 fortgesetzt. Ein entsprechendes Abkommen werde Anfang September in Berlin unterzeichnet, bestätigte Sachsens Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP).

Für das Vorhaben, bei dem Freistaat und Bund jeweils die Hälfte der Kosten tragen, gebe es vom sächsischen Kabinett grünes Licht. Nach „Freie Presse“-Recherchen haben sich Bund und Freistaat darauf geeinigt, von 2013 bis 2022 weitere 138 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen.

Damit geben Bund und Land noch einmal deutlich mehr Geld für die Beseitigung solcher Hinterlassenschaften aus, als bereits von 2003 bis Ende 2012. In diesen zehn Jahren werden es in der Summe 78 Millionen Euro sein. …

Auf ein Nachfolgeabkommen drängten Kommunalpolitiker der Region bereits seit 2007. Schon da war klar, dass mit der ersten Vereinbarung von 2003, die im nächsten Jahr ausläuft, nicht alle Früh-Altlasten beseitigt werden können. In 33 Kommunen, vor allem im Erzgebirge und Vogtland, aber auch in Ostsachsen, gibt es rund 1.000 solcher Wismut-Hinterlassenschaften aus den 1940er- und 1950er-Jahren. Es handelt sich durchweg um Objekte und Flächen, die vor 1962 stillgelegt wurden. Deren Sanierung darf nicht aus dem 6,4-Milliarden-Etat finanziert werden, der für die normale Wismut-Sanierung zur Verfügung steht. So regelt es das Wismut-Gesetz von 1991. …

https://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/SACHSEN/Millionen-Zuschuss-soll-Schaeden-aus-Wismut-Fruehzeit-beseitigen-artikel7704416.php

 

Hier sei zu diesem Thema nochmals auf den hervorragenden Film „Yellow Cake“ hingewiesen.

 

 

(news.de, 17.07.2011, Jan Grundmann)

AKW-Leiharbeiter – Die Strahlennomaden

Wenn ihre jährliche Strahlendosis erreicht ist, werden sie gefeuert: Durch die Kernkraftwerke der Welt ziehen Tausende von Leiharbeitern. Die Strahlennomaden gibt’s in Deutschland, Frankreich und Fukushima. Ein Buch beleuchtet jetzt ihr Schicksal.

„Das geringe Kapital an Millisievert sieht man dahinschmelzen wie Schnee in der Sonne, das wird zu einer Obsession, man denkt nur noch daran, beim Aufwachen, am Spind, bei der Arbeit lässt man das Dosimeter nicht aus den Augen.“ Die Rede ist von Strahlennomaden, so werden sie in Frankreich genannt. Es geht um Neutronenfutter, so bezeichnet sie die Wirtschaftswissenschaftlerin Elisabeth Filhol.

Die Französin hat einen semidokumentarischen Roman über die AKW-Leiharbeiter in ihrem Land verfasst, der im Atomstaat für Aufruhr sorgte und jetzt in deutscher Sprache erschienen ist. Im Mittelpunkt steht Yann, ein Mitglied des Strahlenproletariats, der seine Gesundheit dafür riskiert, dass Atomstrom billig bleibt.

 

Frankreich, Deutschland, Japan: AKW-Proletariat auf der ganzen Welt

Spätestens seit der Katastrophe von Fukushimastehen ihre Arbeitsbedingungen im Fokus der Diskussion. Angeblich waren Obdachlose und Arbeitslose in Japan angeheuert worden, um für gutes Geld die dortigen Atomkraftwerke zu reinigen. Offenbar sind dabei auch viele erkrankt. In den 17 deutschen Reaktoren, die nun bis zum Jahr 2022 abgeschaltet werden sollen, arbeiten weitaus mehr Leiharbeiter als Festangestellte. Die Strahlenbelastung des Fremdpersonals soll dabei doppelt so hoch wie die Dosis der Festangestellten sein.

In Frankreich ziehen insgesamt 30.000 Leiharbeiter von Kraftwerk zu Kraftwerk. Nach Gewerkschaftsangaben liegen ihre Unfallraten über dem Durchschnitt der Festangestellten. Maximal fünf Wochen sind die Strahlennomaden in einem AKW, sie teilen sich Wohnwagen, dann ziehen sie weiter, irgendwo zu einem anderen Meiler in Frankreich. Sie arbeiten bei der jährlichen Revision mit – und beim Austausch der Uran-Tabletten.

 

20 Millisievert als maximale Jahresdosis

Im Roman der Französin Filhol berührt der Protagonist bei der Revision eines gewaltigen Wasserbehälters ein strahlende Sicherheitsscheibe einer Mutter. Dann schlägt sein Dosimeter aus. „Mit ein bisschen Know-how und Glück hofft jeder, die Dosis auf möglichst viele Einsätze verteilen zu können, und vergisst dabei, dass man ihn beim ersten ernsten Störfall auf die Ersatzbank setzt, bis zum nächsten Jahr“, so der Protagonist Yann.

Zwanzig Millisievert ist die erlaubte Dosis über einen Zeitraum von zwölf Monaten. Manch einer schafft es. Doch wer nicht aufpasst, irgendwo falsch anfasst, der tankt eben Strahlung, und das Dosimeter vermerkt nüchtern die Fehler. Protagonist Yann hat die Dosis abbekommen – und wird für den Rest des Jahres nun freigesetzt. Übelkeit, Müdigkeit und keinen Job mehr – so beschreibt der Protagonist das Gefühl nach dem Strahlenbeschuss. …

 

Autor: Elisabeth Filhol
Titel: Der Reaktor
Verlag: Edition Nautilus
Preis: 16,00 Euro
bereits erschienen

 

 

(Ingo Marco Pannicke, BAG Energie)

GB plant acht neue AKWs

Die britische Regierung hat nun die Standorte für 8 neue AKWs benannt. Sie werden sie subventionieren über a) einen Minimum-Preis für CO2 (floor-price) b) Deckelung der Haftung für Unfallrisiken c) vermutlich auch staatliche Kredite der „Green Investment Bank“. Größere Proteste werden an den Standorten nicht erwartet weil es bereits existierende AKWs dort gibt.

 

https://www.independent.co.uk/news/uk/politics/government-names-eight-new-sites-for-nuclear-power-plants-2302035.html

 

Neue AKWs: Bradwell, Essex, Hartlepool, County Durham, Heysham, Lancashire, Hinkley Point, Somerset, Oldbury, Gloucestershire, Sellafield, Cumbria, Sizewell, Suffolk, Wylfa, Anglesey

 

 

(Deutsche Welle: Atompolitik, 04.07.2011)

Auch Franzosen wollen keine Atomkraft mehr

Die Atomkraft ist nicht beherrschbar. Nach der Katastrophe von Fukushima ist dies auch den Franzosen klar. Mit großer Mehrheit wollen sie den Ausstieg. Für die Regierung und die Atomindustrie ist dies ein Problem.

Der schwere Reaktorunfall im japanischen Fukushima sorgt auch in Frankreich für politische Schockwellen, dem weltweit zweitwichtigsten Atomstaat. Zu rund 80 Prozent stammt der Strom aus einem der insgesamt 58 französischen Reaktoren. Seit General de Gaulle in den 1960er Jahren die Weichen für das umfangreiche Atomstromprogramm stellte, um damit dem Land Unabhängigkeit im Energiebereich zu garantieren, galt das „tout nucléaire“ als nationaler Konsens. Doch nun hat der GAU in Japan ein Umdenken bei den Franzosen ausgelöst.

 

Sarkozy hält an Atomkraft fest

An der Staatsspitze ist dies noch nicht angekommen. Ende Juni präsentierte Staatspräsident Nicolas Sarkozy sein Programm der großen Staatsanleihe, unter dem Titel: Zukunfts-Investitionen. Für Sarkozy spielt dabei auch die zivile Kernkraftnutzung eine Rolle: „Wir werden eine Milliarde Euro für das Atomprogramm der Zukunft bereitstellen, speziell für die Atomkraftwerke der vierten Generation“, kündigte der Staatschef im Fernsehen an. Ebenso werde seine Regierung umfangreiche Mittel der großen Staatsanleihe in die Forschung stecken, zur Verstärkung der Anlagensicherheit. Sarkozy verweist stolz darauf, dass Frankreich diesbezüglich schon über einen „weltweit anerkannten Vorsprung“ verfüge.

 

Parteien vollziehen Kurswechsel

Zwar gibt sich Nicolas Sarkozy davon überzeugt, dass in Frankreich Atomkraft noch eine Zukunft habe, doch populistisch angehaucht kündigt er immerhin eine Einschränkung an. Langfristig solle der Anteil des Atomstroms an der Energieproduktion im Land gesenkt werden. Wie dies genau erfolgen soll, erklärt Sarkozy allerdings nicht. …

 

Atomunfall auch in Frankreich möglich

Laut jüngsten Umfragen sprechen sich bis zu 77 Prozent der befragten Franzosen für einen „progressiven Atomausstieg“ aus. Ein Tabu ist damit gebrochen. Der nationale Atomkonsens wankt schon seit Anfang April. Knapp drei Wochen nach dem japanischen Reaktorunglück bekennt André-Claude Lacoste, Chef der Atomsicherheitsbehörde in Paris, erstmals öffentlich, auch in Frankreich sei ein schwerer Unfall nicht auszuschließen. Und als er die allerersten Lehren aus dem GAU in Fukushima zieht, räumt er gewisse Mängel an der Studie zur Sicherheit der französischen Reaktoren ein: „Wir haben beispielsweise nicht die möglichen Schäden im AKW untersucht, falls ein Erdbeben und eine Überschwemmung zusammenkommen“, gibt Lacoste mit gewisser Selbstkritik zu.

 

Stadträte fordern Abschaltung

Ein schwerer Unfall ist auch in französischen Kraftwerken möglich. Diese Erkenntnis veranlasste den Stadtrat von Straßburg zum Umdenken und sorgte für Schlagzeilen. In einer spektakulären Abstimmung forderte er, das benachbarte Atomkraftwerk Fessenheim, die älteste Atomstromanlage im Land, zu schließen. Eine Premiere im Land, der andere Gemeinden zwischenzeitlich folgten.

Roland Riess, Bürgermeister von Straßburg, erklärt, zwar sei bei ihm im Elsass kein Tsunami zu befürchten, „aber vor einem Erdbeben sind wir keineswegs sicher“. Schließlich habe die Erde im benachbarten Oberrhein-Tal schon gebebt. Und da das Atomkraftwerk Fessenheim gerade mal sechzig Kilometer entfernt liegt, befinde sich Straßburg also in der potenziellen Gefahrenzone. Roland Riess gibt zu, sehr erleichtert zu sein, „dass der Stadtrat der Forderung, das Atomkraftwerk zu schließen, einstimmig, wirklich einstimmig zugestimmt hat“.

Dessen ungeachtet gab die Behörde für Atomaufsicht grünes Licht für den Weiterbetrieb von Reaktor 1 in Fessenheim. Die Behörde empfahl nun erwartungsgemäß eine Verlängerung der Laufzeit um zehn Jahre. Jedoch knüpfte sie ihre Zustimmung an die Auflage, technische Verbesserungen vorzunehmen.

 

Kritik an atomarer Sicherheit in den Medien

 

Mit bislang ungewohnter Schärfe widmen sich seit der Katastrophe von Fukushima auch die Medien dem Thema Atom. Kurz nach dem GAU in Japan sendete das Fernsehen beispielsweise mehrere Reportagen, die die prekären Alltagsbedingungen der sogenannten „Wanderarbeiter des Atoms“ beleuchten, also derer, die als Subunternehmer für die Wartung der französischen Kernkraftwerke zuständig sind. Dass da einiges im Argen liegt, hält auch ein Bericht fest, den der parlamentarische Ausschuss für Technologiefolgenabschätzung in Paris nach dem GAU in Arbeit gab und der Ende Juni veröffentlicht wurde. Die Forderung der Autoren: die Sicherheit der Anlagen sei das höchste Gut und habe über wirtschaftlichen Aspekten zu stehen.

 

Imagestrategie der Atomindustrie gefährdet

Ende Juni deckte auch die Tageszeitung „Le Monde“ auf, dass beim Bau des Europäischen Druckwasser-Reaktors EPR, des Atomkraftwerks der vierten Generation, Arbeitsunfälle vertuscht werden. Das hat Gründe: Der EPR wird als sicherster Kraftwerkstyp bezeichnet und gilt als potentieller Exportschlager der französischen Atomindustrie. Der Japaner Taro Mitamura verfolgt die neue Atomdebatte sehr aufmerksam. Mitamura ist Kernenergie-Experte und leitet das Studio des japanischen Fernsehsenders NHK in Paris. Er beobachtet, dass Frankreich nun sehr viel Wert auf mehr Sicherheit lege. Und dass die Verantwortlichen sich bemühten, auf internationaler Ebene Sicherheitsstandards zu verstärken und zu ihrer Vereinheitlichung auf hohem Niveau beizutragen. „Da könnte Frankreich weltweit die Führungsrolle übernehmen“, sagt Mitamura.

 

Atomausstieg wird Wahlkampfthema

Es ist fraglich, ob die Imagestrategie der Atomindustrie aufgeht. In den französischen Medien dürfte das Thema Kernkraft nicht so schnell aus den Schlagzeilen kommen. Im Frühjahr 2012 stehen nämlich Präsidentschaftswahlen an. Nur die rechte UMP, die aktuell an der Regierung ist, spricht sich noch für einen weiterhin unbeschränkten Atom-Kurs aus. Zudem ist eine öffentliche Debatte zum Thema Atommüll anberaumt. Ein heißes Thema, denn auch Frankreich sucht noch immer händeringend eine Lösung zur dauerhaften Entsorgung der strahlenden Abfälle. Und ein Endlager wollen auch die Franzosen nicht in ihrer Nachbarschaft haben.

Autorin: Suzanne Krause
Redaktion: Gero Rueter

 

Quelle: https://www.dw-world.de/dw/article/0,,15209487,00.html

 

 

Das Leck im Kühlsystem – wie gefährlich ist Berlins Forschungsreaktor?

Leck im Kühlsystem – Stellungnahme von Dr. Thilo Scholz

 

Dr. Thilo Scholz nimmt Stellung zu dem Vorwurf des Helmholtz-Zentrums, er sei entlassen worden, weil er Kollegen gemobbt habe.

Der Forschungsreaktor des Helmholtz-Zentrums in Berlin-Wannsee soll gravierende Sicherheitsmängel aufweisen. Diesen Vorwurf erhob der frühere leitende Ingenieur am Reaktor, Dr. Thilo Scholz, im KONTRASTE-Interview.

Er war zuvor vom Helmholtz-Zentrum entlassen worden. Das Institut erklärt dazu in einer Presseerklärung, Dr. Thilo Scholz sei entlassen worden, weil er Kollegen gemobbt habe.

Der Techniker sieht in dem Vorwurf seines Ex-Arbeitgebers den Versuch, mit einer Diffamierung seiner Person seine fachliche Bedenken herunterzuspielen. Kontraste erklärt er die Entwicklung am Helmhotz-Zentrum folgendermaßen:

Dr.-Ing. Thilo Scholz, ehemaliger leitender Ingenieur Helmholtz-Zentrum Berlin: „Ich habe die Geschäftsleitung in einer internen Mitteilung ein sicherheitsrelevantes Restrisiko angezeigt. Statt eine Antwort zu erhalten, wurde ich fortan ausgegrenzt, quasi gemobbt. Die Geschäftsleitung hat dies umgedreht, in einen Mobbingvorwurf gegen mich, der dann zu einer fristlosen Entlassung führte. Dies alles, weil ich diesen sicherheitsrelevanten Mangel angezeigt habe, so wie ich es als ordentlicher Ingenieur einfach tun musste.“

 

https://www.rundfunkberlinbrandenburg.info/kontraste/archiv/kontraste_vom_23_06/wie_gefaehrlich_ist.html

 

Kommentar: Die Forschungsreaktoren hat bisher praktisch niemand auf der „Tagesordnung“. Eine Kernschmelze oder ein vergleichbarer Unfall ist jedoch auch hier nicht auszuschließen. Die freisetzbare Radioaktivitätsmenge ist sicherlich deutlich (um Zehnerpotenzen) geringer als bei den Energie-Reaktoren, dennoch würde eine unfallbedingte Freisetzung auch hier zur Katastrophe führen, zumal die Forschungsreaktoren fast alle in dicht bebauten Gebiet stehen.

(Störfall Atomkraft, S. 123) Deutschland, Forschungsreaktoren: Es gibt noch vier Forschungsreaktoren in Betrieb (14 weitere sind bereits abgeschaltet, Stand 12/2009) mit thermischen Leistungen zwischen 0,1 MW (Mainz) und 20 MW (Garching) sowie sechs weitere Kleinstreaktoren an Hochschulen (zwölf weitere abgeschaltet, ebenfalls überwiegend an Hochschulen, einige in Industrie und Forschungszentren).

(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kernreaktoren_in_Deutschland#Forschungsreaktoren)

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Hintergründe Störfalle

Update 13.07.2011, 24:00 Uhr (und zurückliegende Tage ….)

Heute:

Fukushima

Verstrahltes Rindfleisch wurde verkauft und verzehrt
Erneutes schweres Erdbeben
Strahlender Schlamm

USA

Feuersbrunst und Wasserfluten …

Frankreich

Atom-Probleme …

Tsunamigefahr in Mitteleuropa

Saudi-Arabien

droht mit atomarer Aufrüstung

Brasilien

125.000 Unterschriften gegen AKW-Bürgschaft

Deutschland

Ein abgeschaltetes AKW soll wieder ans Netz

Grünen droht Wählerklientel wegzubrechen

 

 

Organisatorischer Hinweis: Urlaubsbedingt ist der Abstand zum letzten Update etwas größer als gewohnt, ob wohl die schlechten Nachrichten nicht abreißen. Daher werden einige der folgenden Nachrichten vielleicht schon bekannt sein, eventuell aber nicht in den Details. Einiges Neues ist sicher auch noch dabei. Ab übernächster Woche wird es wieder zeitnaher.

 

Kommentar: Auch vier Monaten nach der Reaktorenkatastrophe von Fukushima ist überhaupt nichts „in Griff“ oder „unter  Kontrolle“, wie man meinen könnte, wenn man die „großen“ Nachrichten verfolgt. Dort jedenfalls taucht Fukushima so gut wie nicht mehr auf. Im wirklich Leben jedoch dilletieren TEPCO-Mitarbeiter an den Folgeproblemen der Katastrophe herum, ohne einen einzigen Lösungsansatz zu haben, wie die freigesetzte Radioaktivität unter Kontrolle zu bringen sei oder gar eine erneute, noch bedrohlichere weitere Freisetzung, etwa durch erneute Explosionen zu verhindern sei. Letztere drohen nach wie vor täglich. Auch das neue schwere Erdbeben zeigt, dass die Gefahr noch nicht vorbei ist. Wer die Ereignisse in Christchurch/Neuseeland in den letzten Jahren verfolgt hat, weiß, dass nach einem schweren Beben schon wesentlich leichtere Nachbeben die mürbe gewordenen Strukturen endgültig zum Einsturz bringen können. … Auch in anderen Teilen der Welt nehmen die Bedrohungen durch Gefahr der Atomtechnik zu. Das einzig Gute daran ist, dass sich Investoren mit dem (finanziellen!!) Risiko immer schwerer tun.

 

 

Verstrahltes Rindfleisch wurde verkauft und verzehrt

(Süddeutsche Zeitung, 12.07.2011, 14:37) Schock für die japanischen Verbraucher: Radioaktiv belastetes Rindfleisch aus der Region Fukushima ist versehentlich in Umlauf geraten. Das betreffende Fleisch soll drei- bis sechsmal so viel radioaktives Cäsium enthalten haben wie erlaubt.

In Japan ist verstrahltes Rindfleisch aus der Umgebung des havarierten Atomkraftwerks Fukushima verkauft und verzehrt worden. Die in dem Fleisch festgestellte Menge an radioaktivem Cäsium habe den gesetzlichen Grenzwert um das drei- bis sechsfache überschritten, teilten die Behörden am Dienstag mit.

Eine Anwohnerin aus der Region um das havarierte japanische Atomkraftwerk Fukushima-1 entsorgt in ihrer Küche Lebensmittel.

Vollständig auf:
https://www.sueddeutsche.de/panorama/japan-folgen-der-nuklearkatastrophe-verstrahltes-rindfleisch-wurde-verkauft-und-verzehrt-1.1119346

Kommentar: Der einmalige „Genuss“ des betroffenen Rindfleisches wird für die Betroffenen keine gravierenden gesundheitlichen Folgen haben. Die Ereignisse zeigen aber beispielhaft den grundsätzlichen Umgang der japanischen Behörden mit den Gefahren.Die Heraufsetzung der Grenzwerte für Schüler (!!) auf die 20 mSv/a (= dem Grenzwert für AKW-Arbeiter) lässt „grüßen“ …

 

 

Erneutes schweres Erdbeben in der Region Fukushima

(Spiegel) Ein neues starkes Erdbeben am 10. Juli 2011 ist in Japan offenbar glimpflich verlaufen. … Berichten des Fernsehsenders zufolge gehen die japanische Atomenergiebehörde und Tepco davon aus, dass die Aufräumarbeiten in Fukushima noch Jahrzehnte andauern könnten. … Bis zum endgültigen Abriss der beschädigten Reaktoren könnten laut NHK-Bericht auch Tepco zufolge noch Jahrzehnte vergehen.

Vollständig auf:

https://www.spiegel.de/panorama/0,1518,773472,00.html

 

 

Fukushima: Strahlender Schlamm

(Spiegel) Eine Atom-Kläranlage schützt das Meer vor Fukushima vor weiterer Verseuchung. Aber noch immer drohen die Reaktoren einzustürzen.

Glühend heiß liegen die drei zerschmolzenen Klumpen auf dem Boden der Reaktor-Ruinen. 380 Tonnen Kühlwasser müssen die Ingenieure jeden Tag in die Katastrophenreaktoren von Fukushima pumpen um nicht die letzte Kontrolle über sie zu verlieren. Ein Teil des Wassers verdampft. Vor allem nachts sind die Wolken über der Trümmerlandschaft gut zu sehen.

Ein Großteil jedoch sickert in die Kellerräume des Kraftwerkskomplexes. An einigen Stellen steht die Brühe mehr als vier Meter hoch. Knapp 100 000 Tonnen Wasser schwappen dort herum – das entspricht dem Inhalt von 40 Olympia-Schwimmbecken. Weitere 20 000 Tonnen Wasser haben die Ingenieure des Fukushima-Betreibers Tepco bereits in externe Speichertanks abgepumpt Auch die sind längst randvoll.

Doch in der vergangenen Woche ist Ingenieuren aus Frankreich, Japan und den USA endlich ein wichtiger Schritt geglückt, gleichsam in letzter Minute. Tepco hat zusammen mit den Konzernen Areva und Veolia sowie der US-Spezialfirma Kurion innerhalb von zehn Woche eine Dekontaminationsanlage errichten die fast alle Strahlenstoffe aus dem Kühlwasser filtern kann. Normalerweise dauert es mindestens ein Jahr, eine solche Spezialanlage zu planen und zu installieren. „Wir mussten uns einfach gewaltig beeilen“, sagt ein Mitarbeiter der japanischen Atomaufsicht Nisa.

Nach größeren Anfangsschwierigkeiten läuft die Anlage nun immerhin so gut, dass der Wasserstand in den Kellerräumen der Reaktorkomplexe 1 bis 4 gesunken ist – zu ersten Mal überhaupt. Auch wenn noch 98 Prozent der Gesamtwassermenge weiter in den Kellern schwappt.

Die Entseuchungstechnik reduziert die Radioaktivität im Wasser angeblich auf ein Zehntausendstel. Am Ende der Dekontamination sei das Wasser nur minimal radioaktiv, sagt Areva-Sprecherin Fleur Floquet-Daubigeon. Manchmal habe man bei Proben überhaupt keine Strahlung mehr feststellen können.

Die Maschinerie ist komplex, die Anlage neben Reaktorblock 4 erinnert n eine Raffinerie. Im ersten Schritt holen Filter Öl, Dreck und Schwermetalle aus dem Kühlwasser. Dann wird es in einen weiteren Tank geleitet und mit Bariumsulfat, Nickel-Ferrocyanid und verschiedenen Chloriden versetzt. Die Chemikalien fangen die Strahlenstoffe wie Cäsium oder Jod ein. In einem zweiten Schritt ketten sich andere Stoffe an die radioaktiven Partikel, so dass die auf den Grund sinken. Der stark strahlende Schlamm sammelt sich in einer Grube. Anschließend wird das Wasser entsalzt und als neues Kühlwasser wieder in die Reaktoren gepumpt – ein improvisierter Kreislauf.

Die Ingenieure haben den Ehrgeiz, kein weiteres Frischwasser in die Reaktorblöcke einzuleiten, sondern nur das Recyclingwasser. In der vergangenen Woche lief die 660 Millionen Dollar teure Atom-Kläranlage erstmals mit drei Vierteln ihrer Kapazität. Aus 50 Tonnen Wasser holt die Anlage 400 Kilogramm Atomschlick. Der Stoff ist derart aktiv, dass er später verglast oder einbetoniert werden muss, ein kompliziertes Verfahren.

Weil niemand bislang genauer zu sagen vermag, wie hoch die radioaktive Belastung wirklich ist, plant das wissenschaftliche Strahlenschutzkomitee der Vereinten Nationen, UNSCEAR, eine Untersuchung. Die Wissenschaftler bereiten eine Studie vor, in der sie auch weltweite Messwerte der Anlagen zur Überwachung von Atomtests nutzen wollen. Daten, die Militärhelikopter und Drohnen amerikanischer und israelischer Militärs direkt nach dem Unfall über Fukushima gesammelt haben, sollen ebenfalls einfließen.

Der erste Zwischenbericht soll im kommenden Jahr vorliegen. …

 

(Quelle: Spiegel Nr. 28 vom 11.07.2011 Seite 122)

 

 

Feuersbrunst und Wasserfluten …

Kommentar: Gleich zwei parallele Natur-Ereignisse in den USA zeigen die Schwachstellen der atomaren „Sicherheit“: Bei den Waldbränden in Los Alamos sind es vor allem die kriminell gefährlich „gelagerten“ (??) Atomabfällen inklusive großer Mengen Plutoniums, welche die Anwohner gefährden, während am Missouri gleich zwei Anlagen mittlerweile vom Hochwasser eingeschlossen sind. Zumindest zeitweise könnte die Notstromversorgung nur mit Dieselgeneratoren aufrecht erhalten werden. Dass die Beschwichtigungen der offiziellen Stellen etwas sehr an Japans Regierung und TEPCO erinnern, mag Zufall sein …

 

Feuersbrunst frisst sich an Atomschrottlager heran

(Welt) In den USA bedrohen Flächenbrände und Hochwasser gleich mehrere nukleare Anlagen. Die Experten beteuern die Sicherheit.

Es ist, als hätten sich Amerikas Atomkraftgegner, Endzeit-Propheten und Klimawandelforscher verschworen: Waldbrände in New Mexico bedrohen Los Alamos, den Geburtsort der amerikanischen Atombombe und das größte Nuklearwaffen-Laboratorium der USA; im Osten Nebraskas haben Fluten des über die Ufer getretenen Missouri zwei Atomkraftwerke eingeschlossen.

Unbestritten ist, dass Ausläufer der fast 150 Quadratkilometer umfassenden Feuersbrunst in New Mexico bis auf zwanzig Meter an das Gelände von Los Alamos heranreichten. Nun gleicht das Laboratorium zwar eher einer Stadt – dort arbeiten und leben 15.000 Menschen in rund 2.000 Gebäuden auf 55 Quadratkilometern –, und es heißt, die waffentechnologisch heikelsten Forschungsstätten seien so konstruiert, dass sie sämtlich einem Brand widerstehen könnten.

 

Nuklearabfall unter freiem Himmel

Was jedoch besorgte Bürger in der Gegend, etwa die Initiative „Concerned Citizens for Nuclear Safety“, umtreibt, sind rund 30.000 200-Liter-Fässer mit plutoniumverseuchtem Nuklearabfall, die auf einem asphaltierten Gelände unter freiem Himmel stehen. Auch diesen Fässern soll angeblich ein Brand nichts anhaben können.

Die Bürgerinitiative fragt, was geschieht, wenn die Fässer platzen. Ihr nuklearer Giftmüll würde in die Flammen und die kilometerhohe Rauchwolke gesogen, glaubt sie. Am Mittwoch waren die Flammen rund drei Kilometer von der Lagerstätte der Fässer entfernt. Die Umweltbehörden des Staates New Mexico wie des Bundes werteten die Luftanalysen von 60 Messstationen auf radioaktive Elemente aus, hieß es von offizieller Stelle. Es bestehe kein Grund zur Sorge.

 

Jahrhunderthochwasser schließt AKWs ein

„Das Risiko, dass irgendetwas schiefgehen könnte, ist wirklich sehr gering“, versicherte am Montag der NRC-Vorsitzende Gregory Jaczko nach einem Rundflug über die beiden von Fluten eingeschlossenen AKW Fort Calhoun und Cooper. Beide Kraftwerke seien sehr gut gerüstet für die Überschwemmungen. … Die Widersprüche beginnen bei der Aufsicht durch die NRC, die vor 30 Jahren für die USA für den Fall eines GAUs einen Evakuierungsradius von 16 Kilometern festlegte; in Fukushima wurden US-Bürger von der NRC aufgefordert, den fünffachen Sicherheitsabstand einzuhalten. …

Vollständig auf:

https://www.welt.de/vermischtes/weltgeschehen/article13458430/Feuersbrunst-frisst-sich-an-Atomschrottlager-heran.html

 

 

Frankreichs Atom-Probleme …

(ZEIT) Präsident Nicolas Sarkozy will die französische Nuklearwirtschaft stärken – und stößt auf Schwierigkeiten.

…  Die allgemeine Verunsicherung brachte der Figaro, das regierungstreue Blatt des Rüstungsindustriellen Serge Dassault, kürzlich auf den Punkt: Nach Fukushima sei Frankreichs »Rechts-links-Konsens« über die Kernenergie bedroht. In der Tat, die große Mehrheit der Franzosen sähe den Anteil des Atomstroms, der zurzeit fast 80 Prozent beträgt, gern deutlich verringert, eine knappe Mehrheit wünscht sich gar einen Ausstieg, auf lange Sicht.  …

… (Der Markt für Nukleartechnik) expandiert trotz der Katastrophe von Fukushima und ist eine der letzten Sparten, in denen französische Firmen Weltmarktführer sind. …

vollständiger Artikel auf: https://www.zeit.de/2011/26/Atomkonzern-Areva

 

 

Tsunamigefahr in Mitteleuropa

Geologen der Uni Orléans fanden heraus, dass es in Frankreich seit dem Jahr 1700 schon 34 Riesentsunamis gegeben hat. Die Risiken für die fünf am Meer liegenden AKW sollen nun neu berechnet werden

(Quelle: Stern Nr. 26, S. 27)

 

 

Saudi-Arabien droht mit atomarer Aufrüstung

In einer vielbeachteten Rede im Juni auf dem südenglischen Royal-Airforce-Stützpunkt Molesworth hat der saudische Prinz Turki Al-Faisal, ein Neffe des Königs Abdullah, zu der „saudische Sicherheitsdoktrin für das kommende Jahrzehnt“ Stellung genommen. Der als kommender Außenminister gehandelte 65-Jährige führte u.a. aus, „ … dass die Saudis gezwungen wären, ihrerseits die Atombombe zu bauen, falls die Iraner es täten.“ Mit technischer Hilfe der Pakistaner wären die Saudis, die den Bau von deren Atombombe zu ca. 50% finanzierten, zu einem solchen Schritt wahrscheinlich schnell in der Lage. Auch wurde zum wiederholten Mal die saudische Forderung nach einem „Atomwaffenfreien Nahen Osten“ wiederholt, die sich allerdings eher an Israel als an den Iran richtet.

Bereits 2008 hat König Abdullah ähnliches verlautbart: „Jeder in der Region würde es den Iranern gleichtun, auch Saudi-Arabien.“

(Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 6.6.2011, S. 8: „Die alte Freundschaft bröckelt“)

 

 

125.000 Unterschriften gegen AKW-Bürgschaft für Brasilien

(news aktuell, Berlin ots) Aktivisten der Organisationen urgewald, Campact und Attac hatten in den letzten Wochen über 125.000 Unterschriften gegen deutsche Hermes-Bürgschaft für das brasilianische Atomkraftwerk Angra 3, die Wirtschaftsminister Rösler übergeben wurden.
„Im Windschatten der Debatte um den deutschen Atomausstieg will die Bundesregierung still und heimlich den Ausbau der Atomkraft in Brasilien fördern“, erklärt Fritz Mielert von Campact. Die Bundesregierung hat bereits im Februar 2010 die Grundsatzzusage für eine Bürgschaft über 1,3 Milliarden Euro für das Atomkraftwerk Angra 3 erteilt, diese aber bis heute nicht in eine endgültige Bürgschaft umgewandelt. „Die Finanzierung ist ins Stocken geraten, weil die beteiligten französischen Banken zusätzliche Sicherheitsanalysen gefordert haben. Es ist ein Armutszeugnis, dass Banken aus dem atomfreundlichen Frankreich kritischer nachfragen als die Bundesregierung“, kommentiert Regine Richter, Energieexpertin von urgewald.

Der brasilianische Atomsektor stand in den letzten Wochen im Kreuzfeuer der Kritik: So wurde bei einer Prüfung nach der Fukushima-Katastrophe festgestellt, dass der Meiler Angra 2 seit zehn Jahren ohne Betriebsgenehmigung läuft. In ihrer Bewertung von Angra 3 kommt die Bundesregierung zu dem Schluss, dass auch die Katastrophenpläne für diesen Reaktor unzureichend sind und er nicht gegen Flugzeugabstürze gesichert ist. Trotzdem hält Schwarz-Gelb an dem Projekt fest. Wenn es um gute Geschäfte geht, ist der deutschen Regierung die Sicherheit von uns Brasilianern wohl egal“, sagt Sérgio Dialetachi, brasilianischer Energieexperte. „Gerade in Sachen Katastrophenschutz und Sicherheitsstandards birgt der brasilianische Atomsektor enorme Risiken in sich. So etwas darf die Bundesregierung nicht mit einer Bürgschaft unterstützen.“

Originaltext: Campact e.V. Digitale Pressemappe: https://www.presseportal.de/pm/64126

Pressemappe via RSS: https://www.presseportal.de/rss/pm_64126.rss2

 

Atomausstieg in Deutschland – Ein abgeschaltetes AKW soll wieder ans Netz

(Süddeutsche Zeitung, Markus Balser , 12.07.2011) Der Atomausstieg wird aufgeweicht: Seit der Katastrophe von Fukushima sind sieben Atomkraftwerke abgeschaltet. Nun soll nach Einschätzung der Bundesnetzagentur eines wieder ans Netz gehen – als Reserve-Reaktor. Deutschland droht sonst eine Lücke bei der Stromversorgung.

vollständig auf:

https://sueddeutsche.dehttps://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/atomausstieg-ein-alt-akw-bleibt-wohl-am-netz-1.1119434

Kommentar: Jetzt droht genau die Entwicklung (Kaltreserve) in der schwarzgelben Chaos-Atompolitik, die in der AtG-Novelle drin stand und vor welcher im Vorfeld der Zustimmung im Bundestag gewarnt wurde … und die Aufregung bei den grünen Abgeordneten, die dem zugestimmt haben ist groß. Am „schärfsten“ ist der Vorschlag, die Gesamtkosten dafür dem Stromkunden auf zu brummen, da ja der Betreiber dabei kein Geld mehr verdient.

 

Grünen droht Wählerklientel wegzubrechen

(WiWo, DIETMAR NEUERER) Mit ihrem Ja zum schwarz-gelben Atomausstieg haben sich die Grünen keinen Gefallen getan. Die Anti-AKW-Bewegung ist empört. Der Ökopartei droht damit eine wichtige Wählerklientel wegzubrechen.

Von einem Sieg der Anti-AKW-Bewegung, der Umweltverbände und auch der Grünen, hatte Claudia Roth die Zustimmung ihrer Partei zu Merkels Atomwende auf einem eigens dafür veranstalteten Sonderparteitag gepriesen. Dabei hatten viele Grüne kurz zuvor noch zusammen mit Hunderttausenden für einen Atomausstieg bis 2017 demonstriert. Die Fraktion hatte das im Bundestag sogar mit einem entsprechenden Gesetzentwurf untermauert. …

Vollständiger Artikel: https://www.wiwo.de/politik-weltwirtschaft/gruene-verlieren-wichtige-anti-atom-verbuendete-472332/?reiterauswahl=2#teaser-top-article

 

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Störfälle

RSK-Stellungnahme ‚Stresstest’

Ergebnisse der RSK-Stellungnahme ‚Stresstest’ vom Mai 2011 als Regierungsauftrag nach Fukushima:

„Die Bewertung der Kernkraftwerke bei den ausgesuchten Einwirkungen zeigt, dass abhängig von den betrachteten Themenfeldern über alle Anlagen kein durchgehendes Ergebnis in Abhängigkeit von Bauart, Alter der Anlage oder Generation auszuweisen ist.“ „Die RSK hat noch keine Überprüfung vorgenommen, inwieweit die bisherigen Auslegungsgrenzen richtig definiert sind.“ Es wurde lediglich eine „Robustheitsbewertung für ausgewählte Aspekte“ vorgenommen. Die eigentlichen Lehren aus Fukushima bezüglich der wirklich notwendigen Sicherheitsreserven, großräumiger Verwüstungen und Infrastrukturzerstörungen, bei denen z.B. kein Kraftstoff für Notstromdiesel herangeschafft werden kann etc. sind noch nicht gezogen.

Ergebnisse im Überblick:

•  Erdbeben: Neue Forschungsergebnisse des Erdbebenzentrums Potsdam legen Berücksichtigung höherer Erdbebenstärken nahe. Welche Erdbebenstärken zu Grunde zu legen sind, muss neu diskutiert werden, die Erdebensicherheit der meisten Anlagen ist nur im Basislevel nachgewiesen (nicht einmal Level 1)
•  Hochwasser: bei einigen Anlagen ist das AKW-Gelände schon beim Bemessungshochwasser überflutet. Was bei einem länger andauernden Hochwasser und Unzugänglichkeit des Geländes geschieht, wurde noch nicht untersucht
•  Notfallmaßnahmen: die Reaktorsicherheitskommission kann keine Aussagen dazu machen, wie gut Notfallmaßnahmen bei erschwerten Randbedingungen von außen (z.B. weiträumige Naturkatastrophen) funktionieren würden, weil sie nicht genügend nachgewiesen wurden. Notfallkonzepte sollten neu erarbeitet und überprüft werden bezüglich verfügbarer Notwarten, Unzugänglichkeit Kraftwerksgelände (z.B. Überflutung), längerer Stromausfall in Umgebung, mobiler Notstromaggregate, Stromeinspeisepunkte außen am AKW etc.
•  Lang andauernder Notstromfall: zum Teil gibt es Öl- und Kraftstoffvorräte, aber nicht überall, keine durchgängigen Nachweise zur Beherrschung einer lang anhaltenden Notsituation bei möglicher Unzugänglicheit des Geländes und der Umgebung.
•  Vollständiger Ausfall Kühlwasserrücklauf: wurde in der Regel bislang nicht untersucht.
•  Brennelementebecken: bei einem Ausfall des Nebenkühlwassers wurde bislang nicht ausreichend untersucht und nachgewiesen,  wie die Brennelementebecken gekühlt werden können, eine vertiefte Überprüfung wird von der Reaktorsicherheitskommission als notwendig erachtet.
•  Flugzeugabsturz: Die verbliebenen neun Atomkraftwerke sind ausgelegt darauf, dem Absturz des ‚Phantom’-Militärflugzeuges standzuhalten. Dass die AKW dem Absturz eines mittleren oder großen Verkehrsflugzeug stand halten, ist nicht nachgewiesen. Die neueren sehr großen Verkehrsflugzeuge Typ A 380 oder vergleichbar wurden noch gar nicht betrachtet.

Einen tabellarischen Überblick finden Sie hier!

Verfasserin: Astrid Schneider, Specherin BAG-Energie (www.bag-energie.de) – Berlin, den 24.06.2011
Quelle Angaben: RSK Stellungnahme 11. vom 14.05.2011 (437 RSK-Sitzung) Download:
https://www.rskonline.de/downloads/rsk_sn_sicherheitsueberpruefung_20110516_hp.pdf

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Hintergründe

Update 23.06.2011, 01:00 (und zurückliegende Tage ….)

Update 23.06.2011, 01:00 (und zurückliegende Tage ….)

Kommentar: Die Grünen stimmen am Samstag über ihre künftige Atompolitik ab: Auf dem Schoß von Merkel, getragen von halbseidenen Versprechungen, die über Nacht wieder revidiert werden können ODER – die gute Wählerstimmung mitnehmend – mit einem entschlossenen Umbau der deutschen Energieerzeugung hin zu einem Zeichen für den Rest der Welt: „Siehe, es geht!“ Wenn Sie Delegierte/r sind oder Delegierte kennen, versuchen Sie, die Stimmung in die richtige Richtung zu drehen … Die Ereignisse in Japan und dem Rest der Welt, zeigen, welche Politik JETZT die richtige ist!

 

Lücke im Atomgesetz

SZ 09.06.2011 05:00

Juristen fordern bessere Begründung für Ausstieg

Berlin – Das Gesetz zum Atomausstieg muss nach Ansicht führender Juristen nachgebessert werden. So sei der geplante stufenweise Ausstieg aus der Atomkraft nicht ausreichend begründet, sagten mehrere Rechtsexperten der Süddeutschen Zeitung. Dies könne dazu führen, dass das Gesetz vom Bundesverfassungsgericht beanstandet werde. Im Zentrum der Kritik steht die Staffelung des Atomausstiegs. Weiter … https://www.sueddeutsche.de/95A38S/55191/Luecke-im-Atomgeset.html

 

Anmerkung zum Brief des BuVo an Umweltverbände.

Eins fällt auf: Während Merkel immerhin vorgibt und in Ansätzen so handelt, als habe sie aus Fukushima gelernt, haben die Grünen die gesellschaftliche Bewusstseinsänderung nicht begriffen: Hunderttausende haben sich nicht den Grünen zuliebe an Demos und Menschenketten beteiligt, sondern weil sie begriffen haben, dass es einen Sofortausstieg braucht. Diese Menschen gehören auch der Mittelschicht an, nach der die Grünen offensichtlich fischen.

Die Anti-AKW-Bewegten haben sich nach den Nichtwählern zur größten Wählergruppe gemausert, quer durch alle gesellschaftlichen Gruppierungen. Das taktische Abstimmungsverhalten (Annahme) wird dieses Wählerpotential verprellen.

Die Glaubwürdigkeit der Grünen Partei wäre erneut beschädigt. Eine Beschleunigung des Ausstiegs nach 2013 nach der Zustimmung jetzt würde als 180-Grad-Wende der Grünen gewertet (kein verlässlicher Partner und Vertrauensbruch). Die Politikabstinenz weiter würde noch mehr anwachsen.

Karsten Hinrichsen, BI Brokdorf, 22.6.11

 

Es geht doch viel schneller

SZ 22.06.2011, 10:11, Ein Gastbeitrag von Jochen Stay

Die Grünen halten sich immer noch für die Anti-Atom-Partei schlechthin. Trotzdem wollen sie dem schwarz-gelben Atomausstieg ihr Placet geben. Doch damit droht der Partei das Schicksal der Steuersenkungspartei FDP – und Deutschland neuer Druck der Atom-Lobby. Dabei wäre ein Ausstieg schneller möglich, sogar sofort, argumentieren Anti-AKW-Aktivisten.

Vollständig: https://www.sueddeutsche.de/politik/atomausstieg-position-der-anti-akw-bewegung-es-geht-doch-viel-schneller-1.1111247

 

Zweites US-AKW von Flut betroffen

Greenpeace, 20.06.2011, Sigrid Totz

Von dem ständig steigenden Hochwasser am Missouri-River ist nun auch das Atomkraftwerk Cooper bei Brownville betroffen. Arbeiter versuchen das noch im Leistungsbetrieb befindliche Kraftwerk mit Sandsäcken zu schützen. Laut Betreiberangaben soll das AKW heruntergefahren werden, wenn der Flusspegel um weitere 90 Zentimeter steigt.

Meldung vom 16.6.2011: US-Atomkraftwerk von Flut bedroht

Das seit Ende Mai andauernde Hochwasser am Missouri-River bedroht das AKW Fort Calhoun im US-Bundesstaat Nebraska. Das Kraftwerk ist bereits vollständig von Wasser umgeben und gleicht einer Insel in den braunen Fluten.

Mit Sandsäcken und Wasserpumpen wird versucht, den Reaktor vor einer Überflutung zu schützen. Das US-Militär warnt davor, dass der Pegel des Flusses noch weiter ansteigen wird und das Hochwasser noch für mehrere Wochen andauern kann. Auch eine Flutwelle, ausgelöst durch einen Dammbruch, kann nicht ausgeschlossen werden.

Bereits im Juni vergangenen Jahres hatte die Atomaufsicht der USA (NRC) festgestellt, dass die Vorsorgemaßnahmen im Atomkraftwerk Fort Calhoun im Falle einer Überflutung nicht ausreichend sind: Elektrische Schaltanlagen und die zur Kühlung des Reaktors benötigten Pumpen können beschädigt werden. Bei einem kompletten Ausfall der Kühlung kann es zu einer Kernschmelze kommen.

Tatsächlich meldete der Betreiber am 7. Juni, einige Tage nach Einsetzen der Flut, Rauchentwicklung in einem Schaltraum, was zu einem Ausfall der Kühlwasserpumpen des Brennelementelagerbeckens führte. Die dadurch ausgelöste Erwärmung des Beckens konnte nach 90 Minuten durch den Einsatz einer Ersatzpumpe gestoppt werden. Das Gebäude musste für vier Stunden evakuiert werden aufgrund der Giftigkeit des eingesetzten Löschmittels.

Das Kraftwerk ist aufgrund eines Brennelementewechsels seit April heruntergefahren. Der Druckwasserreaktor Fort Calhoun wird von Omaha Public Power District betrieben. Er wurde bereits 1973 in Betrieb genommen und hat eine Leistung von 485 Megawatt. Ursprünglich war eine Betriebszeit von 30 Jahren vorgesehen, 2003 wurde die Lizenz allerdings bis zum Jahr 2033 verlängert. https://www.greenpeace.de/themen/atomkraft/nachrichten/artikel/us_atomkraftwerk_von_flut_bedroht/

Kommentar: Erschreckend, dass man davon nichts mitbekommt! Herrscht hier eine Nachrichtensperre?

Atomkraftwerke der Zukunft: Das Träumen vom Schnellen Brüter

SZ 21.06.2011, 11:29, Von Marlene Weiss

Internationale Nuklearexperten planen neue Reaktoren, die ihren Brennstoff selbst erzeugen – auch die Deutschen können sich dem nicht entziehen.

Manchmal versteht Massimo Salvatores die Deutschen einfach nicht. „Die Stimmung hier macht mir wirklich Sorgen“, sagt der fröhliche Italiener, Kernforscher und wissenschaftlicher Berater der französischen Kernenergiebehörde CEA. „Sich die ganze Zeit Sorgen um den Blumentopf zu machen, der einem auf den Kopf fallen könnte, ist keine gute Art, mit den Risiken des Lebens umzugehen.“ …

Vollständig: https://www.sueddeutsche.de/wissen/atomkraftwerke-der-zukunft-das-traeumen-vom-schnellen-brueter-1.1110824

 

Japan: Extreme Probleme beim Schnellen Brüter

Japan hat ein weiteres Problem: In Monju, 60 Meilen von Kyoto, einer Stadt mit 1,5 Millionen Menschen steht der Monju Prototyp, ein Schneller Brüter-Reaktor. Dieser ist derzeit abgeschaltet, da ein 3,3-Tonnen-Bauteil in dem Reaktor in das innere Gefäß, den Reaktordruckbehälter, stürzte. Offenbar wurden dabei Plutonium und Uran-Brennstäben in seinem Kern beschädigt. Ingenieure versuchen immer  wieder seit dem Unfall im August letzten Jahres, das steckengebliebene Gerät zu bergen. Ein weiterer Versuch ist für die nächste Woche geplant. Doch Kritiker warnen, dass der Bergungs-Prozess voller Gefahren ist, da die Anlage große Mengen an flüssigem Natrium nutzt, einen hochentzündlichen Stoff.

https://www.nytimes.com/2011/06/18/world/asia/18japan.html

 

Japan und die Atomkraft

Ende der „guten Beziehungen“?

Schon bald könnte es passieren, dass alle Atomkraftwerke Japans abgeschaltet sind. Das macht vielen Sorgen. „Japan braucht die Kernenergie“, sagt Industrieminister Kaieda. Aber die Akzeptanz für Atomkraft schwindet.

FAZ, Von Petra Kolonko, Tokio, 20. Juni 2011

Für Japans Industrieministerium wird die Sache dringlich. Von den 54 Atomreaktoren des Landes sind derzeit 35 nicht am Netz. 18 Reaktoren sind wegen Inspektionen abgeschaltet, bei 17 wurden nach dem Beben vom 11. März Erdbebenschäden festgestellt. Bei weiteren 19 Reaktoren steht demnächst eine Inspektion an, für die sie abgeschaltet werden müssen. Wenn in der nächsten Zeit keine Reaktoren wieder in Betrieb genommen werden, könnte es sein, dass bis zum Frühjahr nächsten Jahres alle Atomkraftwerke in Japan vom Netz sind.

Die Regierung fürchtet um die Sicherheit der Versorgung, kurz vom dem Juli, wenn der Energiebedarf am höchsten ist. Vor dem Unfall in Fukushima kamen 30 Prozent des japanischen Stroms aus Kernkraftwerken. Allein in West-Japan wird, wenn keiner der derzeit abgeschalteten Reaktoren wieder eingeschaltet wird, elf Prozent des normalen Stromaufkommens nicht zur Verfügung stehen. … weiter: https://www.faz.net/-01xd65

Musiker wollen nicht auf Japan-Tournee Angst vor radioaktiven Strahlen

SZ 19.06.2011, 17:22, Von Sabine Reithmaier

Etliche Musiker der Staatsoper wehren sich gegen eine Teilnahme an der Japan-Tournee im Herbst – aus Angst vor den Strahlen nach dem atomaren Gau in Fukushima. Die Intendanz ist verärgert. …  Etliche Mitarbeiter forderten in der Versammlung eine Absage, zumal ein dritter Experte, Edmund Lengfelder vom Otto Hug-Strahleninstitut, den der Personalrat mit einem Gutachten beauftragt hatte, in einer vierseitigen Stellungnahme von der Reise abrät.

weiter: https://www.sueddeutsche.de/muenchen/musiker-wollen-nicht-auf-japan-tournee-angst-vor-radioaktiven-strahlen-1.1110203

 

E.on plant Milliardenklage

(u.a. SZ vom 20.6.2011)

Die großen Stromkonzerne bereiten Milliardenklagen vor und haben große, international tätige Kanzleien beauftragt. Ein erster, ca. 80 Seiten langer Bericht, den u.a. der Staatsrechtler und ehemalige Verteidigungsminister der CDU, Rupert Scholz für E.on erstellt hat, kommt zum Ergebnis, dass ein Verfassungsverstoß vorliege. Vattenfall erwägt sogar, internationale Gerichte anzurufen. Als ein Problem wird das kurzzeitige „Hin und Her“ der Laufzeitverlängerung/-verkürzungen gesehen. Auch seien aufgrund der Laufzeitverlängerung etliche 100 Millionen neu, etwa in Biblis investiert worden und neue Brennstäbe eingesetzt worden. Im Extremfall könnten die Betreiber zweistellige Milliardenbeträge durchsetzen.

 

 

Atomindustrie plant Verfassungsklage gegen Energiewende

Sonntag, 19. Juni 2011, 11:30 Uhr

Berlin (Reuters) – Die Atomindustrie bereitet nach einen Magazin-Bericht Verfassungsklagen gegen die Energiewende der Bundesregierung vor.

Große Stromkonzerne wollten die geplante Atomgesetz-Novelle kippen und möglicherweise Milliarden Euro an Schadensersatzforderungen stellen, berichtete „Der Spiegel“ am Sonntag. In dem geplanten neuen Atomgesetz will die Bundesregierung die stufenweise Abschaltung aller Meiler bis 2022 festschreiben.

Das Magazin berichtet, die Konzerne hätten namhafte Anwaltskanzleien wie Linklaters, Freshfields Druckhaus Deringer, Clifford Chance und Gleiss Lutz engagiert. Auch seien bereits Gutachten erstellt worden. In einer Expertise für E.ON kommen demnach der Verwaltungsrechtler Christoph Moench und der ehemalige Verteidigungsminister und Staatsrechtler Rupert Scholz zu dem Schluss, dass die den Konzernen im Jahr 2000 zugestandenen Reststrommengen Eigentum der Unternehmen seien. Mit der nun geplanten Atomgesetznovelle werde gegen das verfassungsmäßig verbriefte Eigentumsrecht verstoßen. Die möglichen Schadensersatz-Forderungen für die entgangenen Strommengen liegen nach dem Bericht im zweistelligen Milliardenbereich.

Wie „Der Spiegel“ weiter berichtet, erwägt der schwedische Konzern Vattenfall wegen der Stilllegung seines Atommeilers Krümmel, ein internationales Schiedsgericht anzurufen. Auch die Brennelementesteuer wollen die Konzerne anfechten. RWE will deswegen nach den Bericht nächste Woche Einsprüche beim zuständigen Finanzamt einlegen. https://de.reuters.com/article/companiesNews/idDEBEE75I01C20110619

 

 

Atomkraftwerke – Gefahr bei Revision

( WDR) Von Ingrid Bertram: Die zwei Reaktoren des Atomkraftwerks Gundremmingen in Bayern liegen direkt neben Aislingen an der Donau, dem Ort, aus dem Familie Röther stammt. Die Familie lebt gerne dort, nicht nur, um ihr viertes Kind auf dem Friedhof besuchen zu können. Raffael hatte Leukämie. Als er erkrankte, war er noch keine vier Jahre alt. Vater Armin Röther erinnert sich: „Wir haben halt damals gemerkt, dass er Schmerzen in der Leiste und im Halsbereich gehabt hat. Und da sind wir ins Krankenhaus nach Augsburg gefahren zur Untersuchung. Da haben sie dann festgestellt, dass der Verdacht auf Leukämie besteht und der hat sich dann auch bestätigt.“ Innerhalb von fünf Wochen verstarb Raffael. …

 

Erhöhte Werte bei Brennelementwechsel

Reinhold Thiel engagiert sich in der Organisation Ärzte gegen den Atomkrieg. Er machte bei seinen Recherchen über ein anderes Atomkraftwerk eine interessante Entdeckung: Eine Tabelle mit Emissionswerten des radioaktiven Kohlenstoffs C14, veröffentlicht vom Bundesamt für Strahlenschutz. Er fand heraus, dass in bestimmten Zeiträumen viel mehr Radioaktivität auftritt als sonst. …
Wohlgemerkt: Die Betreiber müssen diese Werte nicht veröffentlichen. Die Menschen in der Nähe des Atomkraftwerks wissen nichts über solche Tagesspitzen. Der atomkritische Strahlenmediziner Edmund Lengfelder glaubt, dass die Mittelwerte über die Wirkung der Strahlung hinwegtäuschen: „Wenn man die Menge, die da abgegeben wird, mittelt über einen längeren Zeitraum, dann ist es so, wie wenn jemand an einem Tag eine Flasche Schnaps trinkt. Dieselbe Menge Schnaps auf zwei Monate verteilt, ist völlig ungefährlich. An einem Tag getrunken, kann das bei einem Erwachsenen einen richtigen Rausch geben. Bei einem kleinen Kind würde das möglicherweise den Tod bedeuten.“ Gilt das, was bei Alkohol sofort einleuchtet, auch für Radioaktivität? …

Die Betreiber haben bisher ihre eigenen taggenauen Werte nicht veröffentlicht. Auf Anfrage gibt RWE plusminus erstmals eine Statistik über den Zeitraum des Brennelementwechsels in Gundremmingen preis. Es sind Daten der sogenannten Revision im vergangenen Jahr. Sie zeigen die Spitzenabgaben von Edelgasen und Jod.
Wir geben die Daten dem Physiker Alfred Körblein vom Umweltinstitut München. Für ihn sind die Daten neu. Der Wissenschaftler geht seit Jahren der Frage nach: Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Wechsel der Brennelemente und einem Krebsrisiko? Alfred Körblein berechnet einen zeitgenauen Verlauf. Sein Ergebnis: Die Abgabe von Edelgasen schnellt innerhalb eines Tages um das 160-Fache in die Höhe. Innerhalb weniger Tage entweicht fast ein Drittel des gesamten Jahresausstoßes für Edelgase, bei Jod ist es sogar die Hälfte. „Die Emissionen konzentrieren sich jetzt auf ein kurzes Zeitintervall innerhalb des Brennelementwechsels. Und das war der Nachweis, den ich gebraucht habe, um meine These zu belegen, dass es eben die Emissionsspitzen sind, die den Effekt machen und nicht die mittlere Belastung über das Jahr“, sagt der Physiker. …
Der Strahlenbiologe Edmund Lengfelder sieht das anders: „Die Freisetzung durch eine so massive Erhöhung bedeutet einen Schub an Strahlenbelastung in einem Organismus, der fünf- bis zehnmal strahlensensibler ist als der Erwachsene und das ist für mich wie eine Flasche Schnaps dem Kind geben.“  …
Vollständig: https://www.daserste.de/plusminus/beitrag_dyn~uid,fup9thovn59ka7dj~cm.asp

 

Atomkatastrophe in Fukushima Super-GAU schon nach fünf Stunden

SZ 09.06.2011, 08:51, Von Christoph Neidhart, Tokio

Doppelt so viel Radioaktivität und eine deutlich frühere Kernschmelze: Japan muss eingestehen, dass die Nuklearkatastrophe in Fukushima schlimmer ist als anfangs eingeräumt. Wurde bewusst verharmlost, um die Sicherheitsmängel anderer AKWs zu verschweigen?

Auch drei Monate nach dem Erdbeben vom 11. März hat Japan das Kernkraftwerk Fukushima-1 nicht unter Kontrolle. Im Gegenteil. Tokio muss die Schwere der Nuklearkatastrophe immer wieder nach oben korrigieren.

Weiter: https://www.sueddeutsche.de/panorama/atomkatastrophe-in-fukushima-gau-schon-nach-fuenf-stunden-1.1106766