Kategorien
Störfälle

Update 15.3.2011, 0:45 Uhr

Kommt jetzt die MEGA-Katastrophe?

ZDF: Wieder Explosion in Akw Fukushima

Drohende Kernschmelze in drei Reaktoren

Am Reaktor 2 der japanischen Atomanlage Fukushima I hat sich eine Explosion ereignet. Zuvor hatte ein Regierungssprecher bekannt gegeben, dass ein Teil des Schutzmantels des Reaktors beschädigt worden sei. Es ist die dritte Explosion in einem Akw.
Nach Informationen von ZDF-Korrespondent Johannes Hano soll es sich nicht um eine weitere Wasserstoffexplosion handeln, sondern um eine Explosion, die möglicherweise zu einer größeren radioaktiven Verseuchung führen könnte. Im Unterschied zu den ersten beiden Explosionen am Samstag und Montag sei diesmal nicht nur das äußere Reaktorgebäude, sondern auch der innere Druckbehälter beschädigt worden.

NTV 00.05 Uhr+++ Explosion an Atomreaktor in Fukushima +++

Nach dem schweren Erdbeben und weiteren heftigen Nachbeben wächst die Angst vor einer atomaren Katastrophe in Japan. Das Kernkraftwerk Fukushima 1 ist stark beschädigt, einige Kühlsysteme sind ausgefallen. Die Behelfskühlung mit Meereswasser kann das nicht ausgleichen. Der Schutzmantel von Reaktor 2 ist offenbar brüchig, im Innern ist eine Explosion zu hören. In drei Reaktoren droht eine Kernschmelze. Die Zahl der Opfer steigt immer weiter. Hunderttausende sind obdachlos.

Dazu muss gesagt werden, dass der Reaktor 2 derjenige war, der im Moment als am kritischsten eingestuft wurde, die Brennstäbe waren mehrfach trocken, zuletzt war es nicht mehr gelungen Meerwasser zur Kühlung des Reaktors in das Containment zu pressen. Nach den ersten Meldung (ZDF u.a.) steht zu befürchten dass der Reaktor selbst bereits schwer beschädigt ist und das Containment ebenfalls zumindest teilweise zerstört wurde. Die Explosion wurde als „schwerer“ und „keine Wasserstoffexplosion wie bisher“ eingestuft.

Gleichzeitig hat der Wind gedreht und weht jetzt nach Süden Richtung Tokio. Falls sich die Aussagen bewahrheiten und Radioaktivität in großem Maß freigesetzt wurde, ist das die befürchtete MEGA-Katastrophe … Hoffen und beten wir …

Kategorien
Hintergründe Störfälle

Japan: Klarstellungen und Hintergründe

1. „radioaktive Gefährdung“ Europas

Nachdem mehrfach in Erklärungen von einer „radioaktive Gefährdung“ Europas oder Deutschland durch die  Ereignisse in Japan berichtet oder davor gewarnt wurde, sei noch einmal deutlich klargestellt, dass DERZEIT dazu keinerlei Anlass besteht. Selbst die zu befürchtende Explosion eines oder mehrere Reaktor-Containements, die definitiv zu einer gewaltigen Freisetzung von Radioaktivität führen würde, hätte lediglich Auswirkung auf Japan selbst und je nach Windrichtung auf Ostasien, Ostrussland oder den nordpazifischen Raum bis ggf. zur US-Westküste.

Anders als in Tschernobyl ist mit hoher Wahrscheinlichkeit mit keinem langandauernden Brand mit extrem hohen Temperaturen zu rechnen, DIESER war die Ursache für die Eintragung der Radioaktivität in die Jetstreams in 10 – 15 km Höhe und erst DADURCH kam es zur großflächigen Verteilung über fast ganz Europa und halb Asien.

 

2. Sprachregelung „GAU“ bzw. Auslegungsstörfall:

Def. Wikipedia: Ein Auslegungsstörfall (engl. Design Basis Accident) eines Kernkraftwerks (AKW, KKW), nach der Definition des Bundesamts für Strahlenschutz auch als größter anzunehmender Unfall (GAU) bezeichnet, ist der größte Unfall, „für den die Sicherheitssysteme noch ausgelegt sein müssen. Die Sicherheitssysteme müssen in einem solchen Fall gewährleisten, dass die Strahlenbelastung außerhalb der Anlage die nach der Strahlenschutzverordnung geltenden Störfallgrenzwerte nicht überschreitet.“[1]

Es ist somit der größte Unfall, der bei der Planung einer kerntechnischen Anlage anzunehmen ist und dessen Beherrschbarkeit im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nachzuweisen ist. Grundlage sind technisch-physikalische Modelle für einen technisch beherrschbaren Störfall. Darüber hinaus gibt es Störfälle, die von solchen Modellen nicht erfasst werden und zum technisch nicht mehr beherrschbaren Super-GAU führen.

Der Begriff Auslegungsstörfall wird von staatlichen Stellen und Kraftwerksbetreibern der bekannteren Bezeichnung GAU vorgezogen. Er weist darauf hin, dass es sich um Störfälle handelt, die bereits durch Analysen in der Planungsphase berücksichtigt wurden und gegen die Kraftwerke redundant ausgelegt sind.

Nach dieser allgemein gültigen Definition ist sowohl in Fukushima in sieben Reaktoren (drei waren abgeschaltet!) als auch in Tokai in einem Reaktor und in Onagawa in einer unbekannten Anzahl der Reaktoren der GAU eingetreten. In Fukushima wurde der Auslegungsstörfall in bisher mindestens zwei (wahrscheinlich in drei) Reaktoren überschritten. Der allgemeine Sprachgebrauch dafür sieht die Bezeichnung „Super-Gau“ vor, genauer, es liegt ein nicht mehr beherrschbarer Auslegungsstörfall vor!

 

3. Kernschmelzen

Die Wasserstoffexplosionen (s. 5.) in bisher zwei Reaktorgebäuden sowie die mehrfach gemeldete Freisetzung von Cäsium zeigt eindeutig und unabstreitbar, dass Kernschmelzen zumindest in den beiden Reaktorblöcken 1 und 3 in Fukushima I eingesetzt haben. Das mehrfache Abstreiten durch Betreiber und japanische Regierungsstellen zeigt die Unzuverlässigkeit dieser Stellen, denen nicht zu glauben ist. Darüber, wie weit die Kernschmelzen fortgeschritten sind und ob in weiteren Reaktoren Kernschmelzen eingetreten sind, kann bei der derzeitigen Informationslage nur spekuliert werden.

 

4. Radioaktivitäts-Freisetzung

Da es bei den Reaktoren in Fukushima sich ausschließlich um Siedewasserreaktoren handelt, die NUR über einen einzigen Primärkreislauf verfügen, ist bereits allein durch Explosion der beiden Reaktorgebäude in großem Umfang Radioaktivität freigesetzt wurden.

 

5. Weitere Gefahren

In allen Reaktoren mit Kühlungsproblemen bzw. -ausfällen muss mit Explosionen des Reaktor-Containments gerechnet werden. Man muss sich vorstellen, dass im (hoffentlich noch intakten) Reaktorgefäß die Kühlung nicht mehr ausreichend – oder gar nicht – funktioniert, sich die Brennstäbe damit überhitzen und zu schmelzen beginnen. Sobald das Uran aus den Stahl-ummantelten Brennstäben austritt (Stahl schmilzt bei ca. 1.500 °C), fängt es an durch Reaktion mit Wasser oder Luftfeuchtigkeit/Dampf zu brennen/oxidieren. DABEI entsteht der Wasserstoff, der bisher 2 x zu den Explosionen geführt hat (s. Punkt 3.). Damit ist belegt, dass zumindest eine einsetzende Kernschmelze in diesen Fällen vorliegt.

Auch der Stahl selbst brennt bei hohen Temperaturen und produziert Wasserstoff. Entweder tritt durch die bei der ersten Explosion zerstörten Leitungen Radioaktivität aus, oder es baut sich hoher Druck auf. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: 1. Es gibt eine weitere Wasserstoff- (Knallgas-) Explosion, die das Reaktorcontainment zerstört oder 2. es gibt aufgrund des hohen Druckes (mehrere Hundert bar) eine Druckexplosion des Containments. Zudem droht ein Durchschmelzen der Beton-Bodenwanne des Containments (China-Syndrom).

 

Quellen:

https://www.tagesschau.de/nachrichtenticker/

https://de.wikipedia.org/wiki/Kerntechnische_Anlage

Kategorien
Störfälle

Update 14.03.2011, 15:00 Uhr

(Kommentare Karl-W. Koch)

Die nachfolgende Liste wurde aus den genannten Quellen erstellt und auf Unstimmigkeiten abgeglichen, weitgehend überschneiden sich jedoch die Meldungen.

 

Stand ist der, dass die größten Probleme nach wie vor in Fukushima I auftreten, dort sind offenbar alle drei Reaktoren, die zum Zeitpunkt des Bebens in Betrieb warenl, „kritisch“, das heißt eine Kernschmelze läuft in allen drei! Eines Explosion eines oder mehrere Reaktor-Containments kann jederzeit eintreten. Näheres dazu in „Klarstellungen“

 

 

Quelle: (hauptsächlich Tagesschau, da diese am ausführlichsten sind und als erstes abgearbeitet wurden)

Tagesschau Nachrichtenticker = ts

Spiegel = Sp

 

ts 14.03.2011 14:20 Uhr

Behörden: Kernschmelze in drei Reaktoren droht

Im AKW Fukushima I droht nach Angaben japanischer Behörden eine Kernschmelze in insgesamt drei Reaktoren. Das sagte Regierungssprecher Edano laut Nachrichtenagentur Kyodo. Im Reaktorblock 2 könnte die Kernschmelze bereits begonnen haben, erklärte die Betreibergesellschaft Tepco. Die Radioaktivität um den Reaktor sei erhöht.

Die übliche Verharmlosung: Die Kernschmelzen laufen bereits seit längerem, s.a. „Klarstellungen“

 

ts 14.03.2011 14:12 Uhr

Japanische Experten: Geringere Belastung als bei Tschernobyl

Japanische Wissenschaftler gehen offenbar von einer weitaus geringeren radioaktiven Belastung aus als beim Unglück von Tschernobyl. Allenfalls sei mit einem Tausendstel der damals gemessenen Werte zu rechnen, berichtete ARD-Korrespondent Hetkämper in der Tagesschau unter Berufung auf japanische Experten.

 

ts 14.03.2011 13:29 Uhr

Offenbar teilweise Kernschmelze in Fukushima I

Eine teilweise Kernschmelze hat möglicherweise im Reaktor 2 des japanischen Kernkraftwerkes Fukushima I stattgefunden. Dies teilte die Betreiberfirma Tepco mit. Ein erster Versuch, den Reaktor mit Meerwasser zu kühlen, ist fehlgeschlagen.

ts 14.03.2011 12:57 Uhr

Techniker leiten Meerwasser in gefährdeten Reaktor ein

Neuer Versuch zur Kühlung des Reaktorblocks 2 im AKW Fukushima I: Techniker haben offenbar bereits 30 Zentimeter Meerwasser eingeleitet. Die Brennstäbe in dem Reaktor lagen zuvor nach Angaben der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo komplett trocken.

 

ts 14.03.2011 12:34 Uhr

Brennstäbe in Block 2 von Fukushima I komplett ohne Wasser

Die Brennstäbe im Block 2 des Kernkraftwerks Fukushima I sind nach Angaben von ARD-Korrespondent Hetkämper nicht mehr von Kühlwasser umgeben. Eine weitere Explosion sei wahrscheinlich.

 

sp +++ Schweiz verabschiedet sich von AKW-Plänen +++

[12.30 Uhr] Nach der verheerenden Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe in Japan hat die Schweizer Regierung am Montag alle Pläne für den Bau neuer Atomkraftwerke auf Eis gelegt. Die Leiterin des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation, Doris Leuthard, sagte am Montag, man werde zunächst sämtliche Sicherheitsstandards prüfen und gegebenenfalls anpassen.

 

ts 14.03.2011 12:07 Uhr

Probleme mit Brennstäben in Fukushima I

Beim Kühlversuch mit Meerwasser im Reaktor 2 des AKWs Fukushima I scheint es einen Rückschlag gegeben zu haben. Japanische Medien meldeten, der Wasserstand des Kühlwassers sei unter das Niveau der Brennstäbe gesunken. Zuvor war versucht worden, den Reaktor mit Meerwasser zu kühlen, um eine Kernschmelze zu verhindern.

 

ts 14.03.2011 11:57 Uhr

Reaktoren in Tokai II und Fukushima II heruntergekühlt

Der Betreiber des Atomkraftwerkes Tokai II, Japan Atomic Power, hat mitgeteilt, der Reaktor werde bis Morgen sicher heruntergekühlt werden können. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Jiji sind auch die Reaktoren Eins und Zwei des Atomkraftwerkes Fukushima II erfolgreich abgekühlt worden.

 

ts 14.03.2011 11:50 Uhr

Indien überprüft AKWs

Angesichts der Probleme in Japan überprüft Indien alle eigenen Reaktoren. Es solle geklärt werden, ob die Reaktoren Ereignissen wie einem Erdbeben oder einem Tsunami standhalten könnten. Indien verfügt über 20 Atomkraftwerke, die meisten davon stehen an der Küste.

 

sp +++ Putin hält an Russlands Atompolitik fest +++

[11.32 Uhr] Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin erklärte am Montag, sein Land werde auch nach der nuklearen Katastrophe in Japan an seine Atompolitik festhalten. Er sehe die Gefahr eines globalen Desasters nicht gegeben, sagte der Premier in der sibirischen Stadt Tomsk. Demnach sollen alle für die kommenden Dekaden geplanten Atomkraftwerke gebaut werden.

 

ts 14.03.2011 07:29 Uhr

Medien: Kühlfunktion in weiterem Fukushima-Reaktor ausgefallen

Im Reaktor 2 des AKW Fukushima I fällt nach Informationen der japanischen Nachrichtenagentur Jiji das Wasserniveau. Die Kühlfunktionen seien ausgefallen.

 

ts 14.03.2011 03:46 Uhr

Unklarheit über Schwere der Explosion in Fukushima 1

Trotz der erneuten Explosion im Atomkraftwerk Fukushima I ist nach Angaben der Regierung die Hülle um den betroffenen Reaktor offenbar intakt.

Das ist insofern Unsinn, da das Reaktorgebäude zerstört ist, also nur das Containment explodiert sein kann …

 

Quellen:

https://www.tagesschau.de/nachrichtenticker/

https://www.greenpeace.de/themen/atomkraft/nachrichten/artikel/erdbeben_in_japan_regierung_ruft_atomaren_notstand_aus/

https://www.spiegel.de/panorama/0,1518,750629,00.html

https://www.ftd.de/politik/international/:chronik-katastrophe-in-japan-die-ereignisse-des-wochenendes/60025051.html#gmap-0-AKW%20Fukushima%20Daiichi%20%28I%29

https://www.n-tv.de/Spezial/Kuehlsystem-in-AKW-Tokai-faellt-aus-article2810866.html

Kategorien
Störfalle Störfälle

Hintergründe zu den Atomkatastrophen in Japan

1. Problem Siedewasserreaktoren

Die Tatsache, dass die betroffenen Reaktoren, zumindest in Fukushima, Siedewasserreaktoren sind, legt den Schluss nahe, dass bereits die Explosion des Reaktorgebäudes soviel Zerstörungen bewirkt hat, dass große Mengen an Radioaktivität freigesetzt wurden. Anders als bei einem Druckwasserreaktor muss das Reaktor-Containment selbst NICHT zerstört sein, um Radioaktivität freizusetzen:

Erl.: Siedewasserreaktoren

Man unterscheidet zwei unterschiedliche Bauarten der gebräuchlichen Atomreaktoren:

–       Siedewasserreaktoren

–       Druckwasserreaktoren.

Bei Druckwasserreaktoren wird das durch die atomare Kettenreaktion erhitzte Kühlwasser über einen Dampferzeuger geleitet. Der Dampferzeuger funktioniert im Prinzip wie ein Wärmetauscher: Das radioaktiv belastete Kühlwasser aus dem Reaktorkern gibt im Dampferzeuger seine Wärme über Wärmetauscherplatten an einen zweiten Wasserkreislauf ab. Der dort im zweiten Kreislauf erzeugte Dampf wird dann zur Turbine geleitet. So gelangt radioaktiv verseuchter Dampf nicht in die Turbine. Dieser Bautyp ist wegen der notwendigen zwei Wasser-Dampf-Kreisläufe aufwändiger beim Bau, aber weniger aufwändig beim Betrieb, da im Turbinenhaus keine Strahlung auftreten kann.

Bei Siedewasserreaktoren gibt es nur einen einzigen Wasser-Dampf-Kreislauf. Das durch die atomare Kettenreaktion erhitzte Kühlwasser verlässt als radioaktiv kontaminierter Dampf das Reaktordruckgefäß und treibt direkt die Turbine an. Die Dampfleitungen führen direkt durch den nicht-atomaren Teil. Das Turbinenhaus gehört durch die vom Dampf ausgehende Strahlung zum Kontrollbereich. Kontaminationen durch Undichtigkeiten erfordern in den nicht-atomaren Bereichen ständige Reinigungsarbeiten.[1]

 

2. Kernschmelze

Erl.:  Kernschmelze

Druckwasserreaktoren und Siedewasserreaktoren werden bei fehlendem Kühlwasser unterkritisch, das heißt, die Kettenreaktion/Energiegewinnung hört grundsätzlich auf. Allerdings findet eine Nachreaktion in den Stäben statt, dadurch wird weiter Wärme produziert. Dabei können die Brennstäbe so weit erhitzen, dass ihre Hüllrohre und auch der darin eingeschlossene Kernbrennstoff schmelzen und am Boden des Reaktorbehälters zusammenlaufen.

Sobald der Kernbrennstoff (z.B. Uran) freigesetzt ist, wird es besonders kritisch: Mit jeglichem Wasser, z.B. Luftfeuchtigkeit, Dampf etc. finden jetzt Rektionen statt, wie sie von der Schulchemie mit Kalium bekannt sind: Das hoch-reaktionsfähige Metall oxidiert (bindet den Sauerstoff)  und (der somit freigesetzte) Wasserstoff entsteht. DAS war z.B. der Wasserstoff, der in Fukushima 1 zur Explosion geführt hatte, also lief dort bereits eine Kernschmelze!

Das Not-Kühlen mit Meerwasser ist eine denkbar schlechte Lösung: Zum einen wird der Reaktor damit faktisch aufgegeben, da er soweit beschädigt wird (Korrosion), dass er nicht mehr verwendet werden kann. Andererseits wird dadurch der Spaltprozess (s.o.,) wieder in Gang gesetzt. Deshalb macht das nur Sinn, wenn dem Meerwasser Bor oder  ein anderes Material beigesetzt wird, mit dem Neutronen abgefangen werden können.

 

Falls das Reaktorcontainment bei einer Explosion zerstört wird oder die Auffangwanne unter dem Reaktorcontainment versagt, gelangen riesige Mengen Radioaktivität (und ggf. auch Plutonium) in die Luft oder ins Grundwasser.

 

3. Problem Plutonium

Mindestens ein Reaktor in Fukushima (Block 3) wird mit MOX-Brennelement betrieben, die Plutonium enthalten.

Aber auch im normalen Betrieb fällt Plutonium in großem Mengen an. Nach zwei Jahren Betriebszeit und zwei Jahren Lagerdauer enthalten die Uranbrennstäbe pro Tonne bis zu 10 kg Plutonium-Isotope, die sich abtrennen lassen. Die so gewonnenen Plutonium-Isotope sind durch Neutronenbeschuss wieder spaltbar, so dass eine Kettenreaktion ausgelöst wird. Wie bei der Kernspaltung beim Uran entsteht Energie.[2] Nach mehreren Meldungen sind die Brennstäbe in Fukushima Block 1 schon lange in betrieb und werden daher relativ hohe Anreicherung an Plutonium enthalten.  (s.a. Update 13.3.2011, 16:00 Uhr)

 

4. Einschätzung der freigesetzten Strahlungsmengen:

In Fukushima wurden lt. verschiedenen Meldungen von sog „Ortsdosisleistungsmessungen“ mit Werten über 1,2 mSv/h gesprochen. Über eine Woche wäre das bereits ca. 200 mSv.

Tabelle 9[3]:    Krankheitsbilder (akute Strahlenschäden) bei
Belastungen durch Strahlung

Schwellendosis 250 mSv u. a. Veränderungen im Blutbild
Subletale[4] Dosis 1.000 mSv Haarausfall, Appetitlosigkeit, Brechdurchfall
Mitteletale Dosis 4.000 mSv Bei Nichtbehandlung 50 Prozent Todesfälle
Letale Dosis 7.000 mSv Bei Nichtbehandlung 100 Prozent Todesfälle

(Quelle: Bayrisches Ministerium für Umweltfragen: Strahlenschutz, Radioaktivität und Gesundheit, München, 1986 / mSv = Millisievert)

Die mittlere Jahresdosis für “Jedermann“ beträgt rund zwei Millisievert.[5]

Schon geringste Strahlungsmengen können fruchtschädigend wirken, deshalb sind Schwangere besonders gefährdet.

Bei Menschen, die während ihres Arbeitslebens 20 mSv aufnahmen (im gesamten Arbeitsleben wären das 1.000 mSv) liegt die Krebsrate zwischen vier und fünf Prozent. Eine neuere Studie der WHO (= Weltgesundheitsorganisation) schätzt die Rate sogar auf zehn bis zwölf Prozent.[6]

„Bei den Körperspätschäden (Krebs und Leukämie) lässt sich eine kritische Dosisschwelle nicht so klar definieren wie bei den Frühschäden“, gesteht selbst das Bayrische Umweltministerium in einer Broschüre zu, die 1986 nach Tschernobyl – offenbar zum Zweck der „Entwarnung“ – herausgegeben wurde.[7]

Für Anlieger von AKW gibt zwei Möglichkeiten, Strahlung aufzunehmen: Durch Abluft und Abwasser sowohl im Störfall als auch im geringen Maßen im Normalbetrieb über die Haut oder durch die Aufnahme mit Nahrung, Trinkwasser oder Atemluft.[8]

 

5. Folgen für Deutschland:

Die Radioaktivität, wenn es zu größeren Freisetzungen kommen sollte, wird Deutschland nur sehr stark eingeschränkt erreichen. Grund ist, dass anderes als in Tschernobyl, KEIN langandauernder Brand mit extrem hohen Temperaturen zu befürchten ist. Nur durch diesen sind die radioaktiven Partikel in Tschernobyl so weit in die Atmosphäre aufgestiegen, dass sie über die Jetstreams transportiert werden konnten.  Zu erwarten ist eher ein Ereignis wie in Majak, wo die Radioaktivität lokal (was durchaus auch Tokio usw. einschließen kann, d.h. bis zu mehreren Hundert km je nach Windrichtung) runterkommt. Einzig eine Explosion eines Reaktorcontainments und ein lang anhaltender Metallbrand des Reaktors (z.B. der Stahl des Containments, Stahl ist bei sehr hohen Temperaturen brennbar!) könnte das ändern, unwahrscheinlich, aber auszuschließen ist überhaupt nichts!


[1] Störfall Atomkraft, S. 102 f

[2] https://www.seilnacht.com/Lexikon/94Pluton.html

[3] Störfall Atomkraft, S. 224

[4] „Letal“ bedeutet: tödlich, klingt aber sympathischer

[5] https://www.bfs.de/bfs/druck/broschueren/str_u_strschutz.pdf

[6] Phönix, 6.1.2010, 23:48: „Schwedens heile Atomwelt“

[7] Bayrisches Ministerium für Umweltfragen: Strahlenschutz, Radioaktivität und Gesundheit, München, 1986

[8] zitiert nach „Störfall Atomkraft“, S. 227

Kategorien
Störfälle

Update 13.03.2011, 19:00 Uhr

+++ 19.00 In Fukushima mittlerweile Probleme in 4 Reaktoren (Quelle: ZDF Heute 19:00)

Blöcke 1, 2, 3, 4 sind nicht unter Kontrolle, Block 2 droht zu explodieren. Die Radioaktivität, die zur Ausrufung des „Atomaren Notstandes“ in Onagawa führte, stammt offenbar aus Fukushima. Das macht die Sache nicht besser, da dies bedeutet, dass dort bereits extrem viel Radioaktivität freigesetzt wurde – die Kernschmelze ist offenbar in vollem Gange – und bis Onagawa (ca. 150 km entfernt) getragen wurde.

+++ 17.15 Kühlsystem in AKW Tokai fällt aus +++
In einem weiteren Atomkraftwerk fällt das Kühlsystem aus, berichtet die Nachrichtenagentur Kyodo unter Berufung auf die Feuerwehr. Es handelt sich um das AKW Tokai an der Ostküste südlich von Fukushima. Die Lage hier scheint sich derzeit zu entspannen, nachdem einen Notpumpe eingesetzt wurde.

 

+++ Kühlsystem in drittem AKW ausgefallen +++

[17.13 Uhr] In einem dritten Atomkraftwerk in Japan ist das Kühlsystem ausgefallen, berichtet die Agentur Kyodo unter Berufung auf die Feuerwehr. Es handelt sich um das AKW Tokai an der Ostküste südlich von Fukushima in der Präfektur Ibaraki. Im Reaktor 2 hat eine Pumpe des Kühlsystems die Arbeit eingestellt. Die Anlage befindet sich 120 Kilometer nördlich von Tokio und wurde noch am Freitag nach dem Beben automatisch abgeschaltet. Im September 1995 gab es in dem Kraftwerk schon einmal einen Störfall, bei dem drei Arbeiter durch radioaktive Verseuchung ums Leben kamen. Das Verstrahlungsniveau hatte bis zu 20.000 Mal über dem normalen Wert gelegen.[1]

 

+++ Block 2 von Fukushima wieder normal gekühlt +++

[17.11 Uhr] Der Reaktor 2 des Fukushima Daiichi AKW wird mit funktionierendem Notsystem gekühlt, während in die Reaktoren 1 und 3 Meerwasser eingeleitet wird. Das teilte die japanische Atomaufsichtsbehörde NISA (Nuclear and Industrial Safety Agency) mit. Derzeit werde Süßwasser über das normale Kernnotkühlsystem (RCIC – Reactor Core Isloation Cooling) in den Reaktor 2 eingespeist. In dem Meiler war zuvor auch der Druck angestiegen. Bei den gleichfalls von Ausfällen des Kühlsystems betroffenen Reaktoren 1, 2 und 4 des Kernkraftwerks Fukushima Daini seien die Vorbereitungen zum Ablassen von Dampf abgeschlossen, sagte eine Mitarbeiterin der Behörde.[2]


[1] https://www.spiegel.de/panorama/0,1518,750629,00.html

[2] https://www.spiegel.de/panorama/0,1518,750629,00.html

Kategorien
Hintergründe Störfälle

Update 13.3.2011, 16:00 Uhr

̶     Nuklearer Notstand in 3. Reaktor
15.05 Uhr: In Japan haben die Behörden den nuklearen Notstand in einem weiteren Atomkraftwerk ausgerufen. Für das Kraftwerk Onagawa sei wegen überhöhter Werte von Radioaktivität die niedrigste Notstandsstufe erklärt worden, teilte die Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) am Sonntag in Wien mit.[1]

̶     Fukushima: nächster Block wird aufgegeben
14.15 Uhr: Nach der BBCWorld/Reuters soll sich TEPCO darauf vorbereiten auch den Block 2 von Fukushima 1 zu fluten.[2] Das lässt darauf schließen, dass auch hier die Kühlung entgültig ausgefallen ist. Die Flutung der Reaktorkontainements weist weiter darauf hin, dass die Reaktoren „aufgegeben“ werden. Die Schäden durch das Meerwasser (Korrosion) werden so groß sein, dass eine Reparatur nicht mehr als realistisch angesehen wird. Zu dem muss Bor oder ein anderer Neutronenfänger zugesetzt werden, um zumindest eine weitere Energiefreisetzung durch die Reaktion mit Wasser zu verhindern.

̶     Fukushima; Plutoniumfreisetzung droht
Der havarierte Reaktor 3 in Fukushima wird offenbar mit sog. MOX-Brennstäben gefahren[3]. Diese Recycling-Brennstäbe bestehen aus mehreren Uran- und Plutoniumoxiden. Das Plutonium wird aus den alten abgebrannten Brennstäben gewonnen und kann zusätzlich zum Uran zur Energiegewinnung verwendet werden und führt so zu einer höheren Energieausbeute. Uran-Atomreaktoren produzieren als Nebenprodukt zwangsläufig Plutonium, das in Wiederaufbereitungsanlagen abgetrennt wird. Bei einer Explosion käme im schlimmsten Fall durch seine extreme gesundsheitsschädliche Radioaktivität Ultragift Plutonium zu einer weitflächigen Verseuchung . Bereits die Inhalation von 40 Nanogramm 239Pu reicht aus, um den Grenzwert der Jahres-Aktivitätszufuhr für Inhalation bei Arbeitern zu erreichen[4]. Plutonium und seine Verbindungen gehören zu den giftigsten, bekannten Stoffen, die sind stark radioaktiv. Sie lagern sich im Knochenmark und in der Leber an, von wo aus sie den Körper radioaktiv verstrahlen. Beim Einatmen von plutoniumhaltigen Stäuben kann sich Lungenkrebs bilden. Die Einnahme weniger tausendstel Gramm des Elements führt zu tödlichen Strahlenschäden.[5]

̶     Stromnotstand
Japan droht in weiten Teilen eine Stromrationierung für mehrere Wochen, außerdem wird Energie (u.a. Flüssiggas) aus Russland importiert

̶     Evakuierung läuft
mittlerweile sind ca. 300.000 Menschen evakuiert, Es sind bisher ca. 160 Strahlungsopfer[6] gemeldet, was auf eine massive Freisetzung von Radioaktivität hinweist.

̶     Erhöhte Radioaktivität
Am 13.03. um 11.13 Uhr Ortszeit habe nach Angaben der Presseagentur Kyodo die Behörde ein Leck in Block 1 vermutet. Anlass dazu gäben Ortsdosisleistungsmessungen mit Werten über 1,2 mSv/h. Nach Informationen von CNN habe der Regierungssprecher Edano (um 12.06 Uhr Ortszeit, 13.03.) gesagt, dass sich möglicherweise eine Kernschmelze ereignet haben könnte.
Zum Vergleich die Zahlen aus Tschernobyl: Für das erste Jahr nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl wurde eine zusätzliche durchschnittliche effektive Jahres-Dosis von 1,0 mSv in Bayern und 0,1 mSv in Nordrhein-Westfalen errechnet. Die derzeitige zusätzliche Strahlenexposition in Deutschland durch den Reaktorunfall beträgt noch ca. 0,016 mSv/a. In unmittelbarer Nähe des brennenden Reaktors von Tschernobyl waren die Menschen höheren Strahlenbelastungen von bis zu 500 mSv ausgesetzt.

 

 

Gut ist die Aktualisierung auf Wikipedia[7]:

Unfall nach dem Erdbeben am 11. März 2011

Am 11. März 2011 wurde aufgrund des schweren Sendai-Erdbebens das Kraftwerk abgeschaltet.[4] Zu diesem Zeitpunkt waren die Blöcke 1, 2 und 3 in Betrieb und die Blöcke 4, 5 und 6 waren auf Grund von Wartungsarbeiten heruntergefahren.[5] TEPCO berichtete, dass die Notstromdieselaggregate starteten, jedoch nach einer Stunde infolge des Tsunami[6] stoppten, so dass für die Blöcke 1, 2 und 3 keine ausreichende Kühlung mehr gewährleistet war, um die Nachzerfallswärme abzuführen.[7] Zwar gab es mobile Generatoren vor Ort, und weitere wurden herangefahren; diese konnten allerdings bis zum 12. März morgens MEZ aufgrund ungeeigneter Kabel, eventuell auch der Versperrung von Zufahrtswegen nicht angeschlossen werden.[4][8] Zum ersten Mal in der Geschichte Japans musste Regierungschef Naoto Kan den atomaren Notstand ausrufen. Im Umkreis von zehn Kilometern um das Kraftwerk herum wurde die Bevölkerung aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen.[9][10][11]

Da das Kühlsystem im Reaktorblock 1 nicht mehr zur Verfügung stand, verdampfte Kühlwasser, bis Teile der Brennstäbe aus dem Wasser ragten. Der Druck wurde teilweise in das Containment abgelassen, wo er sich von 4 auf 8,4 bar erhöhte. Daraufhin wurde Dampf aus dem Containment und Reaktorgebäude abgelassen, infolgedessen am 12. März in direkter Umgebung des Reaktorblocks geringe Konzentrationen der radioaktiven Caesium– und IodIsotope 137Cs und 131I nachgewiesen wurden.[6][8]

Um ca. 15:36 Uhr Ortszeit[12] (7:36 MEZ) am 12. März ereignete sich eine Explosion im Kernkraftwerk Fukushima I, bei der die äußere Verkleidung des Reaktorgebäudes 1 weggesprengt wurde.[13] Daraufhin wurde der Kreis, aus welchem der Bevölkerung der Rückzug empfohlen worden war, auf 20 Kilometer ausgeweitet.[14][15] Einer Stellungnahme der Regierung zufolge wurde das Containment nicht beschädigt, die Strahlungswerte am Werkstor sollten 70-fach über den Normalwerten liegen.[16][17] Bei der Explosion handelte es sich um eine Verpuffung von Wasserstoff zwischen Reaktorhülle und Reaktor. Nach Meinung von Fachleuten kann dieser nur durch die Reaktion von sehr heißem Wasserdampf mit freiliegenden Zirkonium-Brennelementhülsen entstanden sein.[18] Durch die Explosion wurden vier Arbeiter vor Ort verletzt, drei weitere Arbeiter kamen in anderen Vorfällen zu Verletzungen. Zudem wurde ein Arbeiter einer erhöhten Strahlungsdosis ausgesetzt.[19]

In Fukushima blies zum Explosionszeitpunkt ein Westwind von etwa 15 km/h; der Wetterbericht prognostiziert, dass dieser Wind bis einschließlich Montag 14. März gleichbleibend anhält.[20] Eventuell freigesetzte radioaktive Partikel würden daher zunächst auf das Meer hinausgetrieben. Die japanischen Behörden vermuten seit circa 17:00 Uhr MEZ aufgrund stark erhöhter Iod– und Caesiumwerte eine partielle Kernschmelze, die japanische Tageszeitung Asahi Shimbun berichtete von partiell freiliegenden Brennstäben.[21] Seit 20:20 Uhr Ortszeit (12:20 MEZ) wird Meerwasser zur Abkühlung mit Borsäure als Neutronenfänger in das Containment gepumpt, die Behörden bereiten auch die Verteilung von Iod-Tabletten vor.[6][22] Das Auffüllen des Containments soll etwa zehn Tage in Anspruch nehmen, manche Quellen sprechen auch von zwei Tagen.[22][23] Der Vorfall wurde von der Japanischen Atomaufsichtsbehörde bisher als INES 4 (Unfall) von max. 7 eingestuft.[24][25] Premierminister Naoto Kan flog mit einem Hubschrauber zur Anlage und forderte dort einen Leiter von TEPCO auf, die umliegende Bevölkerung zu unterstützen.[26]

Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO/IAEA) teilte am 12. März gegen 21 Uhr (MEZ) mit, dass bislang etwa 170.000 Anwohner innerhalb des 20-km-Radius evakuiert wurden und dass die Evakuierungsmaßnahmen noch nicht abgeschlossen seien.[27] Zum Evakuierungsradius gehört noch nicht die 25 km nördlich gelegene Stadt Minamisōma. Gegen 22 Uhr (MEZ) gab die Japanische Atomaufsichtsbehörde bekannt, dass die Notkühlung im Block 3 nicht mehr funktionsfähig wäre und dringend eine Methode zur Bereitstellung von Kühlwasser gefunden werden müsse.[28] Kabinettssekretär Yukio Edano sagte, offizielle Stellen handelten nun aufgrund der Annahme, dass eine Kernschmelze in Block 3 im Gang sein könnte und dass es sehr wahrscheinlich sei, dass in Block 1 eine Kernschmelze in Gang sei.[29] Am 13. März 2011 bestätigte der Betreiber TEPCO gegen 12 Uhr Ortszeit (4 Uhr MEZ), dass auch in Block 3 die Drucksicherheitsventile geöffnet wurden, um Dampf abzulassen, und dass unmittelbar danach das Containment mit einer wässrigen Lösung von Borsäure geflutet wurde.[30] Die Brennelemente sind durch die Salzwasserzufuhr inzwischen wieder unter Wasser. Es könne allerdings sein, dass sich dadurch Wasserstoff unter dem Dach von Block 3 angesammelt habe. Sollte es wie beim Reaktor Nummer Eins zur Explosion kommen, könne der Reaktor dem widerstehen. Es gebe keine Notwendigkeit neuer Evakuierungsmaßnahmen.[31]


[1] https://www.greenpeace.de/themen/atomkraft/nachrichten/artikel/erdbeben_in_japan_regierung_ruft_atomaren_notstand_aus/

[2] ebenda

[3] u.a. https://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/0,1518,750668,00.html

[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Plutonium#Toxizit.C3.A4t

[5] https://www.seilnacht.com/Lexikon/94Pluton.html

[6] https://www.spiegel.de/panorama/0,1518,750472,00.html

[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Fukushima_I

Kategorien
Hintergründe Störfälle

Erdbebensicherheit deutscher AKWs

aktualisiert am 27.4.2011, ein pdf des Artikels mit Grafiken finden Sie hier

Japans Atomkatastrophen haben eindrücklich gezeigt, dass die Erdbebengefahr bei der Kernkraftnutzung bisher sträflich vernachlässigt wurde. Die nachfolgende Arbeit soll darlegen, dass auch in Deutschland eine immense Gefahr einer Katastrophe jenseits des sog. „Auslegungsstörfalls“ besteht, die bisher schlicht ignoriert oder verleugnet wurde. Zwar sind Beben wie das Jahrhundertbeben in Japan nicht zu erwarten, dafür sind die Schutz-Auslegungen gegen Beben in deutschen AKWs auch auf wesentlich geringere Beben berechnet. Selbst ein Tsunami an der Nordseeküste ist nicht auszuschließen, Ursache könnte ein Hangrutsch wie vor 8.000 Jahren sein oder ein gewaltiger, plötzlicher unterseeischer Vulkanausbruch bei Island.[1]

Eine kurze Erläuterung zum Verständnis vorab: Es gibt verschiedene Mess-Skalen zur Feststellung der Erdbebenstärken. Gebräuchlich ist die Richterskala[2] (ML = lokale Magnitude). Diese Skala misst die Wirkung des Bebens an der Oberfläche, eigentlich die sog. die Intensität. Intensität und dadurch die Bodeneffekte hängen nicht nur von der Magnitude (s.u.) ab, sondern auch von der Distanz zum Epizentrum, der Tiefe des Erdbebenherdes unter dem Epizentrum und den geologischen Bedingungen. Die Intensität ist zu unterscheiden von der Magnitude (ein Maß für die Stärke von Erdbeben. Magnituden werden überwiegend aus den Amplituden, seltener auch aus anderen Parametern von Seismogrammen bestimmt.)

Eine weitere Intensitätsskala, die so genannten MSK-Skala[3] (Medvedev-Sponheuer-Karnik-Skala), gibt die Stärke eines Bebens beispielsweise in zwölf Stärkegraden an. Die Abstufung orientiert sich sowohl an subjektiven als auch an objektiven Kriterien. Sehr grob ist eine Umrechnung von der Richter-Skala auf die MSK-Skala durch Addieren von „+2  bis +2,5“ möglich.


[1] https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,441648,00.html

bzw. https://www.sueddeutsche.de/wissen/unterwasserhaenge-im-nordmeer-rutschender-schlick-1.400429

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Richterskala

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Medwedew-Sponheuer-K%C3%A1rn%C3%ADk-Skala

Richter Magnituden, Stärkegrad Beobachtung

1,0     Mikro Mikro-Erdbeben
2,0     extrem leicht: nicht spürbar, jedoch messbar
3,0     sehr leicht: Oft spürbar, Schäden sehr selten
4,0     leicht: sichtbares Bewegen von Gegenständen
5,0     mittel: Bei anfälligen Gebäuden ernste Schäden
6,0     stark: Zerstörung im Umkreis bis zu 70 km
7,0     groß: Zerstörung über weite Gebiete
8,0     sehr groß: Zerstörung in einigen 100 km
9,0     extrem groß: Zerstörung in Bereichen von 1000 km
10,0    Globale Katastrophe: Noch nie registriert

MSK-Skala, Stärkegrad Beobachtung
I            nur von Erdbebenmessgeräten registriert
II           nur von ruhenden Pers. zu spüren
III          nur von wenigen Personen gespürt
IV          Geschirr und Fenster klirren
V           hängende Gegenstände pendeln
VI          leichte Verputzschäden an Gebäuden
VII         Risse in Wänden + an Schornsteinen
VIII        große Risse in Giebelteile, Dachsimse stürzen ein
IX          Wände und Dächer stürzen ein; Erdrutsche
X           Einsturz vieler Gebäude; Spalten im Boden
XI          zahlreiche Spalten im Boden; Erdrutsche
XII         starke Veränderungen an der Erdoberfläche

 

Weitere Skalen sind eher unüblich.

Siehe auch


Am 13. Apr. 1992 bebte nahe Roermond (Niederlande) die Erde. Beim Erdbeben von Roermond 1992 wackelten die Häuser, Schornsteine und Dachziegel fielen herab, Bäume stürzten um. Mehr als 30 Personen wurden verletzt, die Sachschäden wurden auf deutscher Seite auf etwa 150 Millionen D-Mark beziffert. Die Magnitude wurde nach Richter (RS) auf  5,9 eingestuft, die Intensität betrug VII. Das Beben war in dieser Stärke unerwartet, das letzte ähnlich starke Beben lag 200 Jahre zurück.

In Deutschland gibt es Erdbeben vor allem entlang des Rheingrabens und auf der Schwäbischen Alb. Am 5.12.2004 gab es in Waldkirch im Breisgau ein Beben der Stärke 5,2 (RS), ebenso am 14.3.1951 in Euskirchen. Bei den beiden schweren Beben in Christchurch in Neuseeland 2010 und 2011 war in dieser Region in den 150 Jahren vorher kein einziges vergleichbares Beben gewesen. Dies zeigt, dass Erdbebenvorhersagen nicht nur bezüglich des Zeitpunktes, sondern auch bezüglich Stärke und Ort unmöglich sind. Ein Urvertrauen darauf, dass sich Erdbeben „an die bisherigen Stärken halten und diese nicht zu überschreiten gedenken“ ist also durch nicht zu rechtfertigten!

Prof. Wolfgang Jacoby, Uni Mainz, hält am 14.4.2011 in einem Vortrag in Speyer Beben in Deutschland bis ML 5 auf RS für jederzeit denkbar. Gefährdet sind der Hohenzollerngraben, das Maintal, das Niederrheinbecken. Die größte denkbare Magnitude wäre dabei ML 7,0, voraussichtlich im Rheingraben. Es lassen sich nur Aussagen zur „Wahrscheinlichkeit“ etwa in den nächsten 100 oder 1000 Jahren machen. WANN und WO in diesem Zeitraum das Beben eintritt, lässt sich nicht vorhersagen.

Zu beachten ist, dass es jederzeit auch Beben an „unerwarteten Stellen“ geben kann. Die Aussagen zu Risikoabschätzungen basieren auf bekannten Erdbebenaktivität: Davon abgeleitet wird die Wahrscheinlichkeit, dass ein Beben einer bestimmten Magnitude in bestimmter Entfernung in bestimmter Zeit  stattfindet. Wo noch nichts in den letzten Jahrhunderten stattgefunden hat, kann nichts hochgerechnet werden … Prof. Jacoby würde nach eigner Aussage „nie wagen zu sagen, hier ist eine absolute Sicherheit, ich kann meine Hand dafür nicht ins Feuer liegen“.

Die beiden Beben von Christchurch 2010/2011 kosteten ca. 200 Menschen das Leben und richteten zwischen 10 und 20 Mrd. US-$ Schaden an. das zweite war zwar verheerender, hatte aber mit etwa 6,3 (RS) die geringere Stärke (das 1.: 7,0 RS) Ein entsprechend verheerendes Beben im Rheingraben der Stärke 7,0 ist nicht auszuschließen und würde die AKWs Biblis oder Philippsburg in Einzelteile zerlegen.

Fazit: Bei Erdbeben wären nach bisherigen Erfahrungen zumindest die AKWs Biblis A und B und Philippsburg 1 und 2 stark gefährdet. Einem Tsunami ausgeliefert wären Brunsbüttel, Brokdorf und Unterweser. Die Auslegung deutscher AKWs liegt maximal bei 5 bis 6 laut Richterskala! Zu rechnen ist durchaus mit einem Erdbeben mit Stärken über 6,0 (RS)

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Richterskala

 

Biblis B

Henrik Paulitz kommt bei einer Untersuchung zu Biblis 2008 zu dem Ergebnis, dass Biblis B (das war Gegenstand der Untersuchung) schon ein vormals in der Nähe stattgefundenes Erdbeben (Worms) NICHT unbeschadet überstehen hätte. Für die Erdbeben-Auslegungen Biblis B wurden nur Intensitäten bis VIII und maximale Bodenbeschleunigungen bis etwa 1,5 m/s2 berücksichtigt. Tatsächlich aber sind am Standort Erdbeben mit weitaus größeren Intensitäten bzw. Bodenbeschleunigungen (bis 3,0 m/s2 und mehr) möglich. Die RSK-Arbeitsgruppe Seismologie hält es für „sachgerecht“, mit Magnituden bis (Richterskala) ML = 6,1 zu rechnen, das wäre eine Intensität bis etwa IX. 1952 kam es – weniger als 20 km vom Standort Biblis entfernt – bei Ludwigshafen/Worms zu einem mittelschweren Erdbeben: Magnitude ML = 5,1. Das stärkste bisher beobachtete tektonische Erdbeben im Bereich des mitteleuropäischen Schollenlandes war das berühmte Erdbeben von Basel im Jahre 1356. Diesem Erdbeben wird heute im allgemeinen eine Intensität von ca. 7 bis 8 laut Richterskala zugeordnet.

 

Erdbebensicherheit technischer Anlagen in Baden-Württemberg

In der Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Kleine Anfrage des Abg. Dr. Walter Witzel GRÜNE vom 06. 03. 2003; „Risiken bei Erdbeben am Oberrhein“ wird massiv rumgeeiert. Zum Beispiel, Frage:

„Deckt der reguläre Katastrophenplan auch gekoppelte potenzielle Szenarien ab (wenn also z.B. als Folge eines schweren Erdbebens sowohl der Rheinseitenkanal birst als auch ein schwerer Atomunfall in Fessenheim ausgelöst wird“

Antwort: „Die Landesregierung kann keine konkreten Aussagen zu den Auswirkungen von Erdbeben, sondern nur zu der Koordinierung eines solchen Ereignisses machen.“

 

Konkret wird es immerhin an zwei Stellen:

„… Die Erdbebenauslegung des Kernkraftwerks Fessenheim geht von dem stärksten, historisch wahrscheinlichen Erdbeben an dem Standort aus. Für dieses Auslegungserdbeben wurde ein Beben der Stärke von 5,9 auf der Richter-Skala mit einer Tiefe von 20 km direkt unter den Kraftwerk bzw. ein Beben der Stärke 6,5 mit einer Tiefe von 10 bis 20 km in einer Entfernung von 30 km festgelegt. Als Sicherheitserdbeben wird ein Erdbeben der doppelten Stärke angenommen.“

und

„Die Landesregierung anerkennt den Bedarf weiterer Forschungs- und Untersuchungsprojekte zur Einschätzung der Erdbebengefährdung in Baden-Württemberg.

 

 

Greenpeace kommt in einem Gutachten (hier) 2005 zu folgenden Ergebnissen:

Gefährdung durch Erdbeben Biblis A + B

Biblis A weist viele Mängel auf. Die schlimmste Schwachstelle könnte die Gefährdung durch Erdbeben sein. Bis Ende der 90er Jahre wurde davon ausgegangen, dass maximal ein Beben der Stärke 7,75 auf der MSK-Skala (ca. 5 Richterskala) zu befürchten ist. Schon einem solchen könnten unzählige Rohrleitungen, Kabel und Ventile im Block A nicht standhalten. Nach dem neuesten Erkenntnisstand reicht diese Annahme jedoch nicht aus. Ein im Dezember 1999 abgeschlossenes, bis heute nicht veröffentlichtes Expertengutachten belegt, dass mit stärkeren Belastungen gerechnet werden muss. Bei einem konsequent konservativen, d.h. auf der sicheren Seite liegenden Vorgehen, müssen die bei einem Beben maximal wirkenden Kräfte etwa doppelt so groß angesetzt werden wie bisher.

Sämtliche technischen Mängel von Block A werden damit noch viel problematischer. Auch Block B ist gegen die höheren Lasten nicht ausgelegt. Eine Nachrüstung, die es gestatten würde, einem den neuen Erkenntnissen entsprechenden Beben standzuhalten, ist praktisch nicht machbar. Man müsste das AKW quasi neu und stabiler errichten.

 

Geowissenschaftlich Vortrag zu:

Erdbebensicherheit deutscher AKWs

Eckhard Grimmel kommt in seinem Vortrag „Wie sicher sind Atomkraftwerke in Deutschland bei Erdbeben?“ zu folgenden Ergebnissen:

Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass die in Deutschland betriebenen Atomkraftwerke zum Teil überhaupt nicht, zum Teil nur gegen schwache und vielleicht mittlere, aber nicht gegen starke Erdbeben gesichert sind. Da aber eine sichere Auslegung auch gegen starke Erdbeben aus geowissenschaftlicher und bautechnischer Sicht erforderlich ist, sollten alle Atomkraftwerke stillgelegt werden, um die permanente Gefahr eines katastrophalen Strahlungsunfalls zu vermeiden.

(Grafiken/Tabellen bitte auf der Originalseite nachsehen)

Zu beachten, die angegebene Skala ist NICHT die übliche Richter-Skala, sondern die weniger gebräuchliche Medvedev-Sponheuer-Karnik-Skala (MSK), die Umrechnung ist etwa: Richter + 2 = MSK

Die Auslegung deutscher AKWs liegt demnach maximal bei 5 bis 6 laut Richterskala!

————————–

Dipl. Ing. Christoph Heil, EnBW, äußert sich in einer Veranstaltung in Speyer zur Erdbebensicherheit von Neckarwestheim wie folgt: „Die Magnitude spielt keine Rolle: entscheidend ist die Beschleunigung: Die Auslegung von Neckarwestheim hält bis zu einer Beschleunigung von 150 – 200 cm/s2 (= 1,50 – 2,00 m/s2)“. Laut Herrn Heil entspräche dies „in etwa dem Beben in Fukushima …

 

——————–

Offener Brief an Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel vom 1. April 2011

Zur Kenntnis an:

– Siemens-Chef Peter Löscher
– E.On-Chef Johannes Teyssen
– RWE-Chef Jürgen Großmann
– EnBW-Chef Hans-Peter Villis
– Vattenfall Europe-Chef Tuomo Hatakka
– Bundesumweltminister Norbert Röttgen
– RSK-Chef Rudolf Wieland

Erhebliche Gefährdung von Atomkraftwerken schon bei relativ schwachen Erdbeben

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

wir möchten Sie auf eine ganz erhebliche Gefährdung der deutschen Atomkraftwerke aufmerksam machen und Sie als Physikerin nachdrücklich darum bitten, die folgenden Sachverhalte persönlich zur Kenntnis zu nehmen.

Der ehemalige Siemens/KWU-Chef Klaus Barthelt wollte Anfang der 1980er Jahre die deutschen Atomkraftwerke mit einer verbesserten, „momentfreien, auslenkenden“ Stütztechnik für Rohrleitungen, Kühlpumpen etc. vor Erdbeben und Flugzeugabsturz schützen. Er konnte sich damit aber im Siemens-Konzern nicht durchsetzen.

Atomkraftwerke sind daher schon durch relativ schwache Erdbeben wie auch durch vergleichsweise kleine Flugzeuge erheblich gefährdet, zumal wenn beispielsweise schon thermische Vorbelastungen an Komponenten bestehen und zusätzlich von der Modelltheorie abweichende dynamische Einwirkungen den getroffenen Lastannahmen entgegen wirken. Unter solch ungünstigen Bedingungen könnte bereits die Schnellabschaltung eines Atomkraftwerks zu gefährlichen Schäden führen.

Diese Aussagen macht der Spezialist für erdbebensichere Stützsysteme Erich Görgens, der an der Planung und Errichtung der meisten westdeutschen Atomkraftwerke beteiligt war.

Herr Görgens widerspricht der Auffassung, dass die Kühlsysteme im japanischen Katastrophenmeiler Fukushima durch die „Stärke“ des Erdbebens zerstört wurden. Er vermutet vielmehr, dass es die besondere Charakteristik des Erdbebens war, die abweichend von der Modelltheorie, relative Verschiebungen zwischen den Abstützungen und so unzulässige Lasten verursachend, zu den großen Schäden in Japan führte.

Die herkömmlichen Befestigungskonzepte etwa für Rohrleitungen und Kühlwasserpumpen in Atomkraftwerken ständen sich bezüglich den Anforderungen zum Schutz vor Erdbeben und vor Flugzeugabstürzen diametral entgegen. Zum Schutz der durch Erdbeben ausgelösten mittelfrequenten Schwingungen setze man auf starre Stützsysteme, die aber eine Gefahr bei Flugzeugabstürzen darstellen. Hochfrequente Schwingungen, wie sie schon beim Aufprall kleiner Flugzeuge auf ein Reaktorgebäude entstünden, erforderten hingegen eine sehr weiche, flexible Aufhängung.

Nach Auffassung von Herrn Görgens, der mit den Verantwortlichen etlicher Atomkraftwerkshersteller über die Thematik diskutierte und mit diversen Universitäten zusammengearbeitet hat, sind diese Konzepte völlig untauglich. Sich gegenseitig ausschließende Sicherungsmaßnahmen, nicht vorher bestimmbare Belastungen und nicht ausweichend stützende Abstützungen, bestimmen das Restrisiko in Atomkraftwerken.

Die in der Atomtechnik und von Gutachterorganisationen eingesetzten „Rechenprogramme“ sind nach Ansicht von Herrn Görgens untauglich, weil denen stark vereinfachte Modellannahmen zugrunde lägen, die nicht durch geeignete mechanische Lastfallabsicherungen ausgeglichen würden.

„Absolute Momentfreiheit und/oder ausweichende Widerlager“ sind für Maschinenbauer Görgens die Lösung des Problems. Die Lösung liege in einem stressfreien, frequenzunabhängigen Stützkonzept für mechanische Systeme. Relative Verschiebungen zwischen Stützpunkten, müsse man momentfrei auslenken und dadurch sichern können. Eine Technik, wie sie prinzipiell in den Hinterachsen von Autos Verwendung findet. In den USA habe man in Atomkraftwerken immerhin so genannte „Struts“ eingesetzt, offenbar aber nicht optimal genutzt.

Herr Görgens ist der Auffassung, dass alle Atomkraftwerke weltweit derzeit eine erhebliche Gefahr darstellen und so nicht weiterbetrieben werden dürfen. Er sieht weltweiten Nachrüstungsbedarf.

Wir fordern Sie vor diesem Hintergrund auf, die deutschen Atomkraftwerke wegen erheblicher Gefährdung im Sinne von § 17 Abs. 5 Atomgesetz vom Netz zu nehmen und endgültig stillzulegen.

Wir erinnern in diesem Zusammenhang daran, dass es zuletzt am 23. Dezember 2010 im Rheingraben bei Mainz zu einem Erdbeben der Stärke 3,4 auf der Richterskala kam. Bei ungünstigen Beschleunigungen könnte selbst ein solches Erdbeben mit Epizentrum in der Nähe eines Atomkraftwerks ausreichen, einen katastrophalen Unfall auszulösen, so Herr Görgens. Vor der Errichtung des Atomkraftwerks Biblis gab es in der Umgebung des Standortes zwei Erdbeben der Stärke 5,1 bzw. 5,2 auf der Richterskala.

Das zeigt, wie akut die Gefahr ist und dass dringender Handlungsbedarf besteht.

Mit freundlichen Grüßen

Reinhold Thiel, Vorstand der IPPNW

Kontakt: Henrik Paulitz (Atomexperte), Tel. 0032-485-866 129. Angelika Wilmen (Presse), Tel. 030-69 80 47-15.

Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW), Körtestr. 10, 10967 Berlin, www.ippnw.de, Email: ippnw@ippnw.de

————————

Quellen:

https://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Atomenergie/Anlage_B_-_Biblis_B_ist_unzureichend_gegen_Erdbeben_ausgel….pdf

https://www.landtag-bw.de/wp13/drucksachen/1000/13_1858_d.pdf

https://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/atomkraft/greenpeace_studie_restrisiko_biblisa.pdf

https://www.geowiss.uni-hamburg.de/i-geogr/staff/grimmel/atomweb/atomkr.htm#anchor1158463

Kategorien
Hintergründe Störfälle

Update Japans GAU und Folgen

Am späten Samstag Abend MEZ meldet der Betreiber TEPCO den Ausfall eines weiteren Kühlsystems in einem zweiten Reaktorblock.[1] Wie ein Sprecher der Betreiberfirma Tokyo Electric Power (Tepco) am Sonntag mitteilte, versagten im Reaktor 3 alle technischen Vorkehrungen, um den nötigen Kühlwasserstand aufrecht zu erhalten.[2] Fünf der zehn Reaktoren in den beiden Kraftwerken seien ohne Kühlung, sagte ein Greenpeace-Sprecher unter Verweis auf Informationen aus der Krisenregion.[3], [4] Drei weitere der insgesamt zehn Blöcke waren zum Zeitpunkt des Bebens längerfristig abgeschaltet. Die Reaktorkerne sollen jetzt mit Meerwasser geflutet werden. Dies birgt weitere Probleme, weil Wasser eher die radioaktive Reaktion fördert als bremst, dazu müsste Bor o.ä, beigemischt werden, um die Neutronen zu binden, die die radioaktive Reaktion auslösen. Andernfalls kann weitere Hitzeentwicklung die Folge sein. Zudem sollen in mindestens einem Reaktoren die Brennstäbe weitgehend frei liegen und somit nicht mehr gekühlt werden. Dies führt zu Überhitzung und Schmelze.

Laut der aktuellen Nachrichtenlage findet eine Kernschmelze statt und Radioaktivität wird in großem Umfang bereits freigesetzt. Indizien dafür sind trotz der verwirrenden Nachrichtenlage die Evakuierung von 200.000 Menschen aus der Region, was aufgrund der Erdbebenschäden anders nicht zu verantworten wäre (Transportwege sind weitgehendst zerstört, Unterkunftsmöglichkeit wohl kaum zu finden), die Ausgabe von Iodtabletten an die Bevölkerung und die Meldungen, dass es bei der Evakuierung zu schweren Strahlenschäden „in einzelnen Fällen“[5] gekommen sei.

 

Folgen für Japan

Es gibt derzeit nur zwei Möglichkeiten:

1. Das Reaktorcontainment ist noch weitgehend intakt. Rissen oder eine teilweise Zerstörung, durch die Radioaktivität entweicht muss als sicher angesehen werden. Dann kann der Schaden noch begrenzt werden, er wird dennoch im mindest zweistelligen Milliarden Euro-Bereich liegen.

2. Es ist bereits zu einer großflächigen Zerstörung des Reaktorcontainment gekommen oder es kommt in den nächsten Stunden/Tagen dazu: Dann wird je nach Windrichtung zumindest auf jeden Fall ein großer Bereich des dicht besiedelten Küstenstreifens auf Dauer unbewohnbar. Im unglücklichen Fall könnte weitaus größere Fläche betroffen werden. Selbst der Großraum Tokio mit 35 Mio. Einwohnern, 200 km entfernt, kann betroffen sein. Die Schätzungen aus der Schweiz und von Greenpeace für vergleichbare Fälle in Europa von ca. 6 Bio. Euro dürften für den letzten Fall bei weitem NICHT ausreichen.

Geht man im Moment vom 2. Fall aus, wird die japanische Volkswirtschaft, die ohnehin seit etlichen Jahren dahin vegetiert, um Jahrzehnte zurückgeworfen. Die japanische Börse wird kollabieren, die Währung einbrechen. Der Geldbedarf für den nötigen Wiederaufbau wird fast nicht zu beschaffen sein. In der Folge werden die „üblichen“ Kartenhäuser der Börsenzocker zusammenbrechen und wir haben die nächste Wirtschaftskrise.


[1] https://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/23/0,3672,8220567,00.html?dr=1

[2] https://www.focus.de/panorama/welt/tsunami-in-japan/greanpeace-die-lage-geraet-ausser-kontrolle_aid_607971.html

[3] u.a. https://www.wallstreet-online.de/nachricht/3116290-gesamt-roundup-2-lage-im-akw-fukushima-unklar-kernschmelze-befuerchtet

[4] https://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/thema_nt/article12786141/Problemreaktor-wird-mit-Meerwasser-geflutet.html

[5] u.a. https://www.wallstreet-online.de/nachricht/3116290-gesamt-roundup-2-lage-im-akw-fukushima-unklar-kernschmelze-befuerchtet

Kategorien
Hintergründe Störfalle Störfälle

Hintergrundinfos zu Japan

Zwecks Sicherung eines gemeinsamen Kenntnisstandes über die Basics ein paar Hinweise:

1. Zu Meldungen wie „Gefahr für Menschen besteht nicht“

Radioaktive Belastung wirkt in zwei völlig unterschiedlichen Weisen:

a) Strahlenkrankheit. Hohe Strahlenbelastung in kurzer Zeit führt zur Strahlenkrankheit, die in wenigen Tagen oder Wochen zum Tod führen kann.

Diese Krankheit ist gut zu diagnostizieren und dem Anlass zuzuordnen. Man vermeidet sie, indem man das Maß an Strahlenbelastung, dem sich Menschen aussetzen müssen, genau beobachtet, und die Exposition rechtzeitig beendet. Entscheidend war das etwa für die Arbeiter, die in Tschernobyl verhindern mussten, dass der glühende Reaktorkern das Grundwasser erreichte. Oder jetzt für Menschen, die u.U. in einem stark radioaktiv belasteten Leitstand aushalten müssen.

Auch bei einem schweren Reaktorunfall kann die Zahl der Fälle von Strahlenkrankheit gering gehalten werden. Dafür ist z.B. die Evakuierung, die in Japan angeordnet wurde, sinnvoll.

Auch Belastungen, die nicht zur Strahlenkrankheit führen, haben allerdings gravierende gesundheitliche Folgen – siehe b.

b) Erkrankung durch gesteigerte allgemeine radioaktive Belastung.

Jede austretende Radioaktivität erhöht die natürliche Strahlenbelastung. Dieser Effekt kann verschwindend gering oder sehr gravierend sein, je nach den Mengen an radioaktivem Material, seiner chemischen Zusammensetzen (Absorptionswege und Einlagerungsverhalten) und seiner Verbreitung (atmosphärische Situation).

Die gesundheitlichen Effekte sind v.a. Krebserkrankungen (häufig Leukämie), und, relevant v.a. bei höheren Dosen wie z.B. besonders exponiertem Personal (siehe a)), Erbschäden. Diese Erkrankungen treten zeitlich versetzt auf, auch noch jahre- und jahrzehntelang nach dem Ereignis.

Diese Auswirkungen sind nicht im Einzelfall kausal zuzuordnen, sondern statistisch und deswegen außerordentlich tückisch. D.h.: In keinem Einzelfall kann man nachweisen, dass die zusätzliche Radioaktivität aus dem Reaktorunfall (wie Tschernobyl) oder, früher, aus den Atombombenversuchen die Ursache für die Erkrankung ist. Sicher ist nur, dass die Zahl der Erkrankungen mit der Strahlenbelastung signifikant steigt. Hier reden wir bei einem Ereignis vom Tschernobyl- Typ über zehntausende betroffene Menschen – potentiell weltweit.

Die bereits amtlich verbreitete Ansage: „Keine Gefahr, Japan ist weit weg“, ist nicht belastbar. Die Stratosphäre macht eine weltweite Verbreitung durchaus möglich. Dazu gibt es auch den Atomtests und Tschernobyl einschlägige Erfahrungen. Über die konkrete Ausprägung zu spekulieren macht m.E. keinen Sinn.

2. Zu Bezeichnung und Charakter des Unfalls.

Ein „GAU“ ist der „Größte anzunehmende Unfall“. Dieser ist definiert als der plötzliche Bruch einer Hauptkühlleitung im doppelten Leitungsquerschnitt. Dies ist ein sehr schwerer und sehr unwahrscheinlicher Unfall, und dafür und für vergleichbare Ereignisse ist jedes AKW ausgelegt. Es bleibt dann, so jedenfalls der Plan, bei lokalen Schäden innerhalb des Reaktors.

Hier geht es um den Super – Gau: Versagen des Kühlsystems und des Notkühlsystems.

Die Schnellabschaltung des Reaktors ist in solchen und ähnlich kritischen Fällen bisher noch jedes mal gelungen (offenbar auch jetzt in Japan) – also das Stoppen des Kernspaltungsprozesses und damit das Vermeiden einer unkontrolierten weiteren Kernspaltung.

Aber auch nach der „Abschaltung“ erzeugt der Reaktorkern noch erhebliche Mengen Energie durch den Zerfall vorhandenen instabiler Atomkerne. Dieses Nachglühen ist mindestens mehrere Tage lang relevant. Versagt in dieser Zeit die Kühlung, frisst sich der glühende Reaktorkern durch sein Gehäuse und erreicht – im schlimmsten Fall – das Grundwasser. Spätestens dann kommt es zu einer Dampfexplosion mit Freisetzung enormer Menge radioaktiv belasteten Materials (in Tschernobyl blieb uns das knapp erspart, und dafür sind viele Arbeiter gestorben).

In Japan drohte eine solche Explosion des Reaktorbehäuses offenbar bereits am Freitag (auch ohne Grundwasser), daher Abblasen von (radioaktiv belastetem) Gas aus dem Druckbehälter. Dies ebenso wie die offenbar aus einem Riß (?) bereits ausgetretenen Materialien (Cäsiumbelastung in der Umgebung wurde gemeldet, von achtfacher Überschreitung der zulässigen Grenzwerte war die Rede) sind zweifelsfrei gesundheitsschädlich (siehe 1b), und es zeigt wie hochkritisch die Lage ist, das steht aber in seinen Auswirkungen in keinem Verhältnis zu dem, was im Falle eines Berstens des Reaktorgehäuses bevorsteht. Dieses Bersten des Reaktorgehäuses ist offenbar noch nicht eingetreten. Ob es verhindert werden kann ist die entscheidende Frage der nächsten Stun´den.

3. Politisch: Es ist jetzt das eingetreten, wovor wir immer, schon vor Harrisburg, gewarnt haben. Es ist furchtbar, so Recht zu behalten.

Die AKW- Lobby wird auf die Besonderheit Japans, das Erdbeben, das wir hier so nicht erwarten, und auf die geographische Entfernung zu orientieren versuchen („In Deutschland kann das nicht passieren“).

Wir sollten in der Verarbeitung nicht nur auf Harrisburg und Tschernobyl, sondern immer auch auf Forsmark hinweisen. Dort ist Schweden ganz knapp an einer solchen Katastrophe vorbei geschrammt. Dass einige der Notkühlpumpen in Forsmark doch angesprungen sind grenzte an ein Wunder, aufgrund eines Konstruktionsfehlers hätten nicht nur wie geschehen die meisten, sondern eigentlich alle versagen müssen, und dann wäre der Super- Gau dort schon eingetreten. Es ist mir unbegreiflich, dass dieses Ereignis damals in Schweden fast gar nicht und in Deutschland sehr wenig ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gekommen ist.

Freundlicher Gruß

Reinhard Kaiser, BAG Energie, B90/ Grüne kaiserr@gmx.net
Kategorien
Störfälle Störfalle

Kernschmelze in Fukushima

16:00 MEZ:  Das japanische Fernsehen  meldet (laut SWR3-Korrespondent), dass IM GEGENSATZ zu den Aussagen des Betreibers eine Kernschmelze stattfindet! Die Informationspolitik des Betreibers wird als „sehr wenig vertrauenswürdig“ geschildert. Allerdings wird auch hier im Fernsehen beschönigt, es seien nur wenige Kernbrennstäbe betroffen …

Mittlerweile werden 200.000 Menschen aus der 20 km-Zone evakuiert.

————————————————-

Bei mindestens einem, wahrscheinlich bei mehreren Blöcke des AKW in Fukushima I (=Daiichi, 3 Blöcke) und II (=Daini, 1 Block) ist die Kühlung ausgefallen und eine Kernschmelze findet statt. Das wird am 12.03.2011, 12:19 Uhr, durch den ARD Ticker bestätigt: „Die  japanische Atomaufsichtsbehörde hat offiziell bestätigt, dass es im beschädigten  Atomkraftwerk Fukushima 1 eine Kernschmelze gegeben hat. Das berichtete  ARD-Korrespondent Robert Hetkämpfer aus Tokio.“ Die japanische Regierung hat dies mittlerweile dementiert. Die Informationspolitik erinnert fatal an die der sowjetischen Regierung bei Tschernobyl … Nach der Explosion davon auszugehen, es finde KEINE Kernschmelze statt, ist absolut unglaubwürdig!

Mittlerweile wird eine 20-km-Zone evakuiert, Jodtabletten werden angeblich ausgegeben, Cäsium wurde freigesetzt. Am Morgen (Ortszeit) des 12.3.2011 gab es eine konventionelle Explosion[1], [2]. Diese wurde vermutlich durch freigesetzten Wasserstoff (aufgrund der zumindest teilweise schon laufenden Kernschmelze entstanden) ausgelöst. Dabei wurde das Reaktorgebäude offenbar völlig zerstört. Anzunehmen, der Reaktorkern sei dabei unbeschädigt geblieben, ist mehr als blauäugig. Es muss davon ausgegangen werden, dass dieser damit endgültig offen liegt. Zuvor war bereits ein erheblicher Verdacht aufgekommen (u.a. aufgrund des drastischen Absinkens des Wasserstandes), dass ein Riss in der Reaktorhülle vorliege.

Die Bestätigung über die Freisetzung von Cäsium bestätigte schon im Vorherein die Kernschmelze. Die zu erwartenden Spaltprodukte sind, ähnlich wie in Tschernobyl hauptsächlich Jod und Cäsium[3]. Das Cäsiumisotop 137Cs hat eine Halbwertszeit von ca. 30 Jahren. Es ist nach dem Zerfall der kurzlebigen Isotope über viele Jahrhunderte hinweg das am stärksten strahlende Nuklid im Gemisch der Spaltprodukte. 131I hat eine Halbwertszeit von acht Tagen. Nach der Katastrophe von Tschernobyl stellte 131I in den ersten Tagen das dominierende Radioisotop dar. Bei rechtzeitiger Vorwarnung kann vor einer befürchteten Exposition ein gewisser Schutz durch die Einnahme von stabilem Iod in der Form von Kalium-Iodid-Tabletten aufgebaut werden. Der Organismus wird dadurch mit Iod gesättigt und nimmt das radioaktive Iod danach in deutlich geringeren Mengen auf (Iodblockade).

Alle betroffenen Reaktoren sind als Siedewasserreaktoren[4] ausgeführt. Bei diesen wird der Wasserdampf zum Antrieb der Turbinen direkt radioaktiv erhitzt, während bei den in Europa gebräuchlicheren Druckwasserreaktoren ein weiterer Kreislauf dazwischen geschaltet ist, über den per Wärmetauscher der Wasserdampf erzeugt wird. Der radioaktive Kreislauf ist somit nicht auf den Sicherheitsbehälter beschränkt. Damit die die Gefahr einer Freisetzung von Radioaktivität bei Siedewasserreaktoren wesentlich höher!

Zwar unterliegen die Bauvorschriften vor japanische AKWs strengsten Bestimmung in Punkto Erdbebenschutz, sie sind jedoch maximal nur für ein Beben der Stärke 7,75, in besonders gefährdeten Regionen für Beben bis 8,25 auf der Richter-Skala ausgelegt. Das Beben vom 11.3.2011 hatte eine allerdings Stärke von 8,8 bis 8,9.[5] Ursache für den Kühlungsausfall war offenbar weniger das Erdbeben als solches, sondern der durch den Tsunami bedingten Stromausfall.

Die Auswirkungen für Europa werden andere sein als nach Tschernobyl: Während dort durch den Brand mit extrem hohen Temperaturen die radioaktiven Partikel hoch in die Atmosphäre geschleudert wurden und dort von den sog. Jetstreams verteilt wurden, wird die Radioaktivität in Japan zunächst lokal ausgebracht. Dennoch werden in wenigen Wochen die radioaktiven Partikel weitflächig verteilt werden und auch nach Europa gelangen, aber nicht in den Ausmaß wie 1986 – solange keine weiteren schwerwiegende Ereignisse eintreten … Falls die Kernschmelze in dem zu erwartenden Ausmaß wird allerdings ein anderes Ereignis in der Folge uns sehr wohl betreffen. Weite Landstriche Japans werden unbewohnbar (und wir reden hier nicht von der menschenleeren Ukraine …!), der volkswirtschaftliche Schaden für Japan und in der Folge für die Weltwirtschaft wird verheerend sein.

 

Die japanischen AKWs in der am stärksten betroffenen Region:

Fukushima Daiichi: sechs Blöcke, Siedewasser-Reaktoren, davon waren offenbar drei durch Wartungsarbeiten abgeschaltet,  ab Baujahr 1971

https://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Fukushima_Daiichi

 

Fukushima Daini: vier Blöcke, Siedewasser-Reaktoren, ab Baujahr 1982

https://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Fukushima_Daini

Betroffen von der fehlenden Kühlung sind vier der sechs Blöcke, die gelaufen sind.[6]

 

Onagawa: drei Blöcke, Siedewasser-Reaktoren, ab Baujahr 1984

https://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Onagawa

 

Tōkai: ein Block, Siedewasser, Baujahr 1966

https://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_T%C5%8Dkai

 

Weiterhin gibt es in Rokkasho[7] weitere nukleare Anlagen:

1. Eine kommerzielle Anreicherungsanlage, die von JNFI (Japan Nuclear Fuel Industry Corporation) betrieben wird. Die Anreicherung erfolgt mit Hilfe der Zentrifugentechnik. Das erste Modul mit einer Kapazität von 150 Tonnen Urantrennarbeit (UTA) pro Jahr ging 1992 in Betrieb, pro Jahr sollte ein weiteres Modul folgen. Bis September 1999 waren 1.050 t UTA/a installiert. Im Endausbau soll die Anlage eine Kapazität von 1.500 t UTA/a besitzen.

2. Eine Wiederaufarbeitungsanlage, 1984, von JNFS (Japan Nuclear Fuel Services), die Kapazität beträgt 800 Tonnen Schwermetall pro Jahr. Die Anlage ist fertig gestellt. Das Eingangslager wurde bereits 1997 in Betrieb genommen. Der Beginn des Wiederaufarbeitungsbetriebs war für Ende 2005 geplant, der kommerzielle Betrieb sollte im Juli 2006 aufgenommen werden und wurde mittlerweile auf Mitte 2010 verschoben. Insgesamt sollen in einem Zeitraum von 40 Jahren rund 32.000 t abgebrannter Brennelemente wiederaufgearbeitet werden.

3. Ein Endlager für schwachradioaktive Abfälle auf dem Gelände des Zentrums Rokkasho. Es wurde im Dezember 1992 in Betrieb genommen. Die Kapazität der ersten Stufe des Endlagers betrug 200.000 Fässer (entsprechend einem Volumen von 40.000 m³). Inzwischen wurde die Kapazität durch den Bau einer zweiten Einheit auf 400.000 Fässer (entsprechend einem Volumen von 80.000 m³) verdoppelt. Bis Ende März 2003 waren rund 150.000 Fässer (30.000 m³) bereits eingelagert. Die Fässer werden in großen, mit Beton ausgekleideten Kammern gestapelt. Die Zwischenräume werden mit Beton ausgegossen und die gefüllte Kammer mit einer Betonschicht abgedeckt, so dass sich ein monolithischer Block ergibt. Dieser wird mit einer dicken Erdschicht überdeckt.

Auch hier ist offenbar zumindest teilweise die Kühlung ausgefallen.

 

 

Laufende Aktualisierung auf www.stoerfall-atomkraft.de


[1] https://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/0,1518,750479,00.html

[2] u.a. https://www.nzz.ch/nachrichten/panorama/japan_akw_fukushima_1.9858663.html

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Spaltprodukt

[4] In Deutschland gibt es noch folgende Siedewasserreaktoren in Betrieb: (Brunsbüttel, Philippsburg 1 und Isar 1, alle Baulinie 69) sowie die moderneren AKWs Krümmel sowie Gundremmingen B und C

[5] https://www.tagesschau.de/ausland/akwsicherheit104.html

[6] SWR3 Radio, 12.03.2011, 12:20 Uhr

[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Rokkasho