Kategorien
Akualisierungen des Buches Atom und Politik Hintergründe

Neues von ITER

Anbei die Übersetzung der Zusammenfassung eines Berichtes zum Thema ITER (International Thermonuclear Experimental Reactor).

Autoren sind

  • Alain NICOLAS, Conseiller Régional (vergleichbar mit einem Parlamentarier eines Bundeslandes, Handy +33-6 68 86 22 23) der Region PACA (Provence-Alpes-Côte d’Azur, SO-Frankreich)
  • Thiéry PIERRE, Plasma-Physiker und Direktor Forschung am CNRS (vergleichbar mit Max-Planck-Institut)

Der vorliegende Bericht berücksichtigt die aktuellsten wissenschaftlichen und technischen Aspekte zum Projekt ITER, aber auch finanzielle Aspekte und solche der Zeitplanung, welche in den letzten Monaten die Gruppe der Grünen (EELV = Europe Ecologie Les Verts) gegenüber dem Vorsitzenden des Conseil Régional PACA (WR: vergleichbar mit dem Parlament eines Bundeslandes, wahrscheinlich weniger einflussreich) stark betont hat.

Das Neue besteht in der Feststellung, dass nicht mehr ernsthaft davon ausgegangen werden kann, vor allem hinsichtlich der Kosten, dass das Projekt kurz-, mittel- oder langfristig mit Gewissheit erfolgreich sein wird.

Wir müssen also in unsere Überlegungen zur Energiewende einbeziehen, dass die Produktion von Elektrizität durch Kernfusion, Ziel des ITER-Programmes, einfach nur noch innerhalb eines Zeithorizontes 2100-2130 möglich ist.

Die große festgestellte Verspätung beim Projektfortschritt hat eine Änderung des Forschungsprogrammes selbst zur Folge, und dies wegen des fundamentalen Grundes, dass einer der „Brennstoffe“ von ITER, das radioaktive Gas Tritium, zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Reaktors, in dem das Tritium in situ hergestellt werden soll, weitgehend verschwunden sein wird, was die Herstellung dieser Elemente innerhalb des bewilligten Zeitraumes des ursprünglichen Projektes deutlich erschwert.

Diese Situation verändert das Projekt in seiner Gesamtheit. Diese Veränderung des Projektes gegenüber dem, welches der Region PACA im Zeitraum 2003-2005 vorgestellt worden war, macht eine objektive und ehrliche Neudefinition der Projektziele durch ITER-Organization notwendig, damit die Region PACA alle Informationen erhält, die erlauben, das aktualisierte Projekt eventuell weiter zu unterstützen.

Die Anhörung der Experten hat erlaubt zwei Folgen eines möglichen Halberfolges oder Halbscheiterns des Projektes herauszuarbeiten:

  • Wenn die Entwicklung eines Fusionsreaktors in Cadarache sich letztendlich als unmöglich herausstellt, könnte ein Ersatzszenario seine Umwandlung in einen experimentellen Mischreaktor Kernspaltung/Kernfusion sein, oder in einen Brüterreaktor, d.h. einen Reaktor, der Kernbrennstoff (Plutonium) für die klassischen, auf Kernspaltung beruhenden Kraftwerke herstellt. Dies ist die Position von Hr. Paul-Henri Rebut, dem ersten Planer von ITER. Diese Lösung ist nicht akzeptabel.
  • Es wird unvermeidbar, insbesondere mit Hinblick auf eine schnelle Klimaerwärmung und verschiedene andere Dringlichkeiten, die überall in der Welt auftauchen, schnell die Voraussetzungen zu schaffen, in Cadarache ehrgeizige Forschung alternativer Energien zu betreiben, vor allem die Sonnenenergie betreffend.

Anbei das französische Original für diejenigen, die ihre Französischkenntnisse auffrischen wollen 😉

Le présent rapport tient compte des aspects scientifiques et techniques les plus récents qui concernent le projet ITER mais aussi des aspects financiers et de calendrier, soulignés fortement ces derniers mois par le groupe EELV au Président du CR PACA.

Sa nouveauté tient dans la constatation qu’il n’est plus sérieusement envisageable, notamment en termes de coûts, de ne pas obtenir davantage d’assurances à court, moyen et long terme sur la réussite de ce projet.

Nous devons donc intégrer dans nos réflexions sur la transition énergétique que la production d’une électricité de fusion, but du programme ITER, n’est simplement que du domaine du possible à l’horizon 2100‐2130.

Le grand retard constaté dans l’avancement du projet a pour conséquence une modification du programme de recherche lui‐même pour la raison fondamentale que l’un des « carburants » d’ITER, le gaz radioactif Tritium, aura largement disparu à la date de mise au point finale des éléments du réacteur destinés à fabriquer le tritium in situ, rendant particulièrement difficile une mise au point de ces éléments dans les temps impartis dans le projet initial.

Cette situation modifie le projet dans son ensemble. Cette modification par rapport au projet présenté en 2003‐2005 à la Région PACA nécessite une redéfinition objective et sincère par ITER‐Organization des objectifs du projet afin que la Région PACA dispose de l’intégralité des informations lui permettant de continuer à soutenir éventuellement le projet actualisé.

L’audition des experts a permis de mettre en évidence deux conséquences dans l’hypothèse d’un demi‐succès ou d’un demi‐échec du projet :

  • si la mise au point d’un réacteur de fusion à Cadarache s’avère, in fine, impossible, un des scénarios de substitution est la transformation en un réacteur expérimental hybride de fission/fusion, ou en un réacteur‐breeder c’est à dire fabricant du combustible nucléaire (Plutonium) pour les centrales à fission classiques. C’est la position de Monsieur Paul‐Henri Rebut, le premier concepteur d’ITER. Cette solution est inacceptable.
  • il devient inévitable, vu le contexte, notamment,  du réchauffement climatique rapide et des urgences diverses qui surgissent partout dans le monde, de mettre rapidement en place à Cadarache les conditions de recherches ambitieuses sur les énergies alternatives, et principalement sur le solaire.

 

Amitiés,

Wolfgang

 

Wolfgang ROSENBERG

Comener – EELV Paris 10

Kategorien
Akualisierungen des Buches Hintergründe Laufzeitverlängerung Störfälle

Vier Jahre nach Fukushima …

Nichts ist besser, jeden Tag kann es zum 3. Super-GAU kommen!

Vier Jahre ist es jetzt her, dass die „sichere“ zivile Nutzung der Atomenergie den zweiten Super-GAU ihrer kurzen Geschichte produzierte. War 1986 noch die „marode Sowjetunion“ mit einem irrsinnigen militärischen Test die Ursache, so versagte in Japan schlicht die Technik an der sog. „Auslegungsgrenze“. Ursache war neben dem Tsunami das Beben selbst, das offenbar so gravierende Schäden verursachte, dass die Kernschmelzen auch ohne Tsunami eingetreten wären. Diese Überschreitung der Erdbebenauslegung – in Fukushima um nicht einmal 1 Stufe auf der sog. „Richterskala“ – kann in Europa bei wesentlich geringeren Erdbeben ebenfalls zu vergleichbaren Katastrophe führen. Die hiesigen AKWs sind gar nicht oder nur in wesentlich geringerem Maß gegen Beben ausgelegt. Und dabei hatte Japan noch Glück im Unglück, die havarierten AKWs lagen an der Küste, der Wind wehte überwiegend ablandig.

Fukushima hat sogar noch die größten Pessimisten negativ überrascht:

  • so sind bis heute sämtliche Reaktorkerne der Blöcke 1 bis 3 nicht unter Kontrolle und zumindest der Kern des Reaktor 1 ist weiterhin aktiv;
  • so war die Explosion in Block 3 vermutlich eine zuvor als „unmöglich“ eingestufte Nukleare Explosion, als Folge einer unkontrollierten Kettenreaktion;
  • so kam es am abgeschalteten Reaktor 4 im dortigen Abklingecken zu einer Wasserstoffexplosion, angeblich durch Wasserstoff aus dem Reaktor 3, möglicherweise aber auch aus einer unkontrollierten Reaktion der nicht mehr gekühlten ausgelagerten Brennelemente.

Fukushima sollte uns endgültig gelehrt haben, dass die Atomkraft unbeherrschbar ist und dass die Folgen in unvorstellbarem Maß Leben und Natur bedrohen und Eigentum vernichten. Noch heute strömt extrem stark radioaktiv belastetes Wasser aus den havarierten Reaktoren. Sämtliche Versuche, selbst die absurdesten, das in Griff zu bekommen sind trotz Riesenaufwand bisher kläglichst gescheitert. 590.000 m3 hochradioaktiv belastetes lagern in Behältern auf dem AKW-Gelände. Entsorgung? Unmöglich! Also wird täglich „etwas schwächer belastetes“ Wasser in den Pazifik geleitet, um neuen Platz für hochradioaktive „neues“ Wasser zu schaffen … Zu Hochzeiten fielen Tag für Tag rund 800 Kubikmeter radioaktiv belasteten Wassers an, heute ist es weniger, aber immer noch zu viel!

Ein vergleichbarer GAU in Cattenom würde das gesamte Moseltal und große Teile des Rheintals (ab Cattenom bzw. ab Koblenz) dauerhaft unbewohnbar machen.

Aber Erdbeben sind nicht die einzige Gefahr! In etlichen belgischen und auch deutschen AKWs drohen Risse in den Stahldruckbehälter oder sind bereits aufgetreten. Fachleute sagte bereits bei der Ausstiegsdebatte 2001 dies nach 25 Jahren Gebrauch aufgrund der starken Radioaktivität voraus.

Die Atommüllfrage ist in Deutschland (und andernorts!) „ungeklärter denn je“, wenn man das so sprachlich unkorrekt auf den Punkt bringen will. Gorleben soll weiterhin „im Rennen bleiben“, die Asse säuft ab und Konrad reicht hinten und vorne nicht aus …

Die Proliferation (Verbreitung von Kernwaffen, vom Wissen um deren Herstellung oder Materialien dafür) schafft einen neuen Atomwaffenstaat nach dem anderen: Israel, Indien, Pakistan, Nordkorea. Der Iran steht erkennbar bereits an der Schwelle, Ägypten und arabische Länder denen laut darüber nach. Gegenreaktion? NULL!

Und die Terrorlage hat sich zweifach drastisch verschlechtert: Wurde bereits am 11.9.2001 auch ein Anschlag auf ein AKW geplant, so hat sich durch die neuen Terrorgefahren (IS, Ukraine …) die Situation erneut deutlich verschlechtert. Folgerichtig hat das „Brunsbüttel-Urteil“ diese Gefährdung neu bewertet und gewürdigt. Die Konsequenz der Politik? Ausnahmegenehmigung, Hinhaltetaktik, Aussitzen, Verharmlosen! Das Abnicken der Merkel’schen „Ausstiegs aus dem Ausstieg“ durch die Grünen war, ist und bleibt eine Katastrophe und wird mit jedem Tag zur größeren Gefahr! Die Terroristen werden nicht bis 2022 warten, das Erdbeben oder der Flugzeugabsturz auch nicht, wenn wir „Pech“ (?) haben. Die einzige Konsequenz, die bleibt ist der

Atom-Ausstieg sofort

– JETZT!

 

Links:

https://www.stoerfall-atomkraft.de/site/?tag=fukushima-daiichi

https://www.heise.de/tp/news/Fukushima-Kein-Ende-in-Sicht-2570430.html

https://www.bfs.de/de/kerntechnik/unfaelle/fukushima/uebersicht.html

https://www.3sat.de/page/?source=/ard/dokumentationen/168056/index.html

Quarks&Co: Fukushima – Ende nicht in Sicht – WDR.de

https://www.welt.de/wissenschaft/article138023514/Fukushima-Daiichi-atomarer-Albtraum-ohne-Ende.html

https://www.greenpeace.de/themen/energiewende/atomkraft/schwere-schaeden-akw

https://www.ausgestrahlt.de/hintergrundinfos/atommuell/brunsbuettel-urteil.html

https://www.spiegel.de/thema/iranisches_atomprogramm/

https://de.wikipedia.org/wiki/Saudi-arabisches_Kernwaffenprogramm

 

 

 

 

Kategorien
Hintergründe Störfälle Unterschriftskampagnen gegen Atomenergie

FUKUSHIMA: Wir akzeptieren die Räumung der Zelte nicht!

aktueller Stand, 4.3.2015

Lieber Karl -W Koch,
vielen Dank fuer deine Unterstuzung.
Das Landgericht Tokyo hat uns das Urteil mit der provisorische Vollstreckung gesprochen: den Zeltplatz verlassen, Benutzungsgebuehr des Grundstücks (ca. 11 Mill. Yen) sowie nach dem Empfang des Urteils bis zum Verlassen des Grundstuecks 21.000Yen/Tag sind zu bezahlen!
Die Behörden dürfen jetzt jeder Zeit zur Tat schreiten.
Wir werden trotzdem unsere Aktivitaeten weiter fuehren, aber wie? Das werden wir am 9.3. diskutieren.
So weit für heute.
Akiko Terasaki

—Weiterleitung—

Liebe Freundinnen und Freunde
heute habe ich von einer Freundin aus Tokyo die Nachricht bekommen, dass das Protestzelt vor dem Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie (METI) geräumt werden soll. Seit September 2011 – inzwischen also schon seit 1257 Tagen – ist das Zelt ein Ort des Protests und der Mahnung aber auch des Widerstands und der Vernetzung von Aktivist*innen.
Es ist ein gewaltfreier Akt des zivilen Ungehorsams, der von einer großen Anzahl von Bürgern & Bürgerinnen im Inland und Ausland unterstützt wird.

Hier zwei englische Text aus Japan: Flyer englisch und Zelt-Aktion
Das können wir zur Unterstützung tun:
1. Protestschreiben schicken an das Landgericht Tokyo (Tel. 81-3-3581-5411, Fax 81-3-3592-9461, Herrn Masatoshi Murakami) und das METI (Tel. 81-3-3501-1511) sowie
Unterstützungsschreiben an die Aktiven in Japan (E-mail: aki-trsk@outlook.jp).
2. Die Forderung „keine Räumung der Zelte“ in allen demokratischen Bewegungen verbreiten. Bitte macht mit!
3. Den gewaltlosen Widerstand und zivilen Ungehorsam unterstützen und darüber informieren.
Viele Grüße
Irmhild (Email: heila-beyme@antiatomberlin.de)
Der Zeltplatz vor dem Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie (METI) gilt als der Stützpunkt für Fukushima.

Wir akzeptieren die Räumung der Zelte nicht!

Die Durchsetzung der gerichtlichen “Entscheidung”, die am26.2. gefällt wird, ist nicht akzeptabel!

Das Landgericht Tokyo hat unsere Sonderbeschwerde (Ablehnung des Richters) gegen dasUrteil ignoriert und uns mitgeteilt, dass am 26.2. (Do.) das „Urteil“ gefällt wird. Dieses rücksichtslose Vorgehen bezüglich der Räumung der Zelte, entsprechend den Absichten derRegierung Abe und ohne jegliche Beweisaufnahme, dürfen wir nicht zulassen!

521 Tage sind vergangen seit sämtliche AKWs in Japan abgeschaltet wurden. Mit der Wiederinbetriebnahme der AKWs in Sendai (Präfektur Kagoshima) und Takahama (PräfekturFukui) kann noch nicht planmässig begonnen werden. Denn seit den Unfällen in den AKWsvon Fukushima verbreiten sich die Anti-AKW-Bewegungen im In- und Ausland und die öffentliche Meinung tendiert immer mehr zur Ablehnung der AKWs.

Die Abe-Regierung verbreitet im Ausland ständig Lügen: Die Probleme im AKWs Nr. 1 inFukushima sind keineswegs behoben. Radioaktivität tritt ständing aus. Schildrüsenkrebs bei Kindern wird abnorm häufig diagnostiziert (bisher 118 Fälle). In Fukushima werden Stimmen wie „Das ist nicht mehr auszuhalten!“ oder „Es ist unerträglich!“ immer lauter.

Wir dürfen die Räumung des Zeltplatzes vor dem Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie nicht billigen.

Die Justiz darf der Haltung der Abe-Regierung, d.h. die AKW-Wiederinbetriebnahme und die Politik des Exports von AKWs, nicht folgen.

Das Landgericht Tokyo muss auf die Stimmen aus Fukushima hören!

Schickt der japanischen Regierung und der Justiz eure Proteststimmen!

Die Zelte vor dem Wirtschaftsministerium (METI) stehen auf dessen Grundstück nun schon 1257 Tage. Es ist ein Protest gegen AKWs, ein gewaltfreier Akt des zivilen Ungehorsams, was von einer großen Anzahl von Bügern/Bügerinnen im Inland und Ausland unterstützt wird.

Das Landgericht Tokyo soll die Debatte wieder eröffnen. Ein Urteil zur Räumung der Zelte soll nicht erzwungen werden! Die Gerichtsverhandlung soll wieder aufgenommen werden!

Bitte erhebt Eure Stimmen, aus Fukushima, aus ganz Japan und aus der ganzen Welt und protestiert gegen das japanische Wirtschaftsministerium!

Wendet Euch gegen die Durchsetzung der gerichtlichen Entscheidung und die Räumung der Zelte!

 

<Zeitplan am 26.2. 2015>

12:30 Zusammentreffen vor dem Zeltplatz.

13:30 Zusammentreffen vor dem Landgericht Tokyo

14:30 Gerichtsverhandlung (geplant)

15:30 Protestaktion vor dem Landgericht Tokyo

16:00-18:00 Berichterstattung(Auditorium, Sangiin-giin kaikan)

 

Unsere Bitte an alle:

Bitte schickt eure Proteste an das Landgericht Tokyo (Tel. 81-3-3581-5411,

Fax 81-3-3592-9461, Herrn Masatoshi Murakami)

und das METI (Tel. 81-3-3501-1511) sowie

Unterstützungsschreiben an uns (E-mail: aki-trsk@outlook.jp).

Wir bitten herzlich darum, an den Aktionen am 26.2. teilzunehmen.

Wir wollen unsere Forderung „keine Räumung der Zelte“ in allen demokratischen Bewegungen verbreiten. Bitte macht mit!

Wir wollen Unterdrückung nicht zulassen und gewaltlos und mit zivilem Ungehorsam dafür kämpfen. Wir bitten um Eure Unterstützung.

Weiterer Termin:

am 23. 2. Mo. 14:00 Pressekonferenz vor dem Zeltplatz.

Der Zeltplatz vor dem METI, am 18.2.2105

Kategorien
Entsorgung Hintergründe

Verzeichnis radioaktiver Abfälle

BMU: Verzeichnis radioaktiver Abfälle bis 31.12.2013

https://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Atomenergie/verzeichnis_radioaktiver_abfaelle_bf.pdf

Kategorien
Demonstration Gesetzestexte Hintergründe Unterschriftskampagnen gegen Atomenergie

Ächtung von Uranwaffen

Die deutsche IPPNW-Sektion appelliert in einem Brief an das Auswärtige Amt, morgen in der UN-Generalversammlung für die Resolution zu den Folgen von Uranmunition zu stimmen. Nach Informationen der Internationalen Koalition zur Ächtung von Uranwaffen (ICBUW) plant Deutschland, im Bündnis mit Staaten wie Rumänien, Russland und der Ukraine, gegen die UN-Resolution zu stimmen.

Kategorien
Atom und Politik Entsorgung Hintergründe

Jülicher Atommüllexport: Illegal und auch in den USA unerwünscht

+++ Presseinformation +++

Jülicher Atommüllexport: Illegal und auch in den USA unerwünscht

Atomkraftgegner stellen Gutachten vor

Düsseldorf, 22.09.2014 | Zahlreiche nordrhein-westfälische und bundesweite Anti-Atom-Initiativen und Umweltverbände haben sich gegen den geplanten Atommüllexport aus Jülich und Ahaus gewandt. Vor Pressevertretern in Düsseldorf erläuterten die Aktivisten ihre Kritik und stellten ein neues Rechtsgutachten vor. Anlass ist der Deutschland-Besuch von Tom Clements, des Direktors der „Savannah River Site Watch“, einer großen Umweltinitiative im Bereich des US-Atomwaffenzentrums im Bundesstaat South Carolina.

Kategorien
Hintergründe Störfälle

Anfrage und Antwort: Neue Kernbrennstoffe im Atomkraftwerk Cattenom

anbei die Anfrage von CattenomNonMerci sowie das Antwortschreiben des Umweltministeriums Saarland: Neue Kernbrennstoffe im Atomkraftwerk Cattenom

Von: Kasper Lorenz (Umwelt) [mailto:L.Kasper@umwelt.saarland.de]
Gesendet: Donnerstag, 10. Juli 2014 14:38
An: ‚CattenomNonMerci‘
Betreff: AW: Anfrage: Neue Kernbrennstoffe im Atomkraftwerk Cattenom

Sehr geehrte Frau Schlumpberger,
die französische atomrechtliche Aufsichtsbehörde ASN hat am 08.12.2009 der EdF die Genehmigung erteilt, in den Kernkraftwerken Belleville, Cattenom, Flamanville, Golfech, Nogent, Paluel, Penly und St. Alban  das Brennelement-Management GALICE einzuführen. Als Anlage übersende ich Ihnen den Bescheid der ASN, der auch die Auflagen für dieses Verfahren enthält.
Das Brennelement-Management GALICE und insbesondere der Einsatz von HTC-Brennelementen war Gegenstand des  Genehmigungsverfahrens für die Ableitungen radioaktiver Stoffe aus dem Kernkraftwerk Cattenom im Jahr 2003. Die Antragsunterlagen waren im Saarland in Saarbrücken und in Perl ausgelegt und auf der Internetseite des Umweltministeriums eingestellt. Jeder Bürger konnte im Rahmen der grenzüberschreitenden Öffentlichkeitsbeteiligung Einwände gegen die Genehmigung erheben. Die saarländische Landesregierung hat eine detaillierte Stellungnahme zum Genehmigungsantrag abgegeben. So konnte u.a. erreicht werden, dass der Grenzwert für die Tritiumableitungen nicht erhöht sondern gesenkt wurde. Der Grenzwert für die Ableitungen von Tritium mit dem Abwasser beträgt heute 140 Terabecquerel pro Jahr gegenüber 160 Terabecquerel (40 TBq pro Block) vor dem Jahr 2004.
Im Kernkraftwerk Cattenom sind derzeit weder HTC-Brennelemente eingesetzt noch ist das Brennelement-Management GALICE eingeführt und nach Aussage des Kraftwerksbetreibers bestehen auch keine konkreten Planungen zu dessen Einführung.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag

Dr. Lorenz Kasper
Referat E/5
Strahlenschutz
Keplerstraße 18 66117 Saarbrücken
Tel. +49(0)681/501-3512 Fax +49(0)681/501-4101
L.Kasper@umwelt.saarland.de www.umwelt.saarland.de
    Bitte bedenken Sie die Auswirkungen auf dieUmwelt, bevor Sie diese E-Mail ausdrucken.

 

Text der Anfrag

Von: CattenomNonMerci [mailto:cattenom-non-merci@online.de]
Gesendet: Montag, 30. Juni 2014 11:38
An: Kasper Lorenz (Umwelt)
Betreff: Anfrage: Neue Kernbrennstoffe im Atomkraftwerk Cattenom
Betreff: Anfrage: Neue Kernbrennstoffe im Atomkraftwerk Cattenom

Sehr geehrter Herr Dr. Kasper,

ich Frau Ute Schlumpberger, 1. Vorsitzende vom Verein Cattenom Non Merci e.V., mit Sitz in 66706 Perl, Bahnhofstrasse 69 haben folgendes Anliegen, mit der freundlichen Bitte der zeitnahen Beantwortung.
Der französische Stromkonzern Electricité de France (EDF) hat im Frühjahr 2009 bei der franz. Atomaufsicht Standort Cattenom im Dreiländereck SaarLorLux beantragt, in seine 1300-MW-Reaktoren neue Kernbrennstoffe einsetzen zu dürfen.
Die „Autorité de sûreté nucléaire“, (ASN) die französische Atomaufsichtsbehörde, hat dem Antrag der EDF stattgegeben und im Dezember 2009 einige Auflagen für den Betrieb mit dem neuen Nuklearmaterial erteilt.

1)    Welche Auflagen hat die ASN der EDF für den Betrieb der neuen Betriebsmethode „Galice“ im Kernkraftwerk Cattenom erteilt?
Die neuartigen Brennstäbe enthalten einen höheren Anteil an spaltbarem Uran-235. Sie sollen zudem länger im Reaktorkern eingesetzt werden,
um die Phasen des Reaktorstillstands wegen Brennelementwechsel zu verkürzen.
Unabhängige Institute (1) weisen darauf hin, dass mit der Einführung des Verfahrens „Galice“ nicht unerhebliche Risiken verbunden sind:
Die radioaktive Belastung der Mosel mit dem Wasserstoffisotop Tritium wird erheblich zunehmen, und dies bei einer schon sehr hohen Grundbelastung (2).
Die neuen Brennelemente werden wegen ihres längeren Einsatzes im Reaktorkern sehr viel stärker kontaminiert, was bei Leckagen zu einer wesentlich höheren radioaktiven Belastung der Umwelt führen kann.
Die längeren Wartungsintervalle und die stärkere Beanspruchung durch Neutronenbeschuss, Druck und Hitze führen zu einem schnelleren Materialverschleiß, wie es sich schon bei der Umstellung auf die Betriebsart „Gemmes“ ab dem Jahr 1996 zeigte (3).

Hierzu bestehen folgende Fragen:

1)      Wurde die Einführung der neuen hochangereicherten Brennelemente (HTC) und die Umstellung auf die Betriebsführung „Galice“ bereits im Kernkraftwerk Cattenom realisiert?

2)      Ab wann ist die Einführung der neuen hochangereicherten Brennelemente (HTC) und die Umstellung auf die Betriebsführung „Galice“ im Kernkraftwerk Cattenom geplant?

3)    Wurde im Rahmen des Antrages der EDF an die franz. Atomaufsicht ein Antrag von der EDF an das saarländische Umweltministerium gestellt; – dies für ein Genehmigungsverfahren zum Betrieb der neuartigen Brennmaterialien?

4)    Wurde hinsichtlich der „geplanten“ Einführung von „Galice“ im Kernkraftwerk Cattenom ein Antrag bzgl. der Anhebung / Erhöhung der Grenzwerte für die Ableitungen für das radioaktive Wasserstoffisotop Tritium in der Mosel beantragt und wurde dem stattgegeben?

5)    Entspricht es den Realitäten, dass im Genehmigungsverfahren 2003 EDF darüber hinaus erreicht hat, dass im Modus „Galice“ statt der bislang erlaubten 40 TBq pro Reaktor und Jahr Spitzen bis zu 130 TBq (über drei Jahre gemittelt) zulässig sind?

Fußnote 1: – World Information Service on Energy (WISE-Paris): Renouvellement des autorisations de rejets et de prélèvements de la centrale nucléaire de Cattenom. Note complémentaire; 2003 – World Information Service on Energy (WISE-Paris): Nouvelles autorisations de rejets à Cattenom.  Une revue à la baisse qui cache une tendance à la hausse?; 2004 – Commission de Recherche et d?Information Indépendantes sur la Radioactivité (CRIIRAD): Etude critique du dossier Cattenom; 2003

Fußnote 2: Die radioaktive Belastung der Mosel mit Tritium stieg im Zeitraum 1991 bis heute von 40 TBq/Jahr auf 130 TBq/Jahr (vgl. CRIIRAD, Bundestagsdrucksache 16/12217)

Fußnote 3: Zwischen 1999 und 2001 wurden an Cattenom-Block 3 erhebliche Schäden an den Brennstäben festgestellt, was zu einer Kontamination des Primärkreislaufs führte. Die festgestellten Schäden traten auch in anderen Reaktoren der Cattenom-Baureihe auf und wurden als serienmäßiger Fehler eingestuft. Siehe auch: World Information Service on Energy (WISE-Paris): Failings in nuclear safety at EDF.The case of Cattenom; 2001

Wir bitten um gewissenhafte Prüfung und um eine zeitnahe Beantwortung unserer Anfrage.

Mit freundlichen Grüßen

Kategorien
Atom und Politik drohender Atomkrieg Hintergründe Terrorgefahr

Ukraine – Ist ein Atomkrieg denkbar?

Die Lage war nach dem friedlichen Zusammenbruch der Sowjetunion in den folgenden 20 Jahren so entspannt wie nie zuvor seit dem Ende des zweiten Weltkrieges. Ein Atomkrieg zwischen den beiden Supermächten (oder richtiger: der verbliebenen Supermacht USA und dem Nachfolgestaat Russland der ehemaligen Supermacht UdSSR) war undenkbar geworden. Es folgte eine Zeit der Abrüstung und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, wobei letztere hauptsächlich darin bestand, dass die westlichen Wirtschaftsimperien versuchten sich ihr „Stück Kuchen“ im Goldgräberland Russland zu sichern und nicht alles den – überwiegend aus dem alten Machtapparat entwachsenen – Oligarchen zu überlassen.

Eine mögliche atomare Auseinandersetzung oder der Einsatz einzelner Atombomben zu politischen Zwecken schien lediglich durch Terroristen oder exotische „gestrige“ Diktaturen wie Nordkorea zu drohen. Einzig im Dauer-Konflikt Indien – Pakistan drohte zeitweise ein regelrechter Krieg mit dem Einsatz einer größeren Anzahl von Atomwaffen.[1]

Kategorien
Akualisierungen des Buches Hintergründe

Atomforschung in Deutschland

19.04.2014

Atomforschung in Karlsruhe

KIT-Nord: Wird das Gebot der ausschließlich friedlichen Forschung umgangen?

Wie Medienberichten zu entnehmen ist, planen mehrere Staaten, darunter Frankreich und Großbritannien, aktiv die Erneuerung  ihrer Atom-U-Boot-Flotten oder den Bau „Kleiner Modularer Reaktoren“ (SMR). Singapur hat vor wenigen Monaten die ersten zwei U-Boote mit Wasserstoff-Antrieb und hochleistungsfähigen Akkus bei der deutschen Thyssen-Krupp-Werft TKMS bestellt. [1]
Die Energiewerke Nord (EWN), das Institut für Transurane (ITU), der französische Atomkonzern AREVA und einige Institute des KIT forschen an bestimmten Technologien, die immer auch zu anderen Zwecken benutzt werden können. Bei manchen Bereichen ist der militärische Zusammenhang offensichtlich, obwohl für das KIT-Nord die Zivilklausel gilt.

 

Das IKET

Am KIT fanden im Januar 2014 unter Beteiligung des Instituts für Kern- und Energietechnik (IKET) Vorträge zu Atom-U-Boot- und SMR-relevanten Technologien statt. SMR sind kleine modulare Atomreaktoren bis 300 MW, die derzeit in U-Booten oder als Schiffsantriebe bei Flugzeugträgern oder Eisbrechern eingesetzt werden. Angestrebt wird allerdings auch ein Einsatz in abgelegenen Gebieten ohne Stromnetz, z.B. in der Bergbauindustrie. [2]

1. Der IKET-Mitarbeiter Dr. Chen hielt am 14. Januar 2014 einen Vortrag, der sich mit der Reaktorkühlung mittels Blei-Wismut-Flüssigmetallkühlung (LBE) beschäftigt. Einsatzgebiete des LBE als Kühlmittel sind laut Chen: „Transmutation“, „Beschleunigergetriebene Systeme (ADS)“,  „schnelle Reaktoren der neuen Generation“ (= AKWs der vierten Generation) und „russische U-Boot-Reaktoren“.
Des Weiteren folgten Ausführungen zu „Naturkonvektion und theoretische Modellierung“, wobei laut Wikipedia für bereits bestehende Atom-U-Boot-Flotten folgendes gilt:
„Der Kernreaktor verursacht immer minimale Geräusche. Vor allem die Kühlmittelpumpen, die die Zirkulation des Reaktorkühlmittels aufrechterhalten, spielen hierbei eine Rolle und sind von feindlichem Sonar wahrnehmbar. Bei manchen Atom-U-Booten wie etwa der Ohio-Klasse kann die Kühlung des Reaktors bei niedrigen Lastregimen allerdings auch ohne Pumpen allein durch natürliche Konvektion sichergestellt werden.“
Das bedeutet, die harmlos und nachhaltig klingende „Naturkonvektion“ der Flüssigmetallkühlung aus  Dr. Chens Vortrag würde Atom-U-Booten eine geräuschlose Fortbewegung ermöglichen, ohne vom „Feind“ erkannt zu werden.

2. Ein Professor der KTH Schweden durfte am selben Tag am IKET über die „Kommerzielle Anwendung kleiner bleigekühlter schneller Reaktoren in der Kanadischen Arktis“ (SMRs) berichten [3].  Er selbst forscht u. a. an der IV. AKW-Generation, sprach laut Vortragsankündigung von der „Nachhaltigkeit der Atomkraft“ und der „Entwicklung von kleinen, bleigekühlten schnellen Reaktoren für die zeitnahe kommerzielle Anwendung“. Weiterhin wurden die angeblichen Vorteile für den Einsatz in der Bergbau- und Schiffsindustrie sowie in abgelegenen arktischen Ortschaften hervorgehoben. (Häufig besteht allerdings deren Bevölkerung zum größten Teil aus indigenen Inuit-Gemeinschaften, die wie andere Indigene in betroffenen Ländern kaum über atomare Risiken informiert werden.)

Forschungsgebiete des IKET
Am Institut für Kern- und Energietechnik (IKET) existieren u.a. folgende  Forschungsgebiete:
– Flüssigmetalltechnologien (Flüssigmetalllabor KALLA): Flüssigmetallkühlung kann eingesetzt werden zur Kühlung von Atomreaktoren (auch IV. Generation und Trans-mutation), sowie in der Solarthermie (dazu finden sich am IKET aber kaum Aktivitäten)
– Wasserstoffverteilungs- und Verbrennungsanalysen (Wasserstofftechnikum)
–  Atom-Kraftwerkskonzepte der IV. Generation
– Fortgeschrittene Reaktorsysteme und Strategien zur Transmutation
– Numerische Simulationen zu Wasserstoff- und Reaktortechnik
Des Weiteren existiert die an das IKET angegliederte und erst Mitte 2013 verlängerte Kooperation mit der AREVA – Nuklearschule ANPS. [4]
Ein großer Teil der Schulungsinhalte kann auch relevant für Atom-U-Boote sein: Numerische Simulationen, Materialforschung, Reaktor- und Brennelemente-Entwicklung, Thermohydraulik, energetische Optimierung  und Wasserstoffverhalten [18] .
Elektromobilität wird immer nur mit Elektroautos assoziiert. U-Boote haben allerdings auch sehr große und leistungsstarke Akkus an Bord, für die fortschrittliche Elektroantriebe benötigt werden. Dies gilt für mit Diesel, Wasserstoff-Brennstoffzellen (wie sie die deutsche Klasse 212 A einbaut) oder atomar angetriebene U-Boote.

 

Rolls Royce, Atom-U-Boote, Daimler und das KIT

Es ist vergleichsweise wenig bekannt, dass Rolls Royce auch in der Energieerzeugung aktiv ist und über einen Unternehmensbereich verfügt, der Nukleartechnik entwickelt – z. B. für den Antrieb von Atom-U-Booten. Nach eigenen Angaben ist Rolls Royce Weltmarktführer in nuklearen U-Boot-Systemen [5]. Auf dem militärischen Markt ist Rolls Royce der zweitgrößte Hersteller von Triebwerken weltweit und der größte in Europa. Hergestellt werden u.a. Fahrzeug- und Panzertriebwerke, Luftfahrttriebwerke für zivile und militärische Flächenflugzeuge und Hubschrauber, technische Ausrüstungen für Schiffe, sowie verschiedene, teils militärisch genutzte Schiffsantriebe [wikipedia], [6].

Im Juni 2012 vergab das britische Verteidigungsministerium einen Rüstungsauftrag in Milliardenhöhe an Rolls Royce. Das Unternehmen hat bisher die nuklearen VPR2-U-Boot-Reaktoren für die Vanguard-Klasse hergestellt und soll nun Reaktorkerne für die neue britische nuklear angetriebene U-Boot-Flotte liefern, die auch mit Atomraketen bestückt werden kann.
In diesem Zusammenhang ist auch von Interesse, dass der Daimler-Konzern erst vor wenigen Wochen seine Anteile an Rolls Royce verkauft hat. Daimler-Chef Zetsche sitzt seit Jahren im Aufsichtsrat des KIT und müsste daher wissen, ob (Atom-)U-Boot-relevante Technologie-Kooperationen zwischen Rolls Royce und KIT bestanden oder bestehen.

Aus den oben genannten Vortragenden und Themen ergeben sich auch unter Berücksichtigung der am IKET vorhandenen Forschungsgebiete und AREVA-Kooperationen eine Reihe naheliegender Fragen: (Der frühere Abteilungsleiter des IKET und nunmehr zuständige Bereichsleiter Dr. Knebel ist auch Sprecher des Querschnittsthemas Elektromobilität am KIT. Er ist darüber hinaus für über 30 weitere KIT-Institute zuständig.)

1. Existieren am KIT bereits U-Boot- oder SMR-relevante Forschungsprojekte oder Firmen-Kooperationen, bzw. sind solche auf den folgenden Gebieten geplant (auch „Dual Use“)?
a) Elektromobilität: Batteriespeicher, Antriebstechnik
b) Wasserstofftechnologie: Antriebstechnik, Lagerung, Explosionsprävention bei kompakten,
kleinen Reaktoren
c) Reaktortechnik, Flüssigmetallkühlung
d) Numerische Simulationen
e) Materialwissenschaften
2. Existieren Lizenzen, Patente oder Firmen-Ausgründungen des KIT, die für atom- oder wasserstoff-angetriebene U-Boote entsprechende Technologien zum Inhalt haben (auch im Hinblick auf „Dual Use“) oder sind solche geplant (zusätzlich zur unten beschriebenen numerischen GASFLOW- Simulation, die anscheinend auch dafür Verwendung finden kann)?

 

In diesen Kontext passen auch die folgenden Medienberichte, die die Dringlichkeit der Thematik verdeutlichen:

1. Die geplante Lieferung von deutschen U-Booten an das totalitäre Regime in Saudi Arabien wurde bedingt durch den deutschen Regierungswechsel noch nicht endgültig entschieden. [7]
2. Israel hat sechs U-Boote von der HDW in Kiel gekauft, die ebenfalls zu Thyssen-Krupp gehört. Das Geschäft ist umstritten, weil gemutmaßt wird, Israel könnte die Boote nachträglich mit Atomwaffen bestücken. [8]
3. In Stralsund findet seit Monaten um den Verkauf einer Werft ein Tauziehen hinter den Kulissen statt. Es geht um die Frage, ob in Zukunft dort Windräder hergestellt werden, oder ob ein russischer Investor zum Zuge kommt. [9]  Damit wäre im Prinzip  auch der Bau von U-Booten auf deutschem Territorium unter russischen Eignern möglich.
4. In Frankreich ist als Ersatz für die Atom-U-Boot-Klasse SSN die Barracuda-Klasse geplant, die zwischen 2016 und 2026 sechs Einheiten erhalten soll. …

 

Thorium und Proliferation

Die internationale Riege der Thorium-Wissenschaftler  gab sich im Oktober 2013 am CERN ein Stelldichein zur „Thorium Energy Conference 2013“, darunter AREVA, Indien, die Türkei und Venezuela. [10]  Hier wäre in vorderster Linie zu nennen Carlo Rubbia, der den Eröffnungsvortrag hielt und als „Erfinder des Thorium-Reaktors“ gilt. Im Mai letzten Jahres war er im Rahmen der französischen Woche zu Gast am KIT und besuchte KIT-medial hofiert u.a. auch das Flüssigmetalllabor KALLA.

Thorium kann in praktisch allen Reaktorsystemen als Brennstoff eingesetzt werden, besonders gut eignen sich jedoch Hoch-Temperatur-Reaktoren (HTR, VHTR), die passenderweise auch AREVA mit im Portfolio hat [12]. Ein „Verkaufsargument“ der Atomwirtschaft für diese Reaktorbauart ist neben der Stromerzeugung die Erzeugung von Wasserstoff.
Darüberhinaus kann beim Thorium-Kreislauf das waffenfähige Uran 233 chemisch abgetrennt werden [13], was auch hier den Dual-Use-Charakter verdeutlicht.
Der Einsatz von Thorium ist im Prinzip auch in Leichtwasserreaktoren machbar, allerdings müssten dann wesentliche Änderungen an den Brennelementen vorgenommen werden.
AREVA betreibt in Lingen eine Brennelementefabrik und forscht wie das Europäische Institut für Transurane (ITU) am KIT-Campus Nord an Brennelementen für die IV. Generation von AKW.
Das ITU hat von der Landesregierung Baden-Württemberg eine Umgangsgenehmigung über    550 kg Thorium erhalten, (darüberhinaus für 80 kg Plutonium sowie über mehr als 1600 kg Uran, davon 50 kg waffenfähiges Uran 233) [14].  Für die Arbeit als „Atomdetektive“ würden jeweils wenige Gramm ausreichen – wofür werden dann diese großen Mengen an radioaktivem Material gebraucht? Sie entwickeln ´Brennstäbchen´ für neue Reaktortypen.

 

Atomlobbyismus und Russland

Die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen [Drucksache 18 / 668] ergab  die derzeitige Mitgliedschaft des KIT in gleich fünf Atomlobby-Vereinigungen:
– Kerntechnische Gesellschaft e.V.
– Deutsches Atomforum (DAtF)
– VGB Power Tech e.V.
– Nugenia-Nuclear Generation II und III Association (seit 2012)
– European Nuclear Education Network (ENEN, seit 2013)

Dr. Knebel war bei den beiden ersten Vereinigungen in leitender Position tätig, darüberhinaus war er bis 2011 Vizepräsident der Europäischen Kerntechnischen Gesellschaft e.V. (KTG).
Knebel war Abteilungsleiter des IKET, unter seiner Zuständigkeit forscht heute Concetta Facio an der IV. Generation von Atomkraftwerken sowie an der Transmutation. Darüberhinaus war Knebel an der Vertragsverlängerung zwischen der AREVA-Nuklear-Schule und dem KIT beteiligt, [4] und ist außerdem Sprecher der Fukushima-Arbeitsgruppe.
Russland hat laut Süddeutscher Zeitung 70 Mrd. in seinem Militärhaushalt eingeplant, noch in diesem Jahr soll die Marine mehr als 40 Schiffe und U-Boote erhalten, zusätzlich sei die Erneuerung der strategischen Nuklearstreitkräfte vorgesehen [15].  Fast alle russischen Atom-U-Boote oder atomaren Schiffsantriebe wie bei Eisbrechern beruhen auf der Thorium-Reaktortechnik.
Die russische  Atomwirtschaft ist u. a. mit Rosatom international an mehreren AKW-Bauprojekten beteiligt, in Russland selbst sind derzeit 8 Atomkraftwerke im Bau, 21 weitere sollen bis 2030 bewilligt sein.
Russland und Deutschland sind derzeit die weltweit größten Exporteure konventioneller Unterseeboote [16].
Kürzlich wurde von der St. Petersburger Universität an Knebel der Ehrentitel eines „Professor honoris causa“ verliehen: Titelhuberei im Tausch gegen atomaren und auch militärisch nutzbaren Wissenstransfer, der die Rüstungsspirale offensichtlich weiter anheizt und den u.a. die russische Export-Wirtschaft international auch in Krisengebieten zu Geld machen könnte?

 

Forschungszentrum Jülich

Prof. Allelein entwickelt am Forschungszentrum Jülich nach einem Bericht des WDR-Fernsehens  scheinbar unverdrossen und steuerfinanziert mit Geldern des Bundeswirtschaftsministeriums sowie des Forschungsministeriums den Thorium-Kugelhaufenreaktor weiter:
„Wir haben die entsprechenden Rechenprogramme und die entwickeln wir auch weiter, stellen diese Interessenten zur Verfügung. Wir haben da weltweites Interesse: Vor allem die Chinesen sind interessiert. Die bauen ja zurzeit einen solchen Kugelhaufenreaktor und die nutzen dann auch unsere Expertisen.“ [17]
Die sogenannte Reaktorsicherheitsforschung wird bundesweit mit über 25 Millionen Euro aus Steuermitteln gefördert und findet auch am KIT statt. (Dieses Geld würde nicht ausreichen, um die 1967 im Atlantik vesenkten 480 Fässer mit Atommüll zu bergen, die aus dem Kernforschungszentrum Karlsruhe stammen; die Finanzierung dafür ist völlig unklar. Die massiven Probleme aus der Vergangenheit sind bis heute nicht gelöst, aber es wird trotz Atomausstieg weiter mit immensen Summen an neuen Reaktorsystemen geforscht. )
Unter die Reaktorsicherheitsforschung fällt auch die Forschung für die IV. AKW-Generation, zu der auch Kleine Modulare Reaktoren (SMR) gehören. Jülich und das KIT gehören neben anderen zur Helmholtzgemeinschaft und beziehen beide aus diesem steuerfinanzierten Topf Forschungsgelder, die damit den Erneuerbaren Energien fehlen.
Was Allelein so deutlich formuliert und praktiziert ist dann wohl auch am KIT möglich:
Der anscheinend kaum eingeschränkte und ungenierte  Wissenstransfer in alle Welt, auch im atomaren und im Dual-Use-Bereich.

 

Erfolgreicher Technologietransfer

Ein aktueller Reader des KIT zur Hannover Messe [19] beschreibt zu Simulationsprogrammen, die die Explosionsgefahr von Wasserstoff-Luft-Gemischen berechnen:
„Für GASFLOW gibt es bereits etwa 15 Lizenznehmer weltweit. Nachfrage besteht derzeit insbesondere in Asien. Die Lizenzen wurden bisher an Unternehmen vergeben, die kerntechnische Anlagen planen, bauen, oder betreiben … Das KIT hat für die Lizenznehmer eine User Group ins Leben gerufen …“ Der nächste Schritt der Weiterentwicklung und Kommerzialisierung erfolgt dann mit Kurs 015 [20] der AREVA-Nuclear-Schule: „Im letzten Teil des Kurses werden künftige Konzepte zur Wasserstoffgewinnung in kerntechnischen Anlagen vorgestellt und seine Anwendungsmöglichkeiten als Energieträger der Zukunft diskutiert.“
Es ist nur mit militärstrategischen Denkweisen erklärbar, wenn die Wasserstofferzeugung mit  Atomkraftwerken gepriesen wird, zumal bessere Alternativen wie Windenergie oder Solarturmkraftwerke dafür mit ausgereifter Technik zur Verfügung stehen.

Was kommt als nächstes?
Es fällt auf, dass vor allem diejenigen Schlüsseltechnologien für die Energiewende am KIT stark  vertreten sind, die auch ein extrem großes militärisches Dual-Use-Potenzial haben: Elektromobilität und Wasserstofferzeugung. Am KIT sind sie zudem im Einflussbereich von Atomlobbyisten angesiedelt und dieser offensichtliche Interessenskonflikt scheint niemanden zu stören…
Beim Export von Waffen steht Deutschland weltweit nach den USA und Russland an dritter Stelle, allein im Jahr 2012 wurden von der Bundesregierung deutsche Rüstungsexporte im Wert von 4,7 Milliarden Euro genehmigt.
In Asien existieren bereits mehrere spannungsgeladene Krisenherde, die jüngsten Entwicklungen im Zusammenhang mit Russland sind mehr als besorgniserregend, auch zwischen Saudi-Arabien und einigen Nachbarstaaten besteht gefährliches Konfliktpotenzial. In diesem Kontext bedeutet die „Freiheit der Wissenschaft“ mit einem Fuß immer auch Proliferation.

Aufgrund der bundesweit einmaligen Sondersituation der Fusion von Großforschungs-Einrichtung und Universität entstehen am KIT eine ganze Reihe von unübersichtlichen Grauzonen, die problematische Kooperationen und höchst fragwürdige Synergien ermöglichen. Einige dieser Grauzonen werden offenbar gezielt und strategisch genutzt, um die Weiterentwicklung und dann Kommerzialisierung der Atomenergie in Sachen IV. Generation voranzutreiben und damit gewollt oder ungewollt auch militärisch nutzbare Dual-Use-Technologie im internationalen Rahmen zu ermöglichen.
Über Drittmittelfinanzierung wird maßgeblich Einfluss auf Themen, Fragestellungen und wissenschaftliche Erkenntnisprozesse ausgeübt, es stellt sich auch die Frage der Deutungshoheit über die Ergebnisse.
Verbunden mit dem ständigen undifferenzierten Beschwören und Einwerben von Drittmitteln, auch von höchst  umstrittenen Konzernen und der absolut intransparenten Vergabe von Verträgen, Patenten und Lizenzen auch an ebensolche entwickelt der Moloch KIT ein gefährliches und teilweise unkontrollierbares Eigenleben.
Die „Freiheit der Wissenschaft“ und die vielgepriesene „Autonomie“ des KIT zeigen so ihre höchst   zweifelhafte und gefährliche Seite: eine Wissenschaft, die unter dem Deckmantel der Sicherheitsforschung dem Dual Use in die Hände spielt und der Proliferation Vorschub leistet.

Wann setzen die Verantwortlichen endlich alle Facetten dieses trüben Puzzles zusammen? Oder ist dies stillschweigend längst geschehen?

Die Helmholtz-Gemeinschaft und das KIT wollen in der europäischen Energieforschung eine führende Rolle einnehmen, das KIT will „international anerkannte Gründerschmiede werden“. Unter den obigen Voraussetzungen kann man nur wünschen: LIEBER  NICHT

Links:

[1]  Der Spiegel, 2/2014, S.29

[2]  Kleine Modulare Reaktoren SMR:
https://www.nuklearforum.ch/de/fakten-und-wissen/faktenblaetter/reaktorsysteme-der-zukunft

[3]  Vortragsankündigung  SMRs für kanadische Arktis
www.iket.kit.edu/downloads/Wallenius_14012014.pdf

[4]  AREVA-Nuklearschule ANPS am KIT wird fortgesetzt:
https://www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin/areva-nuclear-school-wird-fortgesetzthttps://www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin/areva-nuclear-school-wird-fortgesetzt

[5]   Rolls Royce
Submarine nuclear propulsion
https://www.rolls-royce.com/nuclear/submarine_nuclear_propulsion/index.jsp#
Submarine Propulsion:
https://www.rolls-royce.com/marine/about/market_sectors/submarines/submarines_propulsion/index.jsp
Submarines:
https://www.rolls-royce.com/marine/about/market_sectors/submarines/index.jsp

[6]   Conventional combatants:
https://www.rolls-royce.com/marine/about/market_sectors/naval/conventional_combatants/index.jsp

[7]  Saudi Arabien will deutsche U-Boote kaufen
https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/waffenexporte-saudi-arabien-will-deutsche-u-boote-kaufen-a-931484.html

[8]  Israel: Kauf von sechs U-Booten
www.greenpeace-magazin.de  vom 15. April 2014

[9]  Werft in Stralsund: russische Investoren möglich
https://www.abendblatt.de/region/article118814317/Russische-Interessenten-fuer-P-S-Werft-in-Stralsund.html
https://www.welt.de/wirtschaft/article118668476/Neue-Hoffnung-fuer-die-P-S-Werften-Stralsund.html

[10]  Internationale Thorium – Konferenz 2013 am CERN
https://thoriumenergyconference.org

[11]  Vortrag Carlo Rubbia ThEC13 am CERN:
https://thoriumenergyconference.org//sites/default/files/pdf/A%20Future%20for%20Thorium

[12]  AREVA Firmen-Broschüre “ANTARES, The AREVA HTR-VHTR Design”
www.areva.com

[13]  Thorium als Kernbrennstoff:
https://www.nuklearforum.ch/de/fakten-und-wissen/faktenblaetter/thorium-als-kernbrennstoff

[14]  Änderungsgenehmigung ITU / UM BaWü
https://um.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m–  um/intern/dateien/Dokumente/Umwelt/Kernenergie/Genehmigungen/ITU_Aenderungsgenehmigung_Fl%C3%BCgel_M_03_12.pdf

[15]  Russische Armee: “Abgespeckt und aufgerüstet”, SZ
https://www.sueddeutsche.de/politik/russische-armee-abgespeckt-und-aufgeruestet-1.1930449
[16]  Thyssen Krupp will schwedische Werften verkaufen
https://www.n-tv.de/wirtschaft/ThyssenKrupp-will-Werften-verkaufen-article12656341.html

[17]  Forschungszentrum Jülich, Prof. Allelein, wdr-Fernsehbeitrag vom 17.03.2014
https://www1.wdr.de/fernsehen/ratgeber/markt/sendungen/atomforschung101.html

[18]  AREVA
https://www.areva.com/EN/operations-1556/propulsion-and-research-reactors-technicatome-propulsion-reactors-and-electronic-systems.html

[19]  KIT: Wasserstoffsimulation GASFLOW – erfolgreicher Technologietransfer
aus „Research to Business“ 1/2014, KIT auf der Hannovermesse

[20]  AREVA-Nuklear-Schule, Kurs 015
www.anps.kit.edu/deutsch/235.php

————————

Verfasst wurde der Text von einem Atomkraftgegner aus Karlsruhe, ohne Namensnennung. Daher sind die einzelnen Punkte nicht einzeln verifizierbar. Da der Gesamtkontext jedoch stimmig erscheint, habe ich mich entschieden, ihn dennoch zu veröffentlichen. Für die Richtigkeit der Darstellung kann allerdings keie Verantortung übernommen werden.

Kategorien
Atom und Politik Hintergründe Störfälle

IHK Trier: Blind gegenüber Atom-Gefahren

Vor über 250 ZuhörerInnen gab es am 20.3.2014 in Trier bei der dortigen IHK eine Veranstaltung zu dem Thema: „IHK Wirtschaftsforum in Trier – Hohe Energiepreise lähmen Unternehmen“. Angekündigt war auch EU-Energie-Kommissar Oettinger, der dann allerdings verhindert war und nur per Videobotschaft Stellung nahm.

Auslöser der Veranstaltung war laut IHK, dass sich beim Wirtschaftsforum der Industrie- und Handelskammer Trier Unternehmer über die hohen Stromkosten beklagt haben. IHK-Präsident Peter Adrian sagte, fast alle Firmen in der Region Trier sähen darin ein hohes Risiko. So wurde dargelegt, der „Strompreis bremst Optimismus: In den europäischen Nachbarländern, zum Beispiel Frankreich, ist Strom halb so teuer – viele Firmen hier sehen das als echten Standortnachteil.“

In der folgenden offenen Diskussion gab ich folgende Stellungnahme ab: